Die neue Champions League für A-Junioren ist attraktiv, aber auch belastend. In der so genannten Youth League müssen neuerdings alle A-Juniorenteams der Champions-League-Teilnehmer mitmachen. Was nicht nur Befürworter findet.

Stuttgart - Der große FC Bayern wird es schwer haben. Auch gegen das vermeintlich kleine Viktoria Pilsen. Denn die beiden Mannschaften begegnen sich am Mittwoch in München auf Augenhöhe. Beide haben null Punkte und nach zwei Spielen eine miserable Tordifferenz. Doch allen Fußballfreunden, die sich hier im falschen Film wähnen, sei an dieser Stelle mitgeteilt: Es handelt sich um eine andere Liga.

 

Seit dieser Saison gibt es die sogenannte Youth League. Die Europäische Fußball-Union (Uefa) hat sie eingeführt und als eine Art Prinzenklasse etabliert. Die Partien der U-19-Mannschaften sind an die Königsklasse gekoppelt: dieselben 32 Clubs wie in  der Champions League, dieselben acht Gruppenkonstellationen, dieselben Spieltage. Nur dass es in der Gruppe D sportlich völlig anders läuft, als es sich die Bayern vorgestellt hatten. 0:2 gegen ZSKA Moskau und 0:6 bei Manchester City. Am dritten Spieltag steht die Elf des früheren Stuttgarter Jugendtrainers Marc Kienle unter Druck, um noch in das Achtelfinale einzuziehen – sofern sie das wirklich will.

Viele Fachleute sehen die Youth League kritisch

So genau kann man das gar nicht einschätzen, wenn man sich mit dieser europäischen Eliteliga für A-Junioren befasst. Zum einen versucht ihr die Uefa eine hohe Wertigkeit zu verleihen, indem sie auf die Attraktivität des Wettbewerbs und die berühmten Trainer bei den beteiligten Teams verweist wie Patrick Viera (Manchester City) oder Filippo Inzaghi (AC Mailand).

Doch andererseits äußern sich viele Fachleute kritisch. Allerdings sind die anfangs scharfen Töne aus den Reihen der beteiligten Clubs seit dem ersten Anpfiff im September sanfter geworden. Kein Wunder. Die Bundesligisten FC Bayern, Borussia Dortmund, Bayer Leverkusen und Schalke 04 sind zur Teilnahme verpflichtet und deshalb mittendrin im Geflecht aus Machtkalkül und Marketinginteressen.

Auch Marc Kienle ist im Zwiespalt. „Für die Spieler sind das tolle Erlebnisse, aber es ist auch belastend“, sagt der Bayern-Coach. Sportlich möchte er die Erfahrungen jedoch nicht missen. „Die Niederlagen tun zwar weh, aber die Jungs können daraus viel Positives ziehen“, sagt Kienle. Immerhin stellt sich ihm das Problem nicht, dass zu früher Glanz und zu viel Gloria für die Jugendlichen nicht gerade als förderlich gilt. Festgestellt hat er dennoch, dass auch hier manchmal das Ergebnis über der Entwicklung steht. Denn während die Bayern ihre Ausnahmetalente früh nach oben abgeben, holt die Konkurrenz ihre zurück.

Die Belastungen für die Spieler sind enorm

Für die Sichtung ist das natürlich ein Glücksfall. Aber auch wenn Ralf Becker die logistischen Vorteile gerade schätzen lernt, weil er sich nun in München oder Basel internationale Jugendspiele auf Topniveau anschauen kann, benennt der Jugend- und Scoutingchef des VfB Stuttgart doch den Knackpunkt: „Die Jungs haben ein brutales Pensum zu absolvieren.“ Denn so reizvoll die Paarungen erscheinen mögen, so klar ist, dass die Belastungen enorm sind.


Zu den zusätzlichen körperlichen Anstrengungen mehren sich im Auswärtstakt Anreisetag-Spieltag-Abreisetag vor allem die Fehlzeiten in der Schule oder bei der Ausbildung. „Das wird immer schwieriger“, sagt Becker mit Blick auf die permanenten englischen Wochen. „Aber wir haben auch eine Verantwortung gegenüber den Jugendlichen. Schließlich werden es nicht alle in den Profibereich schaffen.“

Siebenmal Training die Woche plus die Nationalmannschaftslehrgänge plus die Maßnahmen für die Auswahlteams der Landesverbände plus die jeweiligen Pflicht- und Testspiele – da kommt beim VfB-Nachwuchs selbst ohne die neue Liga ein pralles Programm zusammen. Weshalb sie bei den nationalen Verbänden befürchten, dass die Absagen ihrer Hochbegabten trotz der pädagogischen Zusatzbetreuung in den Vereinen zunehmen werden.

Auch bei den Junioren geht es ums Geld

Doch die Uefa ignoriert diese Bedenken, obwohl sich ihr Präsident Michel Platini gerne als Förderer der Jugend und als Bewahrer traditioneller Werte sieht. Es geht bei der Youth League aber auch um die Hoheit im Spielbetrieb – und damit ums Geld. Zwei Jahre lang hatten Privatinvestoren die Next-Gen-Series betrieben. Ein ähnliches Projekt, das aber auf Freiwilligkeit basierte und sich zum Ziel gesetzt hatte, die besten und nicht die prominentesten U-19-Teams in einen Wettstreit treten zu lassen.

Vorbei. Der Start der Youth League bedeutete das Aus für die Next-Gen-Series. Der Ball rollt wieder, wo und wie es die Uefa will. Das Handbuch für die Abläufe umfasst 24 Seiten, fast so viele wie bei den Großen. Eine Begegnung pro Spieltag wird auch von Eurosport live im Fernsehen übertragen (23. Oktober Real Madrid gegen Juventus Turin/16 Uhr). Zwar ohne eigens komponierte Hymne, aber ansonsten sollen sich die Fußballprinzen nachmittags schon mal so fühlen wie die Fußballkönige am Abend.


Gruppenphase
An der Youth League nehmen ausschließlich die A-Juniorenmannschaften der Clubs teil, die sich für die Gruppenphase der Champions League qualifiziert haben. Die Gruppen entsprechen denen der europäischen Königsklasse. Die Spieltermine sind ebenfalls angepasst.

K.-o.-Runde
Die zwei Gruppenersten qualifizieren sich für die K.-o.-Phase. Diese wird in jeweils nur einer Partie entschieden. Gastgeber ist dabei der Gruppensieger. Im Achtelfinale können Teams aus dem gleichen Verband oder der gleichen Gruppe einander nicht zugelost werden.

Finale
Die Halbfinals sowie das Endspiel der Youth League werden in einem Endrundenturnier ausgetragen. Spielort wird das schweizerische Nyon sein, wo der Sitz der Uefa liegt. Ein Spiel um Platz drei wird es nicht geben. Eine Mannschaft kann so maximal auf zehn Spiele kommen.