Die neuen Bundesländer, kommentierte das ein Politiker, seien nun „im Herzen Europas angekommen“: Chemnitz ist zur Kulturhauptstadt Europas 2025 gewählt worden. Die Stadt kann auch dadurch ihr Image aufpolieren.

Berlin - Chemnitz soll deutsche „Kulturhauptstadt Europas 2025“ werden. Das entschied am Mittwoch eine europäisch besetzte Auswahljury. Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) gratulierte der Stadt als „vielversprechender Kulturmetropole“. Chemnitz habe die europäische Jury „mit einem dezidiert politischen Konzept überzeugt“ und gezeigt: „Kulturelle Vielfalt ist stärker als populistische Einfalt.“ „Nach den verheerenden Ereignissen im Jahr 2018 wird dieser Titel der Stadt gut tun“, sagte Grütters mit Blick auf rechtsextreme Ausschreitungen vor zwei Jahren.

 

Kulturelle Vielfalt in der EU

Die Gewinnerstadt wurde coronabedingt per Livestream aus Berlin im Internet bekannt gegeben. Von ursprünglich acht deutschen Bewerberstädten waren zuletzt noch fünf im Rennen, außer Chemnitz noch Hannover, Hildesheim, Magdeburg und Nürnberg. Neben Deutschland soll 2025 auch Slowenien eine europäische Kulturhauptstadt küren. Diese soll im Dezember bekannt gegeben werden. Die 1985 ins Leben gerufene europäische Initiative will mit dem Titel auf die kulturelle Vielfalt in der EU aufmerksam machen. Seit dem Jahr 2007 wird die Bezeichnung jeweils an zwei europäische Städte vergeben.

Der aus Chemnitz stammende Ostbeauftragte der Bundesregierung, Marco Wanderwitz (CDU), zeigte sich erfreut über die Entscheidung. Zum 30. Jubiläum der Deutschen Einheit zeige die Auszeichnung, „dass die neuen Bundesländer im Herzen Europas angekommen sind“, erklärte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium.

Spaltung überwinden

Die nach Leipzig und Dresden drittgrößte Stadt Sachsens ist die bislang vierte deutsche Kulturhauptstadt nach West-Berlin (1988), Weimar (1999) und Essen, gemeinsam mit dem Ruhrgebiet (2010). Nun muss noch die Kulturministerkonferenz zusammen mit Grütters die ausgewählte Stadt offiziell zur deutschen „Kulturhauptstadt Europas 2025“ ernennen.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) erklärte, die Entscheidung sei „eine unglaubliche Chance für Chemnitz“. Die Stadt stehe dafür, „wie wichtig es ist, die Gefahr von Spaltungen zu überwinden und aktiv für unsere europäischen Werte und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt einzutreten“.

Jetzt-erst-recht-Reaktion

Die Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) zeigte sich „einfach glücklich und überwältigt“: „Es wird der Stadt so gut tun.“ Mit Blick auf die Ausschreitungen vor zwei Jahren sagte Ludwig, daraus sei eine Jetzt-erst-recht-Reaktion erwachsen. Man habe zeigen wollen, „dass wir so viel mehr sind als die Bilder, die 2018 um die Welt gegangen sind“, sagte Ludwig an ihrem vorletzten Arbeitstag im Amt als Stadtoberhaupt. Ihr Nachfolger ist der bisherige Chemnitzer Finanzbürgermeister Sven Schulze (SPD).

Zu Beginn der Bewerbungsphase waren auch Dresden, Gera und Zittau an den Start gegangen, aber in der ersten Runde ausgeschieden. Erfüllt Chemnitz seine in der Bewerbung versprochenen Projekte, winkt der Stadt am Nordrand des Erzgebirges 2025 der mit 1,5 Millionen Euro dotierte Melina-Mercouri-Preis. Maßgeblich für die Entscheidung der Jury war unter anderem der Beitrag der Bewerbung zu einer langfristigen Kulturentwicklung.