Der 1. FC Heidenheim hat trotz des verpassten Bundesligaaufstiegs viele Sympathiepunkte in Fußball-Deutschland gesammelt. Nun sorgen unschöne Szenen rund um das Relegationsspiel für viel Aufregung. Holger Sanwald entschuldigt sich.

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Heidenheim - Es ging auf 23.30 Uhr zu, als Frank Schmidt sich auf dem Balkon eines Nebengebäudes der Voith-Arena blicken ließ. Blau-rote Bengalo-Rauchwaden zogen in den Himmel und rund 200 Fans des 1. FC Heidenheim feierten den Trainer des Fußball-Zweitligisten mit Sprechchören – trotz des verpassten Aufstiegs in die Premiumklasse des deutschen Fußballs durch das 2:2 gegen Werder Bremen (Hinspiel 0:0). Schmidt nahm das Mikrofon in die Hand, lobte die „totale Einheit“ von Mannschaft und Fans, sprach von einem „bitteren Moment“ und dass es „weh tut“. Irgendwie fiel ihm an diesem Abend nichts besseres ein, als zu sagen: „Immerhin, zweite Liga dürfen wir weiter spielen.“ Bevor sich der 46-Jährige mit einem Winken vom Balkon wieder ins Innere verabschiedete, merkte er noch selbstkritisch an: „Ich habe schon bessere Interviews gegeben.“

 

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Unmittelbar danach deutete nichts auf Randale hin. Alles schien friedlich. Das änderte sich offenbar, als die Spieler von Werder Bremen kurz vor Mitternacht auf dem Weg von der Kabine zum Mannschaftsbus mit einer Polonaise ausgelassen feierten. Davon fühlten sich einige Heidenheimer Fans provoziert und rasteten aus. Laut Polizei bewarfen mehrere Chaoten bei der Abfahrt den Mannschaftsbus von Werder mit Steinen und Flaschen. Dabei ging eine Scheibe zu Bruch. Der Schaden beträgt nach einer ersten Schätzung mehrere tausend Euro. Ein 28-jähriger, der die Flasche geworfen haben soll, und ein Steinewerfer im Alter von 29 Jahren seien bereits ermittelt.

Sanwald entschuldigt sich

„Das tut uns Leid. Von solchen Aktionen distanzieren wir uns“, erklärte der Vorstandsvorsitzende Holger Sanwald am Dienstag gegenüber unserer Redaktion. DFB-Direktor Oliver Bierhoff verurteilte die Vorfälle: „Das geht überhaupt nicht! Das ist Sport, irgendwelche Aggressionen sollte man da bleiben lassen. Man sollte seine eigene Mannschaft bestmöglich unterstützen und es dabei belassen“, sagte er am Dienstag in Frankfurt/Main. Der Bremer Bus konnte die Fahrt von Heidenheim zum Flughafen nach Schwäbisch Hall antreten. Werder sieht laut seiner Pressestelle von eine strafrechtlichen Verfolgung ab. Auch in Bremen hatte es nach dem Relegationsspiel Randale gegeben. Einsatzkräfte wurden mit Flaschen und Böllern beworfen.

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In Heidenheim war es schon während der Partie zu einem Zwischenfall im Stadion gekommen. Nach gut einer Stunde Spielzeit tauchten auf der Tribüne der Voith-Arena plötzlich rund 50 Anhänger des FCH auf. Bei der Bremer Delegation herrschte helle Aufregung. Bei den „Fans“ handelte es sich vor allem um Spielerfrauen, teils mit Kindern. Nach SWR-Informationen soll auch die deutsche Nationalspielerin Kathrin Hendrich, Freundin von FCH-Spieler Sebastian Griesbeck, dabei gewesen sein. Sie hatten sich im Business Club zum Public Viewing getroffen. Da auch Vereinsmitarbeiter dabei waren, die Schlüssel zum Stadion hatten, konnten sie sich Zugang verschaffen. Auch wenn die „Eindringlinge“ nach wenigen Minuten wieder verschwunden waren: Es war ein klarer Verstoß gegen das Hygienekonzept der Deutschen Fußball Liga (DFL), zumal einige auch keinen Mundschutz trugen. „Die Frauen wollten ihre Männer unterstützen, das ist ein stückweit menschlich“, bat Sanwald um Verständnis. Eine Strafe befürchtet er nicht. Die DFL wollte sich aktuell auf Nachfrage zu den Vorfall nicht äußern. „Wir kommentieren das nicht“, sagte Christopher Holschier, der Leiter Unternehmenskommunikation.

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Dennoch dürften sowohl die DFL als auch der Verein die Vorkommnisse aufarbeiten, Trainer Frank Schmidt die Saison analysieren: „Wir werden uns körperlich und mental wieder aufrichten. Wir werden einen neuen Anlauf nehmen. Wir dürfen uns nicht als Verlierer sehen.“ Auch wenn genau das im Heimspiel gegen Bremen einige Mitarbeiter und Fans waren.