Im Ludwigsburger Gewerbegebiet Tammerfeld ist der Verkehr aktuell häufig zum Erliegen gekommen. So heftig, dass die Polizei die Situation für nicht mehr tragbar hält. Sperrungen gibt es auch in Pleidelsheim und Murr.

Nervig, chaotisch, untragbar: Was dieser Tage im Gewerbegebiet Tammerfeld in Ludwigsburg abgeht, erhitzt die Gemüter. Und zwar so richtig. „So ein Chaos habe ich in den vergangenen zehn Jahren nicht mal ansatzweise hier erlebt“, sagt Frank Zimmermann, Filialleiter des Fahrradgeschäfts Bikemax, das gegenüber vom Breuningerland an der Porschestraße angesiedelt ist. Die Polizei spricht von einem regelrechten Verkehrschaos sowie von Dauerstaus. Allein am Samstag waren mehr als 80 Notrufe verzweifelter Autofahrer bei der Polizei eingegangen, sodass die Ordnungshüter eingreifen mussten. Zum Wochenanfang herrschte ein ähnliches Bild. Stehende Autokolonnen, wohin das Auge blickt.

 

Menschen fragen in Geschäften nach Wasser

Schuld daran sind zwei Baustellen – eine größere auf der Zufahrt zum Gewerbeareal aus Richtung Tamm sowie eine auf der B 27 in Richtung Autobahn –, durch die nur einzelne Fahrspuren freigegeben sind. Gerade in Stoßzeiten, in den Mittags- und Abendstunden, ballt sich an den Knotenpunkten und durch die Ampelanlagen alles so sehr, dass der Verkehr zum Erliegen kommt. „Es ist extrem frustrierend. Morgens geht es noch. Aber zwischen 13 und 20 Uhr haben wir hier Staus auf allen An- und Abfahrten. In einem mir bislang unbekannten Ausmaß“, berichtet Frank Zimmermann. Kunden hätten zuletzt zwei Stunden aus Remseck oder Sachsenheim zu ihm gebraucht. „Am Samstag hat ein Kunde gar eine Dreiviertelstunde für 50 Meter benötigt, eine andere Kundin brauchte mehr als eine Stunde für eine Kehrtwende bei uns vorm Laden“, erzählt er weiter. Menschen würden ins Geschäft kommen, um nach Wasser zu fragen. „Die Nerven liegen teils wirklich blank“, fasst er zusammen.

Polizei hält die Situation für untragbar

Er hofft, dass sich die Situation ab 1. September mit dem neuen Bauabschnitt verbessert. Das würde sich auch die Polizei wünschen. Denn: „Die Situation ist untragbar. Wir können nicht täglich stundenlang mit einer Vielzahl von Einsatzkräften den Verkehr regeln und auf dem Rücken unserer Kollegen das austragen, was bei der Planung der Baumaßnahmen versäumt wurde“, sagt der Leiter des Polizeireviers Ludwigsburg, Polizeidirektor Guido Passaro.

Nach Vor-Ort-Termin soll sich die Lage jetzt verbessern

Auf Drängen des Polizeipräsidiums Ludwigsburg hin fand deshalb am Dienstagvormittag ein Vor-Ort-Termin mit Vertretern von Polizei, der Stadt Ludwigsburg, des Regierungspräsidiums Stuttgart (RP) sowie der Bauleitung statt. Ziel des Termins war es, Lösungen zu finden, wie man die Lage verbessern kann. „Aktuell schon sorgen die Optimierung von Ampelschaltungen und die Freigabe von zusätzlichen Fahrstreifen für Entlastung. Dies war baubedingt leider nicht früher möglich. Ab Mittwochnacht wird die letzte Bauphase vier eingerichtet, die für weitere Entlastung sorgen wird“, sagt ein Sprecher des RP, das für die Baumaßnahmen zuständig ist. Entlastung scheint in Sicht. Das RP betont: „Bei solchen Maßnahmen ist nicht immer auszuschließen, dass Ampelschaltungen im Lauf der Maßnahmen nachgebessert werden müssen.“

Doch warum überhaupt das Chaos? Warum zwei Baustellen gleichzeitig, fragen sich viele Autofahrer. „Bei der Baumaßnahme in der Ortsdurchfahrt Tamm wurden Anpassungen der Arbeiten erforderlich, die die Verkehrssicherheit vor allem des Fuß- und Radverkehrs optimieren“, so der RP-Sprecher. Zudem hätten Lieferschwierigkeiten bei Baumaterialien für Verzögerungen gesorgt. Die Arbeiten in der Ortsdurchfahrt sollen bis 9. September abgeschlossen sein, die an der B 27 bis Ende September.

Vollsperrung in Pleidelsheim

Seit Ferienbeginn wird auch in Pleidelsheim gebaut. Alle vier Ortsdurchfahrten werden nach und nach auf Vordermann gebracht. „Für die Anzahl der Baustellen ist es bislang relativ gut gelaufen“, sagt der Bürgermeister Ralf Trettner. Die Bürger hätten sich nach ein paar Tagen an die Situation gewöhnt. Allerdings, so Trettner, würden sich manche Fahrer nicht an die Schilder halten – und irgendwie versuchen, durch die Baustelle zu kommen oder sie in Eigenregie zu umfahren. „Lastwagen fahren dann dort, wo für sie ein Durchfahrtsverbot gilt, und müssen auch noch rangieren.“ Auch Autofahrer müssten immer wieder wenden. Dieses Verhalten habe zu Anwohner-Beschwerden geführt.

Mit der dritten Vollsperrung seit Baubeginn steht die Gemeinde vor der nächsten Herausforderung. Von Donnerstag, 1., bis Sonntag, 4. September, sind die Straßen beim Ortszentrum am Schillerplatz gesperrt. Ab Freitag wird die Sperrung bis zum Kraftwerk Richtung Mundelsheim verlängert. Vom Freitag bis Sonntag wird der Verkehr von und nach Mundelsheim über Murr und Höpfigheim geleitet. Richtung Bietigheim-Bissingen muss bereits sowieso über Freiberg und Ingersheim gefahren werden.

Die Sperrung hat zur Folge, dass die Buslinie 459 Freiberg-Besigheim von Donnerstagvormittag bis Sonntag Pleidelsheim nicht bedient. Die Linie 444 Freiberg-Höpfigheim hält freitags bis 18.05 Uhr (Gegenrichtung 18.22 Uhr) noch in der Hohenzollern- und Robert-Bosch-Straße. Am Wochenende umfährt sie Pleidelsheim.

Umleitung zwischen Murr und Marbach

Am Mittwoch, 31. August, und Donnerstag, 1., sowie Mittwoch, 7., und Donnerstag, 8. September, ist die Straße zwischen Murr und Marbach gen Marbach gesperrt. Umgeleitet wird über die Schweißbrücke. Weitere Sperrungen bis zur Fertigstellung Ende September – zu der auch die Ortsumfahrung Benningen freigegeben wird – sind nicht vorgesehen. Aber in der weiteren Zukunft: Unweit des zurzeit gesperrten Knotenpunkts nach Benningen soll die Murrbrücke neu errichtet werden. Jedoch nicht vor 2024, sagt das RP.