Der italienische Konzern will in den USA weiter expandieren. Das kündigte Chef Robert Kunze-Concewitz im Gespräch mit unserer Zeitung an. Aperol Spritz will Campari zum Ganzjahresgetränk machen.

Mailand - Der italienische Spirituosenkonzern Campari will in den kommenden Jahren sowohl organisch als auch durch Übernahmen wachsen. „Hauptpriorität sind die USA, weil das auch unser profitabelster Markt ist“, sagte Konzernchef Robert Kunze-Concewitz im Gespräch mit unserer Zeitung. Der in Istanbul geborene Österreicher steht seit 2007 an der Spitze des Unternehmens. In seine Amtszeit fallen insgesamt 14 Übernahmen – darunter so renommierte Marken wie Aperol, die Likörmarke Grand Marnier, der Digestif Averna und die Whiskeymarke Wild Turkey.

 

„Wir sind geduldig und diszipliniert. Es gibt immer wieder Gelegenheiten, weil der Markt sehr fragmentiert ist. Wir wollen in Märkten stärker werden, in denen wir schon stark sind“, so Kunze-Concewitz. Neben den USA, die 27 Prozent zum Konzernumsatz beitragen, ist das vor allem der italienische Markt, der etwa 23 Prozent zu den Erlösen des weltweit sechstgrößten Spirituosenkonzerns beisteuert. Dort sind wir „fünfmal so groß wie die Nummer zwei und gewinnen auf einem rückläufigen Markt Marktanteile. Selbst in der Krise haben wir immer weiter investiert und sind gewachsen“, so Kunze-Concewitz, den intern alle nur Bob nennen.

Deutschland ist der drittgrößte Markt

Deutschland ist mit 9,5 Prozent der drittgrößte Markt. „Wir haben da eine sehr klare Strategie und setzen auf Profitabilität, nicht auf Volumina. Das ist ein Riesenmarkt für Aperol, der dort um mehr als 20 Prozent zulegt.“ Auch Campari wachse wieder, ebenso wie Wild Turkey, Appleton und Averna. Für den Ouzo 12 sei Deutschland sogar weltweit der größte Markt.

Campari setzt auf margenstarke Premiumprodukte, die international stark wachsen sollen. Produkte mit geringerer Profitabilität wie die Softdrinksparte Lemonsoda oder das Weingeschäft wurden verkauft. Campari hat etwa 50 Spirituosenmarken im Sortiment. Im ersten Halbjahr 2018 ging der Umsatz zwar aufgrund der Veräußerungen auf 778,2 Millionen Euro zurück, auf vergleichbarer Basis stieg er aber um 5,4 Prozent. Unter dem Strich verblieb ein Gewinn von 147,2 Millionen Euro, wozu allerdings auch außerordentliche Verkaufserlöse (Lemonsoda) beitrugen. Geradezu phänomenal ist die Entwicklung des Aktienkurses des 1860 gegründeten Konzerns. Der Börsenwert stieg in der Amtszeit des Hauptgeschäftsführers von 900 Millionen auf inzwischen 8,5 Milliarden Euro.

Die Familie Garavoglia, die Campari 1982 von der letzten Erbin der Campari-Familie geerbt hatte und 51 Prozent der Anteile kontrolliert, habe keine Verkaufsabsichten, sagt Kunze-Concewitz: „Der Markt weiß, dass die Familie nicht verkauft – schon aus emotionalen Gründen.“ Die Campari Group weist einen Schuldenstand von etwa 947 Millionen Euro auf.

Aperol Spritz ist mittlerweile die größte Einzelmarke im Konzern

Kunze-Concewitz will die vorhandenen Marken weiterentwickeln. Allen voran Aperol. Als die Gruppe die Marke vor einigen Jahren übernahm, war sie eine regionale Spezialität aus Venezien. „Mit dem Aperol Spritz haben wir mit 8,5 Prozent Alkoholgehalt eine alkoholarme Variante entwickelt und rollen sie weltweit aus“, so Kunze-Concewitz. Zunächst geschah das in Bars und Restaurants in der Region um Mailand, dann in den Nachbarländern und schließlich auch in den USA. Der ursprüngliche Frühjahrs- und Sommer-Aperitif – mittlerweile die größte Einzelmarke im Konzern – soll, ähnlich wie Bier, ganzjährig konsumiert und auch zum Begleiter von Speisen wie Pizza und Tapas werden.

Schwach ist Campari noch in China. Das Land sei „noch im Vorschulalter“, meint Kunze-Concewitz. „Es gibt aber ein gewisses Geschäft, und wir stehen bereit“, versichert er. Mit dem in Italien schon sehr erfolgreichen Crodino werde außerdem ein alkoholfreier Aperitif „mit hohen Margen“ künftig deutlich stärker in die internationalen Märkte gebracht. Werbeplakate des Futuristen Fortunato Depero, eigens designte Campari-Soda-Flaschen und andere Produkte sind weltweite Design-Ikonen. Kunze-Concewitz gibt das Budget für Werbung und Marketing mit 16 Prozent vom Umsatz an, setzt verstärkt auf digitale Werbung und lässt etwa Werbespots von berühmten Regisseuren wie Paolo Sorrentino („La Grande Bellezza“) drehen.

Verkauft werden soll die Villa Les Cèdres am Cap-Ferrat an der Côte d`Azur, die Campari im Zuge der Übernahme von Grand Marnier erwarb. Berichte, wonach ihr Verkaufswert bei einer Milliarde Euro liege, weist „Bob“ als „übertrieben“ zurück. „Es sind eher 350 Millionen Euro.“ Der Verkaufserlös flösse Campari nicht allein zu. „Wir haben uns mit der Familie, die uns Grand Marnier veräußert hat, darauf geeinigt, dass wir aus dem Verkauf 120 Millionen Euro erhalten und die Familie alles, was darüber liegt.“