Weil sie dafür einige Bewirtungsbelege ausstellen musste, kaufte sie bei einem Kassensystem ein Tool für papierlose Belege und hinterlegte dafür einen Bezahldienstleister. „Das Tool war aber drei Tage lang nicht freigeschaltet“, erinnert sie sich. Dann sei eine E-Mail des Bezahldienstleisters gekommen mit dem Hinweis, sie müsse ihre Daten dort hinterlegen, damit es funktioniere – das war am 10. Januar. Nur: Die Mail kam nicht von dem Bezahldienstleister, sondern von Kriminellen, die ihre Daten abgreifen wollten. „Ich hab das nicht gemerkt; die Oberfläche und die Adresse sahen genau gleich aus“, erzählt Focker und macht sich dennoch Vorwürfe: „Wäre ich nicht so überarbeitet gewesen und auch noch krank, hätte ich das vielleicht trotzdem merken können.“
Plötzlich entstand ein finanzieller Engpass
Der Betrug fiel ihr erst auf, als das eingenommene Geld nicht auf ihrem Bankkonto ankam. Die Gauner hatten da schon mit ihrem Bezahlsystem ein Geschäftskonto eröffnet und eine Kreditkarte beantragt. So wurden seit dem 19. Januar mehrmals täglich verschiedene Beträge auf dieses Geschäftskonto transferiert und verschwanden dann. Die Überweisungen landeten meist in Litauen, in zwei Fällen auch in Deutschland. Insgesamt 9500 Euro wurden so entwendet. „Die harte und mühevolle Arbeit von Monaten wurde in wenigen Augenblicken zunichtegemacht“, sagt die Gastronomin.
Auch der Zeitpunkt sei denkbar ungünstig gewesen. Denn im Januar sind nicht nur die Beiträge für Versicherungen fällig, zum Monatsende müssen auch immer die Mitarbeiter und Rechnungen für Waren bezahlt werden.
Laut Polizei und Anwalt ist die Sache aussichtslos
Sie erstattete Anzeige bei der Polizei und kontaktierte einen Anwalt. Beide machten ihr keine Hoffnung. Weil sie SMS-Codes als Teil der Zwei-Wege-Autorisierung auf der gefälschten Seite eingab, sei das Gesetz quasi ausgehebelt worden.
Doch damit hatte der Ärger für Tanja Focker noch kein Ende. Wenige Tage später suchten Einbrecher die Kaffeebar heim und stahlen Wechselgeld, Trinkgeldkasse und – das ist das Schlimmste für sie – das iPad, das sie als Kasse nutzt. „Das ist zwar nur ein Billig-iPad ohne SIM-Karte, aber darauf ist auch mein Kassenbuch mit teilweise sensiblen Daten.“ Über ihr Handy kann sie das Gerät orten, das längere Zeit in der Ludwigsburger Bogenstraße und einmal in Stuttgart war, zurückbekommen hat sie es trotzdem bis heute nicht.
Geräteortung ist nicht immer eindeutig
Eine Sprecherin des Polizeipräsidiums Ludwigsburg erklärt die Schwierigkeiten: Die Ortung liefere keine verlässliche Ortsangabe. Verschiedene Einflüsse wie beispielsweise die Bebauung könnten zu einer deutlichen Abweichung führen. Ein Versuch der Einsatzkräfte, in das Mehrfamilienhaus in der Bogenstraße zu kommen, sei gescheitert, sodass man den von Focker ausgelösten Klingelton auch nicht hören konnte, und: „Ein gewaltsames Betreten des Hauses ließ die reine Ortung des Tablets aufgrund der genannten möglichen Abweichungen rechtlich nicht zu.“ In der Bogenstraße und in Stuttgart habe man auch im Umfeld ermittelt, aber keine Ansatzmöglichkeiten gefunden.
Für Irritationen bei Focker sorgte aber vor allem die Tatsache, dass es bei der Polizei zunächst hieß, ohne die IMEI-Nummer des Geräts könne man nicht aktiv werden – das gestohlene einfache Modell hat allerdings nur eine Seriennummer. Mit der soll das iPad nun doch im Fahndungssystem ausgeschrieben und ein erneuter Versuch gestartet werden, es zu finden.
Viel Ärger – und am Ende doch ein echter Lichtblick
Fast noch schlimmer als der finanzielle Schaden, der sich insgesamt auf mehr als 10 000 Euro beläuft, ist für die 52-Jährige der ganze Ärger und Zeitaufwand, der sie doch keinen Schritt weitergebracht hat. Die Konsequenz, die sie daraus gezogen hat: Sie nutzt den Zahlungsdienstleister mit Sitz in Irland nicht mehr, weil sie ihm nicht mehr vertraut. Ihre beliebte Kaffeebar aufzugeben, ist für sie aber keine Option. Denn sie hat bei allem Ärger auch positive Erfahrungen gemacht: Ihre Bank hat sie anstandslos bei den fälligen Zahlungen unterstützt, ein Handwerker aus dem Ort sofort die aufgebrochene Tür repariert, und ihre Gäste – und wohl auch andere Menschen – helfen ihr ebenfalls. Bei einem Internetaufruf über die Plattform betterplace.me sind schon mehr als 9000 Euro an Spenden zusammengekommen. „Ich bin überwältigt und kann mein Glück kaum in Worte fassen!“, sagt Tanja Fokker erfreut.
Serien- und IMEI-Nummer
Seriennummer
Eine Seriennummer ist eine eindeutige Nummer, die vom Hersteller vergeben wird, um ein einzelnes Gerät zu identifizieren. Die Seriennummer eines Smartphones beispielsweise unterscheidet sich von allen anderen vom selben Hersteller produzierten Smartphones.
IMEI-Nummer
IMEI steht für International Mobile Equipment Identity und wird verwendet, um ein einzelnes Gerät bei allen Unternehmen weltweit zu unterscheiden. Anhand der 15-stelligen Nummer können Mobilgeräte eindeutig im Mobilfunknetz identifiziert werden. Jeder SIM-Karten-Slot besitzt eine IMEI. Sie kann dazu verwendet werden, ein gestohlenes Gerät zu verfolgen.