Schwierige Elektro-Offensive und heikle juristische Auseinandersetzungen: Auf den neuen Daimler-Chef Ola Källenius warten Aufgaben mit einiger Brisanz.

Stuttgart - Ola Källenius hat viel zu tun. Als Vorstandschef des Daimler-Konzerns muss er in den kommenden Jahren große Herausforderungen bewältigen. Die wichtigsten Baustellen im Überblick.

 

1. Elektro-Offensive

Mit der Premiere des batteriebetriebenen Geländewagens Mercedes-Benz EQC hat der Stuttgarter Autobauer in diesem Monat den Startschuss für eine große Elektro-Offensive gegeben. Als Entwicklungschef der Autosparte Mercedes-Benz Cars hat der künftige Daimler-Chef Ola Källenius eine Schlüsselrolle bei diesem Strategiewechsel gespielt, von dessen Erfolg auch die Zukunft des gesamten Konzerns abhängt. Bis 2022 soll eine ganze Familie von E-Autos auf den Markt kommen. Damit droht die Rendite unter Druck zu geraten, weil die Kosten von E-Autos deutlich höher sind als die Kosten von Verbrennern. Auf der anderen Seite dürfen die E-Autos aber nicht viel teurer sein als die Wagen mit Verbrennungsmotor, weil sie sonst zum Ladenhüter werden. Daimler muss den Absatz von Stromern auch ankurbeln, um die immer schärferen Klimaziele der EU zur erreichen. Allein mit Verbrennungsmotoren sind die kommenden CO2-Grenzwerte nicht zu schaffen. Falls die Grenzwerte nicht erreicht werden, drohen Strafzahlungen.

2. Dieselkrise

Als im September 2015 der Abgasskandal von VW aufgedeckt wurde, sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche in einem Interview: „Wir halten uns grundsätzlich an die gesetzlichen Vorgaben und haben keinerlei Manipulationen an unseren Fahrzeugen vorgenommen.“ In diesem Sommer indes warf das Bundesverkehrsministerium Daimler vor, unzulässige Abschalteinrichtungen in das Abgasreinigungssystem eingebaut zu haben. Daimler stimmte zwar dem geforderten Massenrückruf zu, legte zugleich jedoch Widerspruch gegen diese Entscheidung des Ministeriums ein. Noch ist offen, wie der Rechtsstreit ausgeht. Neben der Auseinandersetzung mit dem Verkehrsministerium gibt es noch weitere brisante juristische Auseinandersetzungen. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft ermittelt ebenso wie das US-Justizministerium, ob Daimler-Manager mit illegalen Abschalteinrichtungen betrogen haben.

3. Kartellverfahren

Daimler sieht sich mit zahlreichen Schadenersatzklagen konfrontiert, weil die Stuttgarter gemeinsam mit anderen Lastwagenherstellern ein Kartell gebildet hatten. Von 1997 bis 2011 hat Daimler nach Feststellung der EU-Kommission mit anderen Lkw-Bauern unzulässigerweise Informationen ausgetauscht. Es ging um Preise und die Einführung klimaschonender Technik. Die Wettbewerbshüter verhängten Geldbußen in Gesamthöhe von fast vier Milliarden Euro. Nun werfen die Kunden den Lkw-Bauern vor, dass sie wegen der verbotenen Absprachen zu viel Geld für die Fahrzeuge gezahlt haben und verlangen Schadenersatz. Bisher gibt es jedoch kein Urteil. Offen ist derzeit auch, wie ein Ermittlungsverfahren der EU-Kommission wegen möglichen Absprachen bei der Pkw-Entwicklung ausgehen. Es geht darum, ob BMW, Daimler und VW sich bei der Einführung sogenannter SCR-Katalysatoren für Dieselmotoren und Feinstaub-Partikelfiltern abgesprochen haben.

4. Turbulenzen in China

China ist zum wichtigsten Markt von Mercedes-Benz aufgestiegen. In den vergangenen Jahren hat die Marke mit dem Stern dort eine beeindruckende Aufholjagd absolviert. In den vergangenen Monaten haben sich die Perspektiven dort jedoch eingetrübt. Der immer schärfere Handelskrieg zwischen den USA und China trifft auch die Stuttgarter. Denn Daimler exportiert Geländewagen aus dem US-Werk in Tuscaloosa nach China. Weil China Strafzölle auf Autos aus Amerika verlangt, müssten die Preise in China eigentlich deutlich angehoben werden, damit die Rendite nicht geschmälert wird. Weil der Wettbewerb in China beinhart ist, gelingt dies jedoch nicht in vollem Umfang. Große Herausforderungen bringen auch recht kurzfristig festgesetzte Hürden für den Verkauf von Autos mit alternativen Antrieben in China. Bereits vom nächsten Jahr an müssen dort zehn Prozent aller verkauften Wagen einen Elektro- oder Plug-in-Antrieb haben.

5. Konzernumbau

Die Daimler-Aktionäre sollen auf der nächsten Hauptversammlung einem Mega-Projekt zustimmen. Die Daimler AG soll zu einer Holding werden, unter deren Dach drei rechtlich eigenständige Gesellschaften angesiedelt werden. Größte Gesellschaft wird die künftige Mercedes-Benz AG mit rund 175 000 Mitarbeitern, in der das Geschäft mit Personenwagen und Transportern gebündelt wird. Der Lkw- und Bushersteller Daimler Truck AG wird rund 100 000 Mitarbeiter beschäftigen. Der bereits rechtlich selbstständige Finanzdienstleister Daimler Financial Services AG wird künftig Daimler Mobility AG heißen und rund 13 000 Mitarbeiter haben. Die neue Struktur soll den Sparten mehr unternehmerische Freiheit geben. Sie sollen sich damit schneller auf einen Wandel der Kundenwünsche reagieren.