Das Großprojekt des Schienenkonzerns geht in eine neue Phase. Olaf Drescher ist der Mann für Inbetriebnahmen und übernimmt daher den Chefposten.

Stuttgart - Stabwechsel sind bei einem so lange laufenden Projekt wie Stuttgart 21 nicht zu vermeiden. Manchmal geschehen sie abrupt, manchmal sind sie schwer nachvollziehbar, manchmal vom Unternehmen mit Argumenten unterlegt, die Zweifel hinterlassen. Bei der jüngsten Personalie, die die Berliner Konzernpressestelle am Montag verkündet hat, ist das nicht so. Wenn Olaf Drescher vom 1. Juli an den Vorsitz der Geschäftsführung der DB Projekt Stuttgart-Ulm (PSU) von Manfred Leger übernimmt, ist das nur logisch.

 

Weniger, weil Leger im Februar seinen 66. Geburtstag gefeiert hat und bei der geplanten Inbetriebnahme des neuen Tiefbahnhofs Ende 2025 dann seinen 71. vollendet haben wird. Sondern weil Drescher (60) der passende Mann für die Inbetriebnahme ist. „Mit Olaf Drescher übernimmt jetzt ein ausgewiesener Inbetriebnahme-Profi den Vorsitz der Geschäftsleitung, der Schwerpunkt der Aufgaben verlagert sich zunehmend in Richtung Inbetriebnahme“, begründete DB-Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla den Wechsel.

Mann mit Erfahrung aus Großprojekten

Drescher kam nach der Inbetriebnahme der Schnellfahrstrecke Berlin-München, wo er Projektleiter war, im Februar 2018 nach Stuttgart, und zwar als stellvertretender Vorsitzender der Projektgesellschaft und Technikchef. Schon damals wurde erwartet, dass er nicht nur mit ins Steuer greifen, sondern es übernehmen würde. Im selben Jahr schied übrigens der für das Risiko- und Vertragsmanagement zuständige Peter Sturm aus der PSU aus. Die Bahn hatte damals ihre Kostenprognose für das Projekt von 6,5 auf 7,7 Milliarden Euro erhöhen müssen, inzwischen ist auch der verbleibende Risikopuffer bis 8,2 Milliarden Euro freigegeben.

Vor Berlin-München hatte Drescher die Hochgeschwindigkeitsstrecke Berlin-Hamburg umgesetzt. Der Dresdner kann zwei Studienabschlüsse vorweisen, als Diplom-Ingenieur für Eisenbahnsicherungstechnik und für Informationstechnik. Mit der Strecke Erfurt-Leipzig nahm er die erste Strecke ohne Signale, dafür mit dem neuen, digitalen Zugsteuerungssystem ETCS in Betrieb. Stuttgart soll der erste Bahnknoten in der Republik mit diesem System werden, das laut Deutscher Bahn eine höhere Leistungsfähigkeit und Sicherheit verspricht. DB-Vorstand Pofalla treibt das mit Unterstützung aller Projektpartner voran.

Leger bleibt Ansprechpartner

Manfred Leger, der 2013 zum Bahnprojekt nach Stuttgart kam, behält mit dem Wechsel auf der Chefetage seinen Zuständigkeitsbereich, also das Chancen- und Risikomanagement, die Kommunikation und das, was die Bahn Stakeholdermanagement nennt. Er bleibt also Hauptansprechperson für die S-21-Partner Land, Stadt und Region Stuttgart und den Flughafen. Am Montag war Leger dazu nicht zu sprechen.

Den Wechsel kommentiert der Projektpartner Land nicht, das sei eine bahninterne Entscheidung, so ein Sprecher des Verkehrsministeriums. Dort hat man sowohl mit Leger bei den S-21- und Streckenergänzungen wie der großen Wendlinger Kurve und dem Bahnhalt Merklingen gute Erfahrungen gemacht. Man hofft auf mehr. Die Fachleute im Ministerium loben Drescher als kenntnisreich und als einen, der sich bei Ergänzungen zu S 21 nicht querlege.

Stadt erinnert an Ziel 2025

„Das ist eine nahe liegende, nachvollziehbare Entwicklung. Herr Drescher ist der Profi für die Inbetriebnahme“, sagt der Regionalpräsident Thomas Bopp (CDU). Bei den monatlichen Sitzungen habe er ihn als sehr sachlichen, fundiert argumentierenden Technikchef kennengelernt. Beim Thema Digitalisierung sei er ein wichtiger Partner. Auch im Stuttgarter Rathaus ist man mit Drescher vertraut. Die bahninterne Personalie wolle man aber „nicht weiter kommentieren“. Drescher sei „ja gut mit dem Projekt vertraut. Entscheidend ist, dass die Bahn den Durchgangsbahnhof in der selbstgesetzten Frist fertigstellt“, heißt es. Aber das weiß der neue Vorsitzende der PSU natürlich.