Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Vassiliadis hatte die Studie den Schwesterorganisationen bereits vor der Präsentation in Hannover zugesandt. Bisher hat niemand offen protestiert. Dies dürfte noch kommen: Mitte Januar steht die DGB-Jahresklausur an, da erwartet Vassiliadis „längere Diskussionen“. Er beschwichtigt zwar: „Das ist gegen niemanden gerichtet.“ Dennoch werden zumindest Verdi und die NGG dagegenhalten. Speziell den Dienstleistungsgewerkschaften hält Vassiliadis schon mal vor, dass sie es nicht geschafft hätten, ähnlich wie in der Industrie das Gros der Arbeitnehmer zu organisieren.

 

Ebenso sorgt sich der Gewerkschaftschef, dass die Politik den Normalarbeitnehmer aus den Augen verliert. „Deutschland ist nicht prekär“, sagt er. „Aber die Mitte hat an Zuversicht und Vertrauen verloren, weil ihre Themen zu wenig aufgegriffen und ihre Sorgen vernachlässigt werden.“ Die Republik benötige eine Kurskorrektur.

Dazu gehört die Forderung, dass die Arbeitnehmer beim Realeinkommen „endlich wieder einen nennenswerten Zuwachs erwarten“. In der Industrie seien die Löhne zwar deutlich gestiegen, doch würden die Tariferhöhungen durch steigende Beiträge zur Sozialversicherung und die wachsende Steuerbelastung entwertet. Daher sei eine umfassende Reform für mehr Steuergerechtigkeit gefordert – die im Januar anstehende kleine Entlastung reiche nicht aus.