Einen Tag nach der Freilassung der chinesischen Künstlerin Liu Xia demonstriert die Justiz der Volksrepublik wieder Härte: Ein Bürgerrechtler wurde zu 13 Jahren Haft verurteilt.

Berlin - Die aus dem Hausarrest in Peking entlassene und in Berlin eingetroffene chinesische Künstlerin Liu Xia kann unbegrenzt in Deutschland bleiben und arbeiten. Die Witwe des vor einem Jahr gestorbenen Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo habe einen Aufenthaltstitel nach Paragraf 22 Satz 2 des Aufenthaltsgesetzes bekommen, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Mittwoch in Berlin. Der Paragraf bezieht sich auf den Aufenthalt aus völkerrechtlichen oder dringenden humanitären Gründen.

 

Nur einen Tag nach der Freilassung der chinesischen Künstlerin wurde ein prominenter Dissident in China zu langjähriger Haft verurteilt. Der Bürgerrechtler Qin Yongmin muss laut einem Urteil des Mittleren Volksgerichts in Wuhan erneut für 13 Jahre ins Gefängnis, wie die Menschenrechtsorganisation „Chinese Human Rights Defenders“ (CHRD) am Mittwoch mitteilte. Der 64-Jährige, der insgesamt bereits 22 Jahre hinter Gittern verbracht hat, wurde demnach der Untergrabung der Staatsgewalt für schuldig befunden.

Weiterhin Kritik an Chinas Menschenrechtsverletzungen

Das Hafturteil gegen Qin Yongmin mache klar, dass auch die gute Nachricht über die Freilassung von Liu Xia nicht darüber hinwegtäuschen könne, dass China an seinem scharfen Vorgehen gegen Menschenrechtsaktivisten festhalte, erklärte CHRD. Qin werde dafür bestraft, dass er in seinem Einsatz für Demokratie in China sein Recht auf Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit wahrnehme.

Die Künstlerin Liu Xia hatte am Dienstag nach fast acht Jahren Hausarrest nach Deutschland ausreisen dürfen. Deutschland und andere Staaten hatten sich lange für die 57-jährige Dichterin und Fotografin eingesetzt. Die Freilassung erfolgte zum Abschluss deutsch-chinesischer Regierungskonsultationen in Berlin, die mit einem Besuch von Ministerpräsident Li Keqiang verbunden waren.

Menschliche Lösung gefunden

Eine Regierungssprecherin sagte, die Bundesregierung sei „froh und erleichtert“, dass Liu Xia am Dienstag in Deutschland eingetroffen sei. Außenminister Heiko Maas (SPD) hatte bereits am späten Dienstagabend über den Kurznachrichtendienst Twitter erklärt: „Gut, dass eine menschliche Lösung gefunden werden konnte.“

Liu Xias Ehemann, der Bürgerrechtler Liu Xiaobo, war am 13. Juli 2017 mit 61 Jahren an Krebs gestorben. Er war 2009 zu elf Jahren Haft verurteilt worden, weil er sich für demokratische Reformen eingesetzt hatte. 2010 erhielt er den Friedensnobelpreis, den er nicht entgegennehmen konnte. Die Auszeichnung war für die chinesische Führung Anlass, seine Frau Liu Xia ohne Anklage unter Hausarrest zu stellen und permanent zu überwachen.