Chinas Premierminister Herr Li folgt auf Herrn Li

Li Qiang soll neuer Premier Chinas werden. Foto: /imago/Yin Bogu

China bekommt eine neue Nummer zwei. Wer ist Li Qiang? Ein Pragmatiker mit profunden Kenntnissen in der Wirtschaft – oder ein treuer Parteisoldat?

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

An einen neuen Namen muss man sich nicht gewöhnen – an einen neuen Mann hingegen schon. Als die Kommunistische Partei im vergangenen Herbst ihr Zusammentreffen beendete, schritt Li Qiang hinter Präsident Xi Jinping auf die Bühne in der Großen Halle des Volkes. Das ist für gewöhnlich der Platz, der dem Premier zusteht. Und da der bisherige Amtsinhaber Li Keqiang bereits im vergangenen März seinen Abschied von dieser Position angekündigt hatte, spricht vieles dafür, dass Herr Li nun auf Herrn Li folgen wird. Verwunderlich ist die Namensgleichheit nicht: Li ist neben Wang der häufigste Familienname in China, etwa 100 Millionen Menschen haben ihn in ihren Dokumenten stehen.

 

Ein treuer Gefolgsmann des Präsidenten?

Wie bedeutend die Rolle des neuen Herrn Li im Machtapparat ausfallen wird, steht noch nicht fest. Seinem Vorgänger wird nicht das allerbeste Verhältnis zum allgegenwärtigen Präsidenten nachgesagt, vielleicht ist das ein Grund dafür, dass die Position des Premiers in den letzten Jahren an Einfluss verloren hat. Traditionell beaufsichtigt der Ministerpräsident sowohl die Ministerien als auch die Zentralbank. Er ist ein Mann für die Wirtschaft – und daher werden nicht nur in Kreisen der deutschen Unternehmen fleißig Berichte über den neuen Mann gesammelt.

Die meisten Analysten sehen in Li Qiang einen treuen Gefolgsmann des Präsidenten. Zu Beginn des Jahrtausends war Li Stabschef von Xi Jinping in Zhejiang. Nach der Machtübernahme durch Xi im Jahr 2012 wurde er Gouverneur der reichen Küstenprovinz. Als Parteichef von Shanghai war er dann im vergangenen Jahr verantwortlich für den knallharten Corona-Lockdown. Eine Maßnahme, die ihm viel Kritik von den Menschen und viel Lob von seinem Förderer eingebracht hat. Dass Li – anders als all seine Vorgänger – bisher noch nicht als Vizepremier Meriten und Erfahrung sammeln konnte, scheint seinen Aufstieg aber nicht zu behindern.

Mehr als nur ein Schattenmann?

Allerdings gibt es auch Stimmen, die dem neuen Mann mehr zutrauen, als der Schattenmann an der Seite von Xi Jinping zu sein. Li werde „ein erfahrenes Team von Ökonomen leiten, das sich für Reformen, die weitere Öffnung der Wirtschaft und technologische Innovationen einsetzt“, prognostiziert die in Hongkong erscheinende „Asia Times“. Bekannt ist, dass Li auf seinen bisherigen Positionen der Privatwirtschaft oft aufgeschlossen gegenübergestanden hat – deutlich aufgeschlossener jedenfalls, als es der Präsident selbst in den letzten Jahren war.

Unter Li arbeitete Shanghai mit Tesla zusammen, trotz Handelskrieg mit den USA. Laut „Wall Street Journal“ soll Li auch mit Biontech Kontakt aufgenommen haben, um an westliche mRNA-Impfstoffe zu gelangen – während die übrigen Parteiführer an den chinesischen Impfstoffen festhielten. Li habe oft den richtigen Instinkt, was getan werden müsse, sagt Jörg Wuttke, der Chef der Europäischen Handelskammer, dem „Wall Street Journal“. Dann aber folge er aus Loyalität immer wieder doch nicht seinen Instinkten.

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