Vor seinem Konzert in Stuttgart spricht der Musiker Chris Rea über seine Liebe zum Blues, sein neues Album „Santo Spirito Blues“ und seine schwere Krankheit.

Kultur: Jan Ulrich Welke (juw)

Stuttgart - Eigentlich wollte sich Chris Rea, bei dem Anfang des letzten Jahrzehnts Bauchspeicheldrüsenkrebs diagnostiziert wurde, längst von der Bühne zurückgezogen haben. Vor wenigen Monaten erschien jedoch sein neues Album „Santo Spirito Blues“ – und die Lust des Musikers, der in den achtziger Jahren seine größten Erfolge feierte, Konzerte zu geben, ist offenbar ungebrochen.

 

Chris Rea, vor sechs Jahren gaben Sie aus gesundheitlichen Gründen Ihre Abschiedstournee. Vor zwei Jahren gingen Sie allerdings wieder auf Tour. Ihre „Santo Spirito Tour“, die in dieser Woche in Deutschland startet, wird doch wohl hoffentlich nicht Ihre wirklich letzte Tournee sein?
Das hoffe ich auch nicht. Die neuen Medikamente, die ich seit einiger Zeit bekomme, schlagen gut an. Ich hoffe folglich, dass es noch lange weitergeht.

Sie spielen verblüffend viele Konzerte in Deutschland. Kommt dies, weil Sie hierzulande so populär sind, oder aufgrund Ihres speziellen Verhältnisses zu dem Land, in dem Sie sich wegen Ihrer Krebserkrankung operieren und behandeln ließen?
Ich glaube, es hängt mit einer lebenslangen Verbindung zu Deutschland zusammen. Wir hatten unsere ersten Erfolge in Deutschland, noch bevor wir in Großbritannien populär wurden, und wir wurden in Deutschland auch immer als Albumkünstler und Musiker betrachtet statt als Rock- und Popstars. In Deutschland gab es auch Fernsehsendungen wie „Ohne Filter“ und „Rockpalast“, die sich mit unserer Art von Musik und unserer Herangehensweise beschäftigten. Es war für uns immer sehr befriedigend, in Deutschland aufzutreten.

Sie haben lange Jahre Pop- und Rockmusik gespielt, ehe Sie sich vor knapp zehn Jahren Ihrer eigentlichen Leidenschaft zugewandt haben, der Bluesmusik. Was wird das Publikum auf Ihrer jetzigen Tour zu hören bekommen: ein Blues- oder ein Rockkonzert?
Der Blues beschäftigt mich in den letzten Jahren intensiv, wir werden mit Sicherheit auch Bluesnummern spielen und natürlich ebenfalls Stücke aus dem aktuellen Album vorstellen. Doch keine Sorge: wir werden für die Fans selbstverständlich auch die großen Hits wie „Road to Hell“, „Josephine“ oder „On the Beach“ spielen.

Sie haben in den letzten Jahren viele – wie Sie sie selbst bezeichnen – „Earbooks“ herausgebracht, auf denen Sie unter anderem Musik mit selbst gemalten Gemälden kontrastieren. Zuletzt haben Sie die CD- und Konzeptfilm-DVD-Box „Santo Spirito Blues“ herausgebracht. Würden Sie sich als Multimediakünstler bezeichnen?
Ich würde mich als Albumkünstler bezeichnen. Das Konzept des Albums sehe ich als Grund, warum wir noch immer da sind. Die Leute mögen Eric Clapton, Mark Knopfler, Van Morrison oder mich, weil wir tun, was wir immer taten. Wir lieben Musik, Musik ist unser Gott, und wir haben uns nie als Stars, sondern immer als Musiker begriffen.

Wäre es nicht trotzdem spannend zu versuchen, auch live ein ganz neues multimediales Konzept wie auf Ihren letzten Veröffentlichungen umzusetzen?
Die beiden Filme, die sich auf „Santo Spirito Blues“ befinden, kann man leider nicht live präsentieren. Ich glaube, das würde sehr langweilig für das Publikum, weil ihr Konzept ein ganz anderes ist. Es zielt auf daheim ab, die DVDs bieten Instrumentalmusik zu einer Geschichte, die man sich angucken kann. Ich bin überzeugt davon, dass die Menschen nicht nur eine CD kaufen wollen, sondern etwas ganz spezielles haben wollen, deshalb verfolgen wir diese Konzepte ja seit vielen Jahren. Alle Menschen entwickeln sich fort, und wir sollten uns folglich mit dem Publikum fortentwickeln. Heutzutage hat ja jeder einen riesigen Fernseher zu Hause, und deshalb denke ich, dass audiovisuelle Konzepte eine Möglichkeit sind, zur Kultur des Dasitzens und Musikhörens zurückzufinden. Aber das sehen die Plattenfirmen natürlich anders, denen ist das zu viel Geschäft. Es ist ein ständiger Kampf mit denen. (lacht)