18 Tage nach seiner Karambolage mit dem Wolfsburger Koen Casteels geht es Christian Gentner schon wieder besser. „Es ging alles noch relativ glimpflich aus“, sagt der VfB-Kapitän.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Wer fest mit Blutergüssen, Narben und dicken Schwellungen gerechnet hat, der wird im Presseraum des VfB zum Glück enttäuscht. Frisch sieht Christian Gentner aus, etwas mehr als zwei Wochen nach seiner schweren Verletzung vom Bundesliga-Spiel am 16. September gegen den VfL Wolfsburg, als er in der Schlussphase das linke Knie des VfL-Torhüters Koen Casteels heftig in die rechte Gesichtshälfte gerammt bekam.

 

Eine verschluckte Zunge, Ohnmacht, eine schwere Gehirnerschütterung, ein Nasenbeinbruch sowie ein Doppelbruch des Augenhöhlenbodens, das sind die körperlichen Folgen dieser Horror-Karambolage, die auch die Diskussion über die Freiheiten des Torhüters im Herauslaufen außerhalb des Fünfmeterraums neu entfacht hat.

Christian Gentner betritt in schwarzen Turnschuhen, dunkler Hose und schwarzer Jacke erstmals seit diesem schockierenden Unfall wieder die öffentliche Bühne – und ist sogar schon wieder zu Scherzen aufgelegt: „Meine Frau hat gesagt: ‚Diese Gesichtsoperationen hätte er mal schon früher machen sollen“, flachst der 32 Jahre alte VfB-Kapitän, dem es ein Anliegen war, sich so schnell wie möglich wieder zu Wort zu melden. „Die überwältigende Anteilnahme nach dem Unfall hat mich zunächst überrascht – und dann sehr motiviert“, sagt Gentner: „Jetzt wollen die Leute natürlich wissen, wie es mir geht.“Christian Gentner im Video-Interview:

Gentner kann den Puls langsam wieder hochfahren

Bei der Nachuntersuchung am Mittwochmorgen haben die Ärzte grünes Licht gegeben: Das absolute Sportverbot wurde aufgehoben. „Nach zweieinhalb Wochen darf ich den Puls also langsam wieder hochfahren“, sagt Christian Gentner, dessen akute Schmerzen im Gesicht nach eigenem Bekunden „sehr erträglich“ sind. „Schmerzmittel muss ich keine mehr nehmen“, sagt der Mittelfeldspieler, bei dem allein das rechte Auge noch ein wenig blutunterlaufen ist. Dies ist die Folge der diversen Operationen, die von dieser Stelle aus sowie vom Mundraum her durchgeführt worden sind.

Bagatellisieren aber will auch Christian Gentner den schweren Sportunfall nicht, seinen ersten seit der Jugendzeit beim VfB, in der er sich einmal einen Bruch des Schien- und Wadenbeins zugezogen hatte. „Es waren komplexe Frakturen, aber zum Glück alles Dinge, die wieder heilen“, sagt der Stuttgarter Spielführer, der froh ist, dass sich etwa keine Hämatome im Gehirn gebildet hatten, die zu bleibenden Schäden hätten führen können. Auch das Auge wurde von der Kollision nicht betroffen. „Es ging also noch relativ glimpflich aus.“

Von den dramatischen Szenen auf dem Platz, als der Schiedsrichter Guido Winkmann unmittelbar nach dem Zusammenstoß mit Wolfsburgs Torwart Koen Casteels das Spiel nicht unterbrochen hatte und der VfB-Teamarzt Raymond Best dennoch umgehend auf den Platz stürmte, um die Zunge aus seinem Rachen zu ziehen, weiß Christian Gentner nichts mehr. „Erst im Krankenhaus bin ich dann so langsam wieder zu mir gekommen“, erzählt der 32-Jährige.

Überwältigt sei er dann von der Flut der Genesungswünsche gewesen. Neben den Mitspielern und ehemaligen Kollegen habe er unter anderem auch von den Clubs aus Dortmund, Köln und Leipzig, vom Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann sowie von den Fans viele aufmunternde Nachrichten erhalten. Noch am Abend hatte sich auch Koen Casteels auf dem Handy von Gentners Frau Verena gemeldet.

Inzwischen haben auch die beiden Fußballer miteinander telefoniert. „Koen hat nicht vorsätzlich gehandelt. Es ist also nicht so, dass ich ihm einen großen Vorwurf mache“, sagt Gentner. „Es war ein ganz unglücklicher Zusammenprall. Da bleibt nichts zurück.“ Auch der Schiedsrichter Winkmann hat sich bei Gentner gemeldet und sich dafür entschuldigt, dass er nicht sofort unterbrochen hatte. „Er hat gesagt, dass es eine Fehlentscheidung von ihm war. So ist das eben im Fußball. Da gibt es auch eine menschliche Komponente.“

Wann Gentner wieder spielt, ist noch unklar

Mit seinem Comeback will es Gentner nun ruhig angehen. „Ich kann und will keinen Zeitpunkt angeben, an dem ich wieder spiele“, sagt der gebürtige Nürtinger, der vor seiner Verletzung stets in der Startelf stand. Klar ist, dass der dienstälteste VfB-Profi eine Karbon-Gesichtsmaske tragen wird, sobald er wieder komplett in den Trainingsbetrieb einsteigt. Maximal ein Jahr dauert es, bis die Knochenbrüche komplett verheilt sind. „Ich kann alle beruhigen“, sagt Christian Gentner dann noch: „Es geht mir gut.“