Sport: Marco Seliger (sem)

Einmal saß Streich mit Aogo und dessen Familie zusammen. Als Jungspund konnte Aogo manchmal ein schwieriger Fall sein. Als er mal wieder über die Stränge geschlagen hatte, schien es für ihn nicht mehr weiterzugehen beim SC. Alle Beteiligten am Tisch weinten. Streich und die Familie, in Traurigkeit vereint. Am Ende ging es doch weiter. Und Dennis Aogo wurde später zum deutschen A-Nationalspieler.

 

Mal streng, mal fürsorglich, immer einfühlsam – das war Christian Streich. Und das ist Christian Streich. Im Grunde macht er heute im Vergleich zu den Zeiten in der Fußballschule nichts anderes. Dabei ist es dem Pädagogen Streich auch wichtig, seine Jungs hin und wieder für politische Themen zu sensibilisieren. Streich, der einst mit seinem früheren Mitspieler und heutigen SC-Sportdirektor Klemens Hartenbach in einer WG wohnte, ist vor 30 Jahren in der Freiburger Studentenszene als politisch denkender Mensch geprägt worden. Klappehalten ging nicht. Mund aufmachen, so hieß die Devise. Man hatte im Studentenkreis eine politische Meinung. Und die äußerte man auch.

Wenn Streich nun also wie in den vergangenen Wochen über politische Themen spricht, wenn er sich über Flüchtlinge äußert, zum Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit aufruft und die AfD attackiert, hat das nichts mit Geltungsdrang zu tun, den ihm einige Menschen gerne unterstellen. Sondern mit Streichs Selbstverständnis als Demokrat. Und als Bürger Freiburgs, dem die Stimmung in seiner Stadt nicht egal ist.

Der Coach sagt, was er denkt

Anfang Dezember etwa forderte er mehr Zivilcourage, als in Freiburg fremdenfeindliche Kommentare infolge der Vergewaltigung und Ermordung einer Studentin aufgekommen waren. Tatverdächtiger war ein junger Flüchtling. „Jetzt kommt es darauf an, wie diese Gemeinschaft in diesem Land auftreten wird. Was auch gesellschaftlich toleriert wird“, sagte Streich. Dafür gab es viel Lob, aber auch Kritik. Was mischt der sich ein, der soll sich ums Kicken kümmern und kein schlaues Zeugs daherreden, hieß es in einigen Internetforen. Streich selbst sagt dazu das: „Ich hätte die Fragen auch so beantwortet, wenn sie mir beim Einkaufen oder im Café gestellt worden wäre. Warum soll ich sie dann nicht beantworten, wenn sie von einem Journalisten kommen?“

Wer den eher öffentlichkeitsscheuen und bescheidenen Streich kennt, der weiß, dass er es sich niemals vornehmen würde, sich mit einem politischen Statement zu positionieren. Aber wenn ihn jemand vor dem Spiel etwas Politisches fragt, dann sagt er eben das, was er denkt. Auch wenn er das nicht will: Streich ist so etwas wie der politische Meinungsführer unter den Bundesliga-Trainern. Auch, weil es sonst keinen Coach gibt, der regelmäßig mehr zu sagen hat als das, ob der Spieler X nach einer Oberschenkelzerrung wieder fit ist und dass der nächste Gegner eine unglaubliche Qualität hat. Streich ist die Antithese zum modernen Laptoptrainer. Auch er ist ein Taktikfuchs, ein detailversessener Fußballlehrer. Aber eben keiner, der wirkt wie am Reißbrett entworfen. Ein Unikat.

Schusters Loblied auf den Coach ist bei Weitem nicht das einzige. Unterschiedliche Spielertypen, die schon mit Streich zusammengearbeitet haben, rühmen dessen menschliche Qualitäten. Weil er sich regelrecht in sein Gegenüber hineinfühlt. Weil er für jeden einzelnen Profi die passende Ansprache sucht. Oder, wie es der Freiburger Sportvorstand Jochen Saier ausdrückt: „Christian taucht regelrecht in die Spieler ein.“ Diese Gabe verfeinerte Streich schon zu seiner Zeit als Leiter der Freiburger Fußballschule, als er sich den Jugendspielern, die im Internat wohnten, mit Hingabe und Herzblut widmete. Er ging auf jeden Einzelnen ein, als wäre er sein eigener Sohn. Er förderte und forderte. Streich war manchmal Vater, Mutter, Herbergsvater und Trainer in einem. Wie im Falle des ehemaligen SC-Jugendspielers Dennis Aogo.

Streich, der Demokrat

Einmal saß Streich mit Aogo und dessen Familie zusammen. Als Jungspund konnte Aogo manchmal ein schwieriger Fall sein. Als er mal wieder über die Stränge geschlagen hatte, schien es für ihn nicht mehr weiterzugehen beim SC. Alle Beteiligten am Tisch weinten. Streich und die Familie, in Traurigkeit vereint. Am Ende ging es doch weiter. Und Dennis Aogo wurde später zum deutschen A-Nationalspieler.

Mal streng, mal fürsorglich, immer einfühlsam – das war Christian Streich. Und das ist Christian Streich. Im Grunde macht er heute im Vergleich zu den Zeiten in der Fußballschule nichts anderes. Dabei ist es dem Pädagogen Streich auch wichtig, seine Jungs hin und wieder für politische Themen zu sensibilisieren. Streich, der einst mit seinem früheren Mitspieler und heutigen SC-Sportdirektor Klemens Hartenbach in einer WG wohnte, ist vor 30 Jahren in der Freiburger Studentenszene als politisch denkender Mensch geprägt worden. Klappehalten ging nicht. Mund aufmachen, so hieß die Devise. Man hatte im Studentenkreis eine politische Meinung. Und die äußerte man auch.

Wenn Streich nun also wie in den vergangenen Wochen über politische Themen spricht, wenn er sich über Flüchtlinge äußert, zum Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit aufruft und die AfD attackiert, hat das nichts mit Geltungsdrang zu tun, den ihm einige Menschen gerne unterstellen. Sondern mit Streichs Selbstverständnis als Demokrat. Und als Bürger Freiburgs, dem die Stimmung in seiner Stadt nicht egal ist.

Der Coach sagt, was er denkt

Anfang Dezember etwa forderte er mehr Zivilcourage, als in Freiburg fremdenfeindliche Kommentare infolge der Vergewaltigung und Ermordung einer Studentin aufgekommen waren. Tatverdächtiger war ein junger Flüchtling. „Jetzt kommt es darauf an, wie diese Gemeinschaft in diesem Land auftreten wird. Was auch gesellschaftlich toleriert wird“, sagte Streich. Dafür gab es viel Lob, aber auch Kritik. Was mischt der sich ein, der soll sich ums Kicken kümmern und kein schlaues Zeugs daherreden, hieß es in einigen Internetforen. Streich selbst sagt dazu das: „Ich hätte die Fragen auch so beantwortet, wenn sie mir beim Einkaufen oder im Café gestellt worden wäre. Warum soll ich sie dann nicht beantworten, wenn sie von einem Journalisten kommen?“

Wer den eher öffentlichkeitsscheuen und bescheidenen Streich kennt, der weiß, dass er es sich niemals vornehmen würde, sich mit einem politischen Statement zu positionieren. Aber wenn ihn jemand vor dem Spiel etwas Politisches fragt, dann sagt er eben das, was er denkt. Auch wenn er das nicht will: Streich ist so etwas wie der politische Meinungsführer unter den Bundesliga-Trainern. Auch, weil es sonst keinen Coach gibt, der regelmäßig mehr zu sagen hat als das, ob der Spieler X nach einer Oberschenkelzerrung wieder fit ist und dass der nächste Gegner eine unglaubliche Qualität hat. Streich ist die Antithese zum modernen Laptoptrainer. Auch er ist ein Taktikfuchs, ein detailversessener Fußballlehrer. Aber eben keiner, der wirkt wie am Reißbrett entworfen. Ein Unikat.

Streichs Wunsch zum Abschied

Die „Badische Zeitung“ hat den Trainer mit ihrem „Streich der Woche“, einer wöchentlichen Höhepunkteschau im Internet von Streichs Auftritten in der Pressekonferenz, längst zur Kultfigur erhoben.

Denn Streich ist Streich – egal, mit wem er spricht. Er interessiert sich für sein Gegenüber. Er erkundigt sich, wie die Anreise war, er fragt nach dem Heimatort. Und zum Abschied, da will Streich wissen, wie lang denn jetzt die Rückreise dauere – und sagt: „Passet Se au gut auf beim Fahre!“ Andere wären da wohl längst aus dem Raum gegangen. Danke, tschüss, der Nächste bitte – so etwas könnte Streich gar nicht. Das widerspräche seinem Naturell.

So einfühlsam Streich im Alltag und im Umgang mit den Profis ist, so emotional ist er an der Seitenlinie. Gelassenheit gehört nicht zu seinen Stärken, das wissen die SC-Strategen, die damit umgehen können. Wenn Streich sich ungerecht behandelt fühlt, wird er zum unberechenbaren Wüterich. Auch mit Verbalattacken außerhalb des Platzes hat er oft lange zu kämpfen.

All das tolerieren sie beim SC. Weil sie wissen, dass Streich es wie kein Zweiter beherrscht, junge, kostengünstige Profis schnell weiterzuentwickeln. Eine Gabe, die am Freiburger Fußballstandort unumgänglich ist. Deshalb ist eine Vertragsverlängerung über die Laufzeit (bis 2018) hinaus gut möglich. Wann auch immer der Coach beim Sportclub aufhört – seinen Abschied hat er sich schon mal ausgemalt: „Ich würde mir wünschen, dass ich irgendwann Danke sagen kann und die anderen auch sagen, wir fanden es nicht so schlecht.“