Künftig können Besucher den Restauratoren bei der Arbeit über die Schulter schauen. In diesem Jahr soll aber auch gefeiert werden, denn das Museum wird 175 Jahre alt – und wünscht sich werthaltige Geschenke.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Es ist ein mühsames Geschäft. Wochen und Monate sitzen Restauratoren mitunter an einem Gemälde, um Zentimeter für Zentimeter den Staub vergangener Jahrhunderte zu entfernen und wieder das hervorzubringen, was der Maler einst auf die Leinwand gepinselt hat: strahlende, kräftige Farben. In der Regel geschieht das zurückgezogen in den Restaurierungswerkstätten. In der Staatsgalerie Stuttgart kann man künftig zuschauen, wie die Restauratorinnen und Restauratoren „mit Geduld und Spucke Fussel um Fussel entfernen“, wie es die Direktorin Christiane Lange ausdrückt. Ab sofort gibt es im Staib-Bau hinter der Staatsgalerie ein Schauatelier. Mitten in den Ausstellungsräumen, nur abgetrennt durch eine Glasscheibe, kann man den Restauratoren bei der Arbeit auf die Finger schauen. „Wir haben nichts zu verstecken“, sagt Lange, die dem Publikum zeigen will, dass Museumsarbeit mehr bedeutet, als nur Werke zu präsentieren.

 

Möglich wurde die Einrichtung des Schauateliers durch die Unterstützung der Wüstenrot-Stiftung – und zum Auftakt dieser offenen Werkstatt wird hier die Skulptur „Die Große Sinnende“ von Wilhelm Lehmbruck gereinigt. Der mehr als zwei Meter große Frauenakt steht schon viele Jahre in der Staatsgalerie, als Leihgabe. Im vergangenen Jahr konnte die markante Figur mit Mitteln der Museumsstiftung Baden-Württemberg und dank der Kulturstiftung der Länder erworben werden. Jetzt wird sie öffentlich restauriert und hergerichtet für die große Lehmbruck-Sonderausstellung, die Ende September eröffnet wird und die Ergebnisse der jüngsten Untersuchungen zu Lehmbrucks Verwendung von Materialien vorstellen will. „Die Ausstellung wird nicht riesig groß“, sagt Christiane Lange, „aber sie wird ein Meilenstein in der Lehmbruck-Forschung sein.“

Die große Installation von Joseph Beuys muss restauriert werden

Die Direktorin der Staatsgalerie hat nun in einer Medienkonferenz vorgestellt, was sie und ihr Team derzeit beschäftigt. Lange sieht im Forschen und Bewahren wesentliche Aufgaben des Museums. Deshalb wird man in der Staatsgalerie in den kommenden Wochen auch jenseits des Schauateliers Restauratoren antreffen. Denn die große Installation „Plastischer Fuß – Elastischer Fuß“ von Joseph Beuys aus dem Jahr 1969 muss ebenfalls aufgefrischt werden.

„Wir forschen, wenn wir die finanziellen Mittel dazu bekommen“, sagt Christiane Lange, die versucht, Forschungsergebnisse mit Ausstellungen zu verbinden. So wird am 23. November eine große Schau zu Marcel Duchamp eröffnet werden, nachdem in den vergangenen Monaten gezielt die Bestände der Staatsgalerie untersucht und aufbereitet wurden. Duchamp sei einer der einflussreichsten Künstler überhaupt, so Lange, und die Staatsgalerie habe einen großen Bestand an Grafiken und besitzt unter anderem auch ein Exemplar des berühmten Ready-Mades „Flaschentrockner“.