Wegen eines Mitfluges ihres Sohnes in einem Regierungshubschrauber steht die Verteidigungsministerin in der Kritik. Rechtlich, betont die Ministerin, sei alles sauber gelaufen. Zugleich zeigte sie Verständnis über die Diskussionen darüber - und will reagieren.

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht hat Verständnis für öffentliche Kritik nach einem Mitflug ihres Sohnes in einem Regierungshubschrauber geäußert. Im ZDF kündigte die SPD-Politikerin am Mittwoch an, es würden Konsequenzen gezogen, damit solche Vorwürfe künftig nicht mehr möglich seien. Nach Angaben aus Kreisen des Ministeriums überwies die Ministerin am Mittwoch einen in Rechnung gestellten Betrag von 261 Euro für den Flug ihres Sohnes.

 

Als Juristin, Ministerin und Bürgerin sei es ihr wichtig, dass alle ihre Entscheidungen „auch rein rechtlich völlig korrekt sind“, sagte Lambrecht im ZDF. „Das ist hier auch der Fall.“ Als Ministerin habe sie sehr wenig Zeit für Privatleben. „Aber mir ist es als Mutter auch wichtig, den Kontakt zu meinem Sohn zu halten“, sagte sie. Dafür bitte sie um Verständnis.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte auf die Frage, ob er Verständnis für die Kritik an Lambrecht habe: „Das ist ausdrücklich so, dass wir wissen, dass das Verteidigungsministerium mitgeteilt hat, dass alle Vorschriften beachtet worden sind.“

Lambrecht hatte in einem Regierungshubschrauber zu einem Truppenbesuch in Norddeutschland Mitte April ihren 21-jährigen Sohn mitgenommen, ohne dass dieser an dem Militärbesuch selbst teilnahm. Am nächsten Tag und nach einer Hotelübernachtung ging es mit Auto und Personenschützern auf die nahe Insel Sylt.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth, hatte zuvor deutlich gemacht, dass er noch Klärungsbedarf sieht. „Es gibt jetzt noch ein paar offene Fragen, und die werden geklärt werden müssen“, sagte der SPD-Politiker bei RTL/n-tv. Dazu würden sicherlich auch das Ministerium und die Ministerin selbst ihren Beitrag leisten. Rücktrittsforderungen wies Roth zurück: „Wenn sich jemand regelkonform verhält, dann ist das kein Grund für einen Rücktritt.“ Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, nahm Lambrecht in Schutz. Die Ministerin mache ihren Job „sehr engagiert, ernsthaft und durchsetzungsstark“. Es gebe größere Themen, über die man sich aufregen könne, sagte sie.

Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Florian Hahn (CSU), forderte von Lambrecht mehr Fingerspitzengefühl. „Gerade in so einer Situation, wie im Moment, wo Krieg herrscht in Europa, muss man ein besonderes Feingefühl an den Tag legen. Und da sind Bilder wirklich unpassend, wo Familienmitglieder in Diensthelikoptern in den Urlaub, offensichtlich, mitfliegen“, sagte Hahn im Fernsehsender Welt. Der erste parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, warf Lambrecht in dem Sender vor, „dass sie ihrer Aufgabe und den damit verbundenen Herausforderungen in dieser Situation nicht gewachsen ist“. Das sehe man an vielen Stellen. „Sie leistet nicht das, was man von einer Verteidigungsministerin an dieser Stelle erwarten muss“, sagte Frei. Eine Regierung müsse sich bestmöglich aufstellen. „Das ist sie an dieser Stelle nicht. Und daraus muss jetzt der Bundeskanzler die richtigen Rückschlüsse ziehen.“

Mitflug soll regelkonform beantragt worden sein

Das Verteidigungsministerium hatte darauf verwiesen, dass Lambrecht den Mitflug regelkonform beantragt und die Kosten voll übernommen habe. Formal wurde die Kostenübernahme vor dem Flug zunächst „angezeigt“, dann eine Kostenabrechnung erstellt. Abhängig vom sogenannten Bundesinteresse an einer Mitreise werden gestaffelte Beträge fällig. In diesem Fall steht die Zahlung von 100 Prozent eines Linienfluges im Raum, wobei ein vergleichbarer Flug auf dem freien Markt kaum zu buchen ist. Allerdings sind dem Bund auch keine zusätzlichen Kosten entstanden.

Der Besuch der Ministerin in Schleswig-Holstein galt dem Bataillon Elektronische Kampfführung 911 der Bundeswehr, der für Militär und Institutionen des Bundes wichtige Erkenntnisse über Entwicklungen im Ukraine-Krieg gewinnt. Das Ministerium teilte dazu mit, es sei „ein Verband mit aktuell starker Einsatzbindung im Bezug zur Krise an der Nato-Ostflanke“. Lambrecht habe sich einen Eindruck aus erster Hand verschaffen wollen. „Der Verband liefert wesentliche Lageinformationen für die tägliche Arbeit des Ministeriums und der Ministerin - daher war ihr der dortige Besuch und der persönliche Austausch so wichtig“, sagte der Sprecher.

Die Ministerin wurde im ZDF auch auf einen Bericht der Tageszeitung „Welt“ angesprochen, wonach auf eine Anfrage zu dem Thema hin ein inoffizieller Hinweis erfolgt sei, dass Lambrecht sich rechtliche Schritte gegen eine mögliche Berichterstattung vorbehalte. Dazu sagte Lambrecht, sie selbst habe mit der „Welt“ keinen Kontakt gehabt. „Also, ich behalte mir bei allen Äußerungen, die über mich oder meine Familie getroffen werden, vor, entsprechend dann auch darauf zu reagieren, wenn es zu falschen Tatsachenbehauptungen kommt.“