Der stolze Bulle mit prächtigen Hörnern steht nicht nur für Manneskraft, sondern auch für irres Lachen. Christoph Sonntag hat den Kleinkunstpreis Der Goldene Bulle von Ulm „heim“ nach Stuttgart geholt. Die Premiere wird zum Duell der Publikumslieblinge.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Solange es noch jung, männlich und zeugungsfähig ist, muss das Rindvieh für allerlei herhalten: Der Bulle ist auf der Wall Street zum weltweiten Symbol für Aufschwung und steigende Kurse an der Börse geworden. Weil US-Präsident Donald Trump ein „Zollpfosten“ ist, wie am Montagabend das Publikum im ausverkauften Event Center der Sparda-Welt erfährt, ist die Potenz des Wirtschaftsbullen in akuter Gefahr.

 

Die zweite Bedeutung des Bullen zielt auf die Ordnungsmacht: Umgangssprachlich werden Polizeibeamte als solche beleidigt. Und nun lernt Stuttgart, dass es noch eine dritte Erklärung für den Bullen gibt: Wenn das männliche Hausrind aus Gold beschaffen ist, könnte es sich dabei um preiswürdige Kleinkunst handeln.

Ein Meister der Sponsorengewinnung

Kabarettist Christoph Sonntag, ein Meister der Sponsorengewinnung, ruft neuerdings (zunächst bis Ende des Jahres) in Stuttgart den Publikumspreis mit dem Namen Der Goldene Bulle aus, unterstützt von zahlreichen Partnern und Geldgebern. Bisher war dieser Wettbewerb in Ulm zuhause – also in jener Stadt, aus dem die Brauerei Gold Ochsen kommt. Wir alle wissen: Wird der Bulle kastriert, wird er zum Ochsen.

Thomas Schreckenberger beim Wettbewerb um den Kleinkunstpreis Der Goldene Bulle. Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

Machen wir’s nun aber kurz: Der Wettstreit um den Goldenen Bullen ist ein Kampf von Spaßvogel gegen Spaßvogel, in Folge eins ist’s ein Kampf von Mann gegen Mann (Frauen fehlen auf der Bühne). Von nun an treten Monat für Monat jeweils zwei Kleinkünstler im Duell gegeneinander an, ob in der Sparda-Welt oder im Porsche-Zentrum auf dem Pragsattel. Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten präsentieren diesen Wettbewerb. Das Publikum vergibt Punkte – wer am meisten davon hat, darf Ende des Jahres ins Finale.

Beide sind viel zu gut für einen Nachwuchspreis

Die beiden Duellanten, denen die Premiere gehört, sind aus der Kategorie „Junge Nachwuchskünstler“ (diese sollen mit dem neuen Preis gefördert werden) längst herausgewachsen. Mago Masin versus Thomas Schreckenberger – das bedeutet: ein 44-jähriger Franke (andere Quellen besagen, er sei 55 Jahre alt) gegen einen 57-Jährigen Schwaben. Beide sind viel zu gut für einen Nachwuchspreis.

Aber wahrscheinlich setzt Christoph Sonntag ganz bewusst beim Stuttgart-Start der Bullenreiter auf zwei Meister ihres Fachs, auf zwei absolute Publikumslieblinge. Auf dass sich herumsprechen möge, wie gut das Programm beim Bullenaufgalopp ist, auf dass auch in den kommenden Monaten die Leute zum Lachen strömen. Dazu gibt die Showband (Berti Kiolbassa am Klavier mit Sänger Cherry Gehring) von der ersten Minute an so richtig Gas – und schon wollen alle Spaß!

Kandidat eins Mago Masin trägt seine Dreadlocks bis auf die Schulter runter. Immer wieder werde er gefragt, ob man so eine Rasta-Mähne waschen könne, plaudert er. Ja, so lautet die Antwort, aber er mache es nicht. Mit skurrilen Gedanken verblüfft er sein Publikum, aus dem er schon mal Mitspieler rausfischt, die sich plötzlich in einem Zugabteil wiederfinden, knutschen sollen. Merke: Der Schaffner kontrolliert bei knutschenden Fahrgästen die fehlenden Tickets nicht.

Erst wird ein Fass angestochen – Christoph Sonntag macht es diesmal selbst. anges Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

Was der Franke vollführt, ist eine völlig neue Art des musikalischen Stand-ups, pendelt irre zwischen Nonsense und einer Liebeserklärung an das Leben. Von der Ü-70-Party erzählt er, bei der auf dem Klo statt mit Koks mit Viagra gedealt wird. Spätestens bei seinem Song Hepatitis ABCDEF... hat The Rasta-Man aus Bayern alle gewonnen.

Woran erkennt man einen Schwaben?

Beim Wortduell deluxe tritt nach der Essenspause (im Eintrittspreis inbegriffen: ein Vesper und Getränke) der Kabarettist Thomas Schreckenberger an, Kandidat zwei. Auch der gebürtige Stuttgarter ist ein altes Zirkuspferd, das genau weiß, was zündet. Wie man den Schwaben erkennt? Seine Erklärung ist ganz einfach: Alles, was sich bewegt, wird vom Schwaben begrüßt. Alles, was sich nicht bewegt, wird geputzt.

Schreckenberger rühmt außerdem den Wanderweg beim Stuttgarter Hauptbahnhof. Als er kürzlich nach Hamburg fahren wollte und endlich die Gleise erreiche habe, habe er sich gesagt, den Rest nach Hamburg kannst du auch noch laufen. Ein weiterer Merksatz von ihm: „Wenn du denkst, es wird nicht blöder, kommt noch irgendwas von Markus Söder!“

Das Publikum bekommt Schnappatmung vor lauter Schlapplachen. Wer beim Duell gewonnen hat? Alle Besucherinnen und Besucher stimmen ab, werfen ihre Karten einen Topf. Doch niemand erfährt an diesem Abend das Ergebnis. „Fortsetzung folgt“ lautet das Geschäftsprinzip. Der Cliffhanger ist halt auch so ein Bullentrick.