Dieser Sohn trat ein großes Erbe an: Sein Vater hatte „Der Herr der Ringe“ geschrieben. Christopher Tolkien gab viele Schriften zum Fantasy-Reich Mittelerde heraus – und mochte Peter Jacksons Filme gar nicht.

Stuttgart - Als Hüter des Werks von Mutter oder Vater fühlt sich manches Künstlerkind in der Pflicht. Christopher Tolkien aber begriff sich als oberster Verteidiger, Pfleger und Erforscher einer erfundenen Welt und epochaler fiktiver Zeiträume: Sein Vater war der britische Autor, Sprachforscher und Mythenlaborant John Ronald Reuel Tolkien (1892-1973), der sich nicht nur die Romane „Der Hobbit“ und „Der Herr der Ringe“ ausgedacht hatte, sondern mehr Geschichten, Sagen, Sprachen und Überlieferungsfragmente, als in diese Bücher hineinpasste.

 

Wuchtige Materialienbände

Tolkiens Werk wurde eine der meistgelesenen literarischen Schöpfungen des 20. Jahrhunderts – und prägte die Existenz von Christopher, der am 15. Januar im Alter von 95 Jahren in seinem Wohnort Draguignan in Frankreich gestorben ist. Seit den 70er Jahren hatte Christopher Tolkien die vielen Aufzeichnungen, Entwürfe, Notizen, Kladden und Hintergrundschriften seines Vaters geordnet und wuchtige Materialienbände zur Fantasy-Welt Mittelerde vorgelegt, zu trocken für den Gelegenheitsleser, aber pures Manna für den großen inneren Kreis der Tolkien-Verzückten: das „Silmarillion“, die „Unfinished Tales“ und „The History of Middle Earth“.

Spät hat er süffigere Erzählungen daraus collagiert, „Die Kinder Húrins“ etwa, die wie alle Tolkien-Werke in Deutschland bei Klett-Cotta erschienen sind. Als aber Peter Jackson J. R. R. Tolkiens Werke Anfang des neuen Jahrtausends verfilmte, äußerte Christopher sein Missfallen an Ton und Stil – denn was für Jackson eine große Spielbude war, hatte für Christopher längst den Charakter einer Kirche angenommen.