Schlicht „Chuck“ ist es betitelt, das letzte Album der im März verstorbenen amerikanischen Rock’n’Roll-Legende Chuck Berry.

Kultur: Jan Ulrich Welke (juw)

Stuttgart - Leider klingt es ein wenig makaber, aber so ist es nun einmal: Für sein aktuelles Album hat sich Chuck Berry so viel Zeit gelassen, dass schließlich sogar sein eigener Tod dazwischenkam. Im März dieses Jahres starb der amerikanische Rock’n’Roll-Pionier im Alter von neunzig Jahren, an der Arbeit zu seinem jetzt posthum erschienenen letzten Werk hat er hingegen schon vor gut vierzig Jahren begonnen. Bereits in den Achtzigern entstanden die ersten der zehn tatsächlich bisher unveröffentlichten Songs, die nun vorliegen und von denen der Gitarrist acht selber geschrieben hat. Dass sie nicht schon vorher den Weg auf eines seiner Alben gefunden haben, liegt wiederum am Umstand, dass Berry seit 1979 überhaupt kein Album mehr veröffentlicht hat. Obwohl er bis ins hohe Alter sehr umtriebig blieb, mit 87 Jahren noch auf eine Europatour ging und regelmäßig in seinem Stammclub in St. Louis in die Saiten griff, war Studioarbeit eher nicht sein Ding.

 

Sehr treu ist er zeitlebens hingegen seinem Stil geblieben, weswegen von seinem letzten Werk auch nicht die Neuerfindung des musikalischen Rads zu erwarten war. Schön insofern, dass es nicht nur mit einigen Reminiszenzen an die guten alten Zeiten und sein eigenes Werk, sondern auch mit einer gewissen stilistischen Vielfältigkeit aufwarten kann.

Und so hören wir auf „Chuck“, mit 35 Minuten Spieldauer sehr knapp geraten, natürlich viel Rock’n’Roll der ganz alten Schule, aber auch einen sehr feinen Talking Blues („Dutchman“), eine originelle Annäherung an den Reggae („Jamaica Moon“) und in „Lady B. Goode“ Berry im Trio mit Sohn und Enkel über das altbekannte Motiv, das der Musiker 1955 (!) geschrieben hat. Überhaupt ist „Chuck“ eine Familienaffäre. Der Meistermusiker hat alle Stücke noch selbst eingespielt und bis 2014 daran gefeilt, abschließend aufbereitet hat das Ganze sein Sohn, und gewidmet hat Chuck Berry das Werk seiner Frau Themetta, mit der er – recht außergewöhnlich für das Rock’n’Roll-Geschäft – 68 Jahre lang verheiratet war. Auch in dieser Hinsicht war er ein Ausnahmekünstler.