Beim spanischsprachigen Filmfestival Cinelatino gibt’s haufenweise Filme aus Lateinamerika und Spanien und jede Menge Gäste. Welche Highlights man nicht verpassen sollte, lesen Sie hier.

Kultur: Kathrin Waldow (kaw)

Stuttgart - Fans des spanischsprachigen Films kommen im April wieder voll auf ihre Kosten. In vier Städten in Baden-Württemberg fährt das Filmfestival Cinelatino jede Menge aktuelle Streifen aus Spanien und Lateinamerika auf. Schon der preisgekrönte Eröffnungsfilm „El abrazo de la serpiente“ (Der Schamane und die Schlange) ist ein Knaller und macht Lust auf mehr. Der packende Spielfilm aus Kolumbien, Venezuela und Argentinien beruht auf der Geschichte des Wissenschaftlers Theodor Koch-Grünberg, der von 1914 bis 1924 das Stuttgarter Lindenmuseum leitete. Er war im Amazonas auf der Suche nach einer heiligen Pflanze und musste sich bei den Eingeborenen bewähren.

 

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El Abrazo de la Serpiente from trigon-film on Vimeo.

Der Abschlussfilm „El acompañante“ (Der Begleiter) kommt unter anderem aus Kuba und zeigt die Geschichte eines ehemaligen kubanischen Box-Champions, der dem Insassen eines Sanatoriums für HIV-Infizierte zur Seite gestellt wurde.

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Zwischendrin: der Länderschwerpunkt Mexiko und jede Menge Dokus, Kurzfilme und Spielfilme aus Spanien, Argentinien, Brasilien, Costa Rica, Guatemala, Kolumbien, Perú, Chile, Kuba und Mexiko. Und ein extra Schmankerl lockt nach Stuttgart – wie soll man sich da entscheiden?

Wir haben uns ein paar Tipps und Infos von Festivalleiter Paulo Roberto de Carvalho geholt.

Welchen Film würden sie einem nicht ganz so lateinamerika-affinen Gast empfehlen?
Ich würde ihm den Spielfilm von dem argentinischen Regie-Talent Santiago Mitre „La patota (Paulina)“ ans Herz legen - auch wenn der Film kein einfaches Thema behandelt. Eine Frau wird in Folge einer Vergewaltigung schwanger und trifft überraschende Entscheidungen. Der Film hat mehrere Preise bekommen, bietet viel Stoff zum Nachdenken und Diskutieren und hat englische Untertitel.

Hier der Trailer

LA PATOTA TRAILER OFICIAL from La Unión de los Ríos on Vimeo.

Was sollten Cinelatino-Liebhaber auf keinen Fall verpassen?
Federico Veiroj, ein wichtiger Regisseur aus Uruguay, hat einen tollen Film gemacht: „El apóstata (Der Abtrünnige)“. Es geht um einen jungen Mann, der aus der katholischen Kirche austreten möchte – was sich als sehr schwierig erweist. Der Katholizismus ist in Spanien und Uruguay immernoch ein wichtiges Thema. In „el apostata“ wird das Thema mit dem typischen, subtilen uruguayischen Humor verbunden. Sehr unterhaltsam.

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Ihr persönlicher Favorit?
Der Dokumentarfilm „Tempestad (Unwetter)“ aus unserem diesjährigen Länderschwerpunkt Mexiko. Es geht um das Leben von Menschen, die in die Hände von Drogenhändlern kommen. Auf einer Reise durch Mexiko mit beeindruckenden Bildern wird das ständig aktuelle Problemthema Mexikos anhand von persönlichen Geschichten erzählt, ohne den Blick für die Menschen dahinter zu verlieren. Das stürmische Wetter ist die metaphorische Komponente und unterstreicht, wie sehr das Drogenthema außer Kontrolle geraten ist. Mexiko hat einen Staat im Staat. Ein sehr gut gemachter Film von einer aufstrebenden Regisseurin.

Was hat den Spielfilm „El abrazo de la serpiente“ zum Eröffnungsfilm qualifiziert?
Das waren mehrere Gründe: Zum einen das visuelle Konzept des Films, der ganz in schwarz-weiss gedreht ist. Zum anderen das Thema, die verschiedenen zeitlichen Ebenen und Facetten des Films. Außerdem der lokale Bezug zu Tübingen und Stuttgart. Beruhend auf der Geschichte um den Wissenschaftler Theodor Koch-Grünberg, der sich im Dschungel auf die Suche nach einer heiligen Pflanze macht, geht es um die Wissensübertragung, um Sprache und Kommunikation. Es wird die Sprache der Indigenen im Amazonas gesprochen, Englisch, Deutsch und Spanisch. Ich finde, der Film ist ein gutes Beispiel für erste Zusammentreffen der Zivilisation auf einen ganz natürlichen Lebensraum und damit für das Anfang vom Ende. Er zeigt auch das Leiden der indigenen Stämme in Lateinamerika auf. Ich hoffe die Zuschauer werden sich der Schönheit und der Problematik des Films bewusst. Übrigens kommt der Film am 21. April in die deutschen Kinos, als Cinelatino wollten wir ihn gerne vorher zeigen.

Aus welchem lateinamerikanischen Land kann man ihrer Meinung nach in nächster Zeit filmisch viel erwarten?
Argentinien ist nach wie vor ein sehr reges Land, was Filmschaffende angeht und bringt sehr gute Regisseure hervor. Aus Peru kommen derzeit leider wenige, dafür qualitativ sehr hochwertige Filme. Anders als in Europa haben die Regierungswechsel in Lateinamerika sehr großen Einfluss auf die Förderungen im Kulturbereich. In Ecuador zum Beispiel gibt es viele Talente, dort stockt jedoch die Filmförderung.

Die Daten des Cinelatino

Tübingen:13. - 20. April 2016 im Kino Museum

Stuttgart: 14. - 20. April 2016 im Delphi Arthaus Kino

Freiburg: 13. - 20. April 2016 im Kommunalen Kino

Rottenburg: 16. - 20. April 2016 im Kino Waldhorn

Alle Infos zum Programm gibt’s hier.