Träume und Tücken: Der 20. Citylauf in Ludwigsburg hat es in sich. Und das nicht nur wegen der Hitze. Der Favorit Arne Gabius gewinnt zwar – macht dafür aber ungeplante Umwege.

Ludwigsburg: Susanne Mathes (mat)

Ludwigsburg - Irgendwann war Arne Gabius weg. Verschwunden aus dem Sichtfeld des vorausfahrenden Begleitwagens. Das Auto war von der Schorndorfer Straße in die Fasanenstraße abgebogen, der schnellste deutsche Marathonläufer in Begleitung eines Fahrrad-Begleiters geradeaus weitergesaust. „Fehlgeleitet“, wie Gabius später leicht angesäuert kommentierte. Bis er das Missgeschick bemerkte, umdrehen und die richtige Richtung einschlagen konnte, war sein Rhythmus weg und wertvolle Zeit verloren. Der Vorsatz, die zehn Kilometer unter 30 Minuten zu laufen, war futsch.

 

Den Lauf gewann der aus dem Höhentrainingslager in St. Moritz angereiste Athlet (Therapie Reha Bottwartal) in 30:50 Minuten trotzdem. Und er nahm’s sogar – gezwungenermaßen – mit Humor. „Es war immerhin ein schönes Bild, Marcel und die anderen zu sehen, wie sie mir entgegenrennen“, ulkte er. Marcel Fehr (SG Schorndorf), der Zweiter (31:14 min.) wurde, war ganz froh über die unfreiwillige Schützenhilfe. „Ich war dankbar, dass Arne mir die Strecke gezeigt hat“, kommentierte er. „Ich glaube, sonst wäre ich auch nicht abgebogen.“ Platz drei räumte ein Mann mit Ortskenntnis ab: Lokalmatador Yassin Osman (LAZ Ludwigsburg, 33:06 min).

Für die kranke Lehrerin am Start

Die Lokalmatadoren waren allein angesichts ihrer schieren Vielzahl die Würze des Jubiläums-Citylaufs. Ganze Hundertschaften motivierter Firmenläufer waren zum Beispiel in orangefarbenen W&W- oder grünen Mann+Hummel-Trikots am Start, viele Unternehmens-Teams traten als Staffeln an. Auch Massen von Schülern zeigten Flagge. Die Grundschule Pflugfelden, die es geschafft hatte, 61 Prozent ihrer Schüler zum City-Lauf zu motivieren, heimste dafür einen Preis ein. „Das hat bei uns Tradition“, erklärte Rektorin Barbara Schüßler. „Sport ist uns sehr wichtig.“

Auch den Fünftklässlerinnen des Asperger Friedrich-List-Gymnasiums war etwas enorm wichtig. Sie starteten für ihre kranke Lehrerin und taten dies auf Trikots kund, die eigens mit entsprechendem Aufdruck versehen waren. „Sie wollte mit uns herkommen, aber jetzt kann sie nicht dabei sein. Deshalb laufen wir für sie“, erzählten die Mädchen. Dabei war gerade bei den Kinder- und Schülerläufen die Hitze noch massiv. Da konnte Bürgermeister Konrad Seigfried leichten Herzens erklären, ihm gehe es gut. „Aber ich bin ja heute auch noch nicht gelaufen“, sagte er. Die Hitze tat den Ambitionen aber keinen Abbruch. Die elfjährige Ogechi Nathan vom Otto-Hahn-Gymnasium, Schnellste bei den U-14-Mädchen, musste sich auf ihrer 1850-Meter-Distanz regelrecht durchkämpfen: „Am Anfang bin ich gar nicht durchgekommen und oft geschubst worden.“ Trotzdem flitzte sie in 6:42 Minuten ins Ziel.

Sabrina Mockenhaupt stapelt tief

Mehr als 3600 Rennbegeisterte aller Altersklassen schafften den Zieleinlauf. Der Rathausplatz, auf dem sich die Läufer vor und nach dem Rennen sammelten, quoll zeitweise fast über. Auch wer im Kulturzentrum seine Rucksäcke zur Aufbewahrung geben, sich umziehen oder auf die Toilette gehen wollte, musste Geduld mitbringen. Bei manchem Kleiderwechsel im Untergeschoss sahen ehrwürdige Literaten wie Eduard Mörike und Justinus Kerner aus ihren Vitrinen zu. Roy Fischer und das Veranstalter-Team von „Tempomacher“ war dennoch zufrieden mit der Wahl des Platzes, auf dem auch die Prämierungen und ein Rockkonzert über die Bühne gingen. Zufrieden waren sie auch damit, dass sie viele Stars der Laufszene – auch Dieter Baumann ging an den Start – nach Ludwigsburg hatten locken können.

Dass Sabrina Mockenhaupt vom begeisterten Moderator Achim Seiter konsequent mit „Mockiiiiiii, yeah!“ tituliert, Anna Hahners Frauen-Rekord von 33:41 Minuten nicht toppen würde, schwante der 45-fachen deutschen Meisterin (LT Haspa Marathon Hamburg) schon früh. Das Wetter und das Streckenprofil machten ihr zu schaffen. „Ich bin eingegangen wie ’ne Primel“, so ihr Befund. Das war natürlich tiefgestapelt: Sie hatte mit 33:43 Minuten bei den Frauen nicht nur die Nase vorn, sondern ließ auch die Rekordhalterin hinter sich – um ihr nach dem Lauf in den Armen zu liegen und ein beherztes „Scheiß’ auf den Streckenrekord!“ zu rufen. Hahner (Run2Sky) brauchte 35:26 Minuten, Isabel Leibfried (Therapie Reha Bottwartal) 36:23 Minuten. Am wenigsten anstrengend war der Hauptlauf für das Rote Kreuz: Es begleitete die Rennenden als Radstaffel.