Das Gebäudeenergiegesetz gleicht einer heißen Kartoffel, die man sich innerhalb der Koalition skeptisch und bange weiterreicht.

Berlin: Tobias Heimbach (toh)

Es ist zum zentralen Zankapfel der Koalition geworden: Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) beschäftigt die Ampel seit Wochen – und ein Ende des Streits ist nicht abzusehen. Laut dem vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf soll von 2024 an möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Das bedeutet faktisch ein Verbot, neue Öl- und Gasheizungen zu installieren. Doch innerhalb der Koalition gibt es viel Kritik an dem Vorhaben. Nun scheint der Zeitplan für das Gesetz zu wackeln.

 

Was sind derzeit die inhaltlichen Knackpunkte?

Davon gibt es eine ganze Reihe. Ungeklärt ist etwa, wie genau die Förderung aussehen soll. Im bisherigen Entwurf kann jeder unabhängig vom Einkommen Geld vom Staat bekommen, wenn er sich eine klimafreundliche Heizung einbauen lässt. SPD und Grüne fordern jedoch eine stärkere soziale Staffelung. Ähnlich äußerte sich auch Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Er sagte dieser Redaktion: „Damit alle an diesem ökologischen Fortschritt teilhaben können, ist eine zielgerichtete Förderung nach Einkommen und Vermögen nötig. Wer wenig Geld hat, muss damit rechnen können, dass die Mehrkosten übernommen werden.“

Schneider betonte auch, dass Mieter davor geschützt werden müssten, dass die Umbaukosten auf sie umgelegt werden. „Deshalb braucht es endlich eine grundlegende Reform der Modernisierungsumlage“, sagte er. Er drängt zudem auf eine schnelle Einigung: „Wir fordern von allen Ampel-Parteien, dass sie den verunsichernden Streit in der Koalition beenden und zügig ein sozial abgefedertes Heizungsgesetz beschließen.“

Die FDP pocht auf ihrer Position der „Technologieoffenheit“, also dass etwa Heizungen auch mit Wasserstoff betrieben werden können. Die SPD kritisierte zuletzt ebenfalls, dass das Gesetz de facto eine zu starke Fokussierung auf die Wärmepumpe bedeute.

Wie verläuft der politische Streit innerhalb der Ampel?

Innerhalb der Koalitionäre kritisiert man sich mit scharfen Tönen. „Dieses Gesetz hat enorme Defizite“, sagte etwa FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai am Montag. „Hier brauchen wir im Prinzip ein neues Gesetz“, sagte er.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich warf in der ARD den Liberalen vor, das Gesetz zu verzögern: „Das bedauere ich und das nervt mich auch.“ Die 100 Fragen, die man von Seiten der FDP zum Gesetz hatte, wurden bisher noch nicht vorgelegt, berichten Vertreter der beiden anderen Parteien. Erkundige man sich bei der FDP nach ihrem angekündigten Fragenkatalog, so bekäme man jedoch keine Antwort.

Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckhardt forderte, dass sich Kanzler Olaf Scholz (SPD) stärker in die Debatte einmischen solle. Im Klartext wünscht sie sich eine Parteinahme für die Grünen, um den Druck auf die FDP zu erhöhen. Dass Scholz das tut, deutet sich derzeit allerdings nicht an.

Kann die Ampel ihren Zeitplan halten?

Eigentlich sollte das GEG in dieser Woche vom Bundestag in erster Lesung verabschiedet werden. Damit würde der formale parlamentarische Prozess beginnen, etwa mit Expertenanhörungen. Ob es dazu kommt, entscheidet sich am Dienstag ab 11.30 Uhr, wenn die parlamentarischen Geschäftsführer der Koalition über die Sitzungswoche beraten.

Am Montag rechneten Vertreter von Grünen und SPD jedoch damit, dass die Liberalen die erste Lesung blockieren. Dem jedoch widerspricht, was FDP- Generalsekretär Djir-Sarai zum Thema äußerte: „Aus meiner Sicht ist es jetzt vor allem die Stunde des Parlaments, des Deutsche Bundestags.“ Dort solle das Gesetz weiter beraten werden.

SPD und Grüne verweisen auf die Zusagen der FDP aus dem Koalitionsausschuss. Im Ergebnispapier hieß es damals, der Gesetzentwurf zum GEG werde „von der Bundesregierung im April im Kabinett auf den Weg gebracht, um das Gesetz vor der Sommerpause im Bundestag zu beschließen.“ Zum letzten Mal vor der Sommerpause tagen Bundestag und Bundesrat nach derzeitiger Planung am 7. Juli.

Dass die Entlassung von Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen eine weitere Verzögerung rechtfertige, wie von den Liberalen zu hören war, wiesen die beiden anderen Koalitionspartner zurück. Am Montag verkündete das Bundeswirtschaftsministerium, dass mit Philipp Nimmermann, einem grünen Staatssekretär aus Hessen, ein Nachfolger gefunden worden sei.

Sollte sich der Gesetzgebungsprozess verzögern, droht dem Gesetz selbst ein verspäteter Start. Laut bisherigem Plan soll es ab 1. Januar 2024 gelten. Doch je später das Gesetz verabschiedet wird, desto fraglicher wird, ob der Starttermin gehalten wird.