Die Innenstadtredaktion hat sich Ferro C. Ceylan zeigen lassen, wie man Drinks richtig mixt. Im Video-Interview gibt der Bartender von „Le petit coq“ außerdem allen Cocktailfreunden essenzielle Tipps für ihren nächsten Barbesuch.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

Woher der Cocktail seinen Namen hat, das ist bis heute nicht geklärt. Zahlreiche Anekdoten sind überliefert. Ferro Ceylan erzählt seinen Gästen am liebsten die von den Hahnenkämpfen (Cocktail heißt Hahnenschwanz) in den amerikanischen Südstaaten. Nach beendetem Kampf hatte der Besitzer des Siegers wohl das Recht, dem getöteten Hahn die bunten Schwanzfedern auszureißen. Beim anschließenden Umtrunk sei diese Trophäe mit einem Drink „on the Cock’s tail“ begossen worden, erzählt Ceylan. Unabhängig davon, ob diese Geschichte nun stimmt, nannte er seine Bar in der Hauptstätter Straße 59 Le petit coq, Der kleine Hahn.

 

Ceylan ist die Tradition wichtig. Er will nicht einfach auf Trends aufspringen. Schon bei der Einrichtung hat er sich am Stil traditioneller amerikanischer Bars orientiert, welche seinerzeit der gesellschaftlich Treffpunkt schlechthin waren.

Ein Barkeeper ist eine Art Koch

Im Le petit coq dominiert dunkles Holz, es gibt eine weiche Sitzbank und kleine Stehtischchen. Insgesamt verfügt die Bar nur über 30 Sitzplätze, arg viel mehr Gäste möchte Ceylan pro Abend nicht gleichzeitig verköstigen. „Die Leute sollen sich bei uns unterhalten und ihre Drinks genießen können“, sagt Ceylan, während er zum Einstieg des Abends seine selbstgemachte Lavendel-Feigen-Limonade reicht. Das sei das alkoholfreie „Renner-Getränk“, sagt er.

Ceylans Anspruch ist hoch. Whisky-Cola oder vermeintliche Trend-Cocktails wie Aperol Sprizz und Hugo finden sich auf seiner Karte nicht. „Man geht ja auch nicht in ein Sternerestaurant und bestellt Chicken Wings mit Pommes“, sagt er. Seinen Job als Barkeeper vergleicht er mit dem eines Koches. „Bei einem guten Koch schmeckt man die Zutaten aus seinen Gerichten“, sagt Ceylan. Ein guter Koch ertränke sein Essen nicht einfach in Sahne. So soll das in seinen Drinks auch sein. Bei ihm reifen Cocktails in Fässern, Bitters sind aus der Eigenproduktion, auch Sirups und Liköre setzt er selbst an. Das schlägt sich natürlich auch preislich nieder. Seine Drinks kosten ab 9,50 Euro aufwärts.

So richtig neu ist das jedoch nicht. Wie Ceylan einräumt, sind gute Bars schon länger zur klassischen Cocktail-Tradition zurückgekehrt. Gepanschte Sahne-Drinks oder der Discoklassiker Wodka-Bull seien allenfalls noch in ländlichen Gefilden angesagt. Schon seit drei Jahren beobachte er den „Back-to-the-Roots-Trend“, wie er es nennt, auch in Stuttgart. Mehrere Bars in der Stadt seien inzwischen zu den Anfängen der Cocktailkultur im frühen 19. Jahrhundert zurückgekehrt und haben wieder den klassischen Manhattan aus amerikanischem Whisky und rotem Wermut, den Negroni, oder einen Whisky Sour auf der Karte. So hat das benachbarte Cibo Mato natürlich mehrere Variationen des Manhattan oder den Contessa Negroni im Programm.

Das Gold der Bar

Negroni-Variationen haben inzwischen auch Tattis Bar im Fluxus sowie das Café Condessa am Marienplatz. „Vor dem Jahr 2008 gab es in kaum einer gescheiten Bar einen Negroni“, erzählt Ceylan. Damit kennt er sich nämlich besonders gut aus. „Das ist mein Drink.“ Er selbst mixe ihn aber nicht traditionell mit Gin, sondern vielmehr mit Roggen-Whisky.

Die eigene Bar ist seit 14 Jahren ein Traum von Ceylan. Dennoch schloss der 34-Jährige nach dem Abitur erst eine Lehre als Industriekaufmann ab. Seit vielen Jahren ist er nun in der Gastronomie unterwegs, war in Barcelona, auf der Aida und als Bar Supervisor in dem Restaurant Brenner an der Münchner Maximilianstraße.

Wo er ist, will er seinen Job richtig machen, ja gar die „Bar revolutionieren“, wie er sagt. Und: die Welt weg von den Sahne-Drinks bringen. Und: auf gar kein Fall in Massenproduktion verfallen. Das muss sich ein Barbesitzer natürlich erst einmal leisten können, vor allem mit nur 30 Sitzplätzen. Ceylan will mit seinem ungeheuren Fachwissen („Das Eis ist das Gold der Bar“), hochwertigen Produkten und qualifizierten Mitarbeitern überzeugen. „Bei mir arbeiten nur ausgebildete Bartender“, sagt er. Hinter der Theke steht neben Ferro Ceylan selbst auch Jonas Hald. Der ehemalige Co-Barchef der Schwarz-und-Weiß-Bar ist ebenfalls ein Kenner guter Barkultur. Mit dessen ehemaliger Wirkungsstätte, dem neuen Paul und George sowie den Klassikern – Fou Fou Bar und die Bar an der Augustenstraße – haben die beiden allerdings auch keine schlechte Konkurrenz.

Fünf Cocktails im Test mit Anleitung

Der Manhattan gehört zu den Klassikern unter den Aperitifs. Er soll für einen Empfang erdacht worden sein, den 1874 die Mutter von Winston Churchill gab. Der Drink wird nicht im Shaker zubereitet – als einziger der hier vorgestellten –, sondern im Rührglas. Das Glas wird mit Eis gefüllt. Darauf kommen 5 cl Roggen-Whisky, 2,5 cl Wermut, ein paar Spritzer Angostura-Bitter. Danach wird der Drink kräftig, aber nicht zu lang gerührt – sonst verwässert er. Dabei wird nicht die Flüssigkeit gerührt, sondern man setzt mit dem Rührlöffel am Eis im Glas an und bringt es so in Bewegung. Danach wird der Drink durch ein Sieb ins Cocktailglas geschüttet. Dort wird er mit ätherischen Ölen verfeinert, die sich leicht aus einer Scheibe Orangenschale pressen lassen. Wer es kräftig und würzig im Geschmack mag, liegt richtig.

Auch der Continental Sour gehört zu den Cocktail-Klassikern. Er soll Ende des 19. Jahrhunderts einer der beliebtesten Drinks in den Lokalen der Staaten gewesen sein. Der Sour macht auch heute noch Spaß: beim Zubereiten, beim Anschauen und natürlich beim Genießen. 5cl Bourbon, 3cl Zitronensaft (am besten frisch gepresst) und 2 cl Zuckersirup kommen in den Shaker. Dann muss man das Eiweiß von einem (Bio-)Ei abtrennen und ebenfalls in den Shaker geben. Der wird dann bis zum Rand mit Eiswürfeln gefüllt und kräftig geschüttelt. Dadurch wird das Eiweiß schön schaumig. Der Cocktail wird dann in ein vorgekühltes Glas mit Eis abgeseiht. Obendrauf kommt ein Schuss alter Portwein, der den Cocktail ansehnlich macht und eine zusätzliche besondere Geschmacksnuance gibt.

Der Gin Basil Smash ist ein junger Drink. Erfunden hat ihn der Hamburger Barkeeper Jörg Meyer 2008. Innerhalb eines Jahres verbreitete sich das Rezept weltweit. Fünf Blätter Basilikum werden im Shaker in 5 cl Gin zerstoßen, 3 cl Zitrone und 2 cl Zuckersirup hinzugegeben, das Gemisch mit reichlich Eiswürfeln kräftig geschüttelt und durchgesiebt. Serviert wird der Gin Basil Smash mit einem großen Eiswürfel im Glas und einem Basilikumstängel als Dekoration. Er schmeckt frisch, ein idealer Drink für den Sommer.

Wer in einer Bar ein alkoholfreies Getränk verlangt, wird mit der Wahl zwischen blubbernd, pappsüß und fade gequält. Ceylans Blackberry Lemonade ist da ganz anders. Mit ein bisschen Obst, Zucker, Eis und Limonade hat er ein felsenfestes Vorurteil niedergerungen. Fünf bis sechs Brombeeren, 3 cl Zitronensaft, 1 cl Zuckersirup, Basilikumblätter und eine Schaufel Eis in den Shaker geben, gut schütteln. Den Inhalt durch ein Sieb filtern und das Ganze in ein Glas mit gecrushtem Eis gießen, mit Grapefruitlimonade auffüllen und einem Büschel Basilikumblätter dekorieren. Brombeere und Basilikum gehen schon olfaktorisch eine betörende Liaison ein. Die geschmackliche Intensität wäre kaum auszuhalten, würde sie nicht von der Zitronensäure zurückgepfiffen und mit Limo aufgemischt.

Der Old Cuban wurde 2002 in New York von Audrey Anders kreiert. Erfahrene Barkeeper sagen, vom Old Cuban wird selten nur einer bestellt. Ceylan verwendet für sein Rezept 5 cl Rum, etwas Minze (nur in den Händen leicht zusammenklatschen), 3 cl Zitronensaft, 1,25 cl Zuckersirup sowie 5 Tropfen Angostura-Bitter. Wie immer wird kräftig geschüttelt und der Drink ins vorgekühlte Glas gefüllt. Dann erst kommt der Champagner dazu. Die Mischung ist harmonisch, wer Champagner nicht ganz so gut verträgt, bekommt von Ferro Ceylan gleich ein Extra-Wasserglas mit einigen Tropfen Angostura-Bitter. Für den Magen.

Ferro Ceylan vom Le Petit Coq im Interview