„Der Endgegner“ heißt das aktuelle Programm von Oliver Polak martialisch. Im Theaterhaus hat sich der 42-Jährige Grobsatiriker denn auch ruppig gezeigt. „Fette Sau“ muss man sich von ihm schon mal nennen lassen.

Stuttgart - Zuletzt stand Oliver Polak in den Schlagzeilen wegen eines schlechten Sketches aus dem Jahre 2010: Die Satiriker Serdar Somuncu, Jan Böhmermann und Klaas Heufer-Umlauf jagen ihn von der Bühne, weil er Jude ist. Die Komikerkollegen werfen ihm vor, mit dieser alten Geschichte lediglich mediale Aufmerksamkeit gewinnen zu wollen. Es sei damals alles abgesprochen gewesen. Laut Polak stimmt das so nicht. Im Interview möchte er sich dazu aber partout nicht äußern. Das stehe ja alles in seinem Buch. Doch er schreibt nicht nur Bücher, sondern auch Comedy-Programme. „Der Endgegner“ heißt das aktuelle, mit dem der 42-Jährige am Montag im Theaterhaus aufgetreten ist.

 

Eine fette Sau

Beim Bühnengang in Jogginghose und schwarzem Shirt flankieren ihn Luftschlangen, Kunstnebel und Scheinwerfer. Danach reduziert er die Show aber aufs Minimum: auf sich und sein Mikro.

Mit letzterem im Anschlag patrouilliert er vor der ersten Reihe und sondiert sein Publikum. Als ihn ein Fan aus der ersten Reihe fragt, ob Polak schwanger sei, kommt die Replik: „Nein, und außerdem bist du auch ‘ne fette Sau.“ Polak ist dafür bekannt, kein Tabu zu kennen. Beim Blick in die Ränge konstatiert er: „Ah, es sind auch ältere Menschen hier. Sie wissen schon, dass das keine Lesung über den Holocaust wird?“ Hoffentlich.

Worüber man sich aufregen sollte

Denn während sich der Autor und Sohn eines Holocaust-Überlebenden in Werken wie „Der jüdische Patient“ und „Gegen Judenhass“ durchaus ernsthaft mit Depressionen und Antisemitismus auseinandersetzt, reißt er bei seinen Stand-up-Shows hauptsächlich derbe Witze, die er meist mit den Worten „und ähm“ aneinanderkettet. Ein durchschnittlicher Gag klingt so: „Daniel Küblböck war der einzige bei DSDS, der den Absprung wirklich geschafft hat.“

Im Interview erklärt Polak: „Mir wird häufig vorgeworfen, meine Witze seien geschmacklos. Dabei halte ich die Welt da draußen für viel extremer als meine Comedy.“ Beispielsweise stoßen sich manche Christen an Sprüchen wie diesen: „Ich finde, dass man pädophile Straftäter kennzeichnen sollte: Kreuz an der Kette, Priestergewand.“ Er hingegen stößt sich an der Realität: „Bei den Regensburger Domspatzen gab es 550 bewiesene Missbrauchsfälle, aber die Leute regen sich über meine Witze auf. Die sollen den Komiker in Ruhe lassen und die Verantwortlichen kritisieren oder aus der katholischen Kirche austreten. Regt euch doch nicht über den Witz auf, sondern darüber, dass Kinder vergewaltigt werden!“

Mit dem Holzhammer

Recht hat der gebürtige Papenburger sicher damit, dass die Aggression dem Missstand gelten sollte und nicht dem Menschen, der ihn thematisiert. Das Problem seines Auftritts ist jedoch ein anderes: Derlei Zoten, wie Polak sie durchgehend präsentiert, verlieren ihre Wirkung, wenn man sie eine Stunde lang am Stück hört.

Irritierend auch, dass er in den letzten drei Minuten nicht nur singt und zaubert, sondern plötzlich sehr ernsthaft darüber spricht, wie der konsumwütige Westen den Entwicklungsländern Leid zufügt. Wir seien alle Terroristen, weil wir „die Klamotten aus Bangladesch kaufen und das Trinkwasser von Nestlé.“ Ein mit dem Holzhammer ins Programm gedroschener Kontrapunkt, der das Vorherige nicht aufwiegen kann und letztlich nur den Titel rechtfertigt: „Wir Menschen sind der Endgegner von uns Menschen.“ Das wussten allerdings auch schon Plautus und Thomas Hobbes.