Im Netz sind Pornos jederzeit verfügbar. Genau dies wird für viele zum Problem. Boris Rosenberger spielt den Off-Broadway-Dauerbrenner „Pornosüchtig“ jetzt in Stuttgart. Wir sprachen mit ihm über Lust und Frust der männlichen Sexualität.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - So schnell zieht er die Taschentücher aus der Box und lässt sie durch die Luft segeln, dass man glauben könnte, hier gehe es um einen Rekordversuch. Rasant steigt nun der Tempo-Verbrauch bei Boris Rosenberger an – ganz ohne Erkältung.

 

Der 46-Jährige spielt den Pornokonsumenten in einem schlüpfrigen, oft schreiend komischen Stück, das seit 15 Jahren als Off-Broadway-Hit für volle Vorstellungen sorgt und gerade dabei ist, seinen Siegeszug – ähnlich wie einst „Caveman“ – in immer mehr deutschen Städten fortzusetzen. In Stuttgart feiert die One-Man-Comedy-Show „Pornosüchtig“ – nach Hamburg und Berlin – Premiere am 16. Februar in der Rosenau.

„Nehmen wir das Schwein aus dem Spiel“

Pornos und jede Menge Taschentücher. Viel mehr braucht man nicht, um sich über männliche Sexualität Gedanken zu machen. Optischen Schlüsselreizen sind Männer hilflos ausgeliefert. Die Evolution hat dem Mann eine so harte Triebunterwerfung auferlegt, dass Frauen zuweilen ausrufen: „Männer sind Schweine!“

Boris Rosenberger, der in Ruit auf den Fildern geboren ist und seit 1999 in zahlreichen Theater-, Film- und Werbeproduktionen mitwirkt, mag Schweinevergleiche nicht. „Dass Männer Schweine sind, würde ich nie sagen“, betont er er, „schon allein, weil Schweine selten bis gar nicht masturbieren.“ Seine Bitte: „Nehmen wir das Schwein aus dem Spiel. Dass ein Mann gern mal bei Kopulierenden zuschaut, das ist erwiesenermaßen seit der Jurazeit so.“

In dem Stück „Pornosüchtig“ findet ein pubertärer Bursche die Pornovideosammlung seines Vaters. Er schaut Filme wie „Ficki Maus“, „Bens Hure“ und „Alice im Ständerland“ – damit fängt das Elend an, das fürs Publikum zum Brüller wird, womöglich dank des Wiedererkennungseffekts. Angeblich konsumiert eine Dreiviertelmehrheit der Männer Pornos. Nur wenige reden darüber oder geben es zu. Rosenberger redet in seiner Bühnenrolle darüber. Zu seinem privaten Pornokonsum will er „selbstverständlich nichts sagen“ – dies gehe den Leuten „gar nix an“.

70 Prozent des Publikums sind Frauen

Den Erfolg von „Pornosüchtig“ erklärt er so: „An den bisherigen Spielorten sind 70 Prozent des Publikums Frauen. Die lachen sich tot.“ Die Stuttgarter Fassung, die im Februar und im März in der Rosenau aufgeführt wird, wurde leicht verändert. „An der Reeperbahn will man mehr auf die Kacke hauen als im Land der Kehrwoche“, sagt der 46-Jährige, „wenn mir was zu deftig war, haben wir mit Übersetzer und Regisseur Pascal Ulli diskutiert, am Ende habe ich einen Begriff gefunden, der verdaulich und witzig ist.“

Hat die Comedy-Show eine Botschaft? Rosenberger: „Das Stück ist ein bisschen wie jemand sehr Attraktives mit strahlendem Gesicht, das dann und wann in Falten liegt, bekleidet in lustigem Gewand. Was heißen will, dass das Stück kritisch auf das Phänomen Pornografie schaut.“

Die Pornosüchtigen sind immer die anderen

Pornos, findet der Schauspieler, seien schlecht für die eigene sexuelle Entwicklung. „Das Frauenbild ist katastrophal“, klagt Rosenberger, „der Sex ist meist kalt, distanziert und das Körperbild ein einziger Lug, wenn man Zahlen von Durchschnittsgrößen und Längen vergleicht.“

Oh Mann, was machen der Trieb und die digitalen Möglichkeiten nur aus dem starken Geschlecht! So komisch ist das oft, dass man herzhaft lachen kann.

Pornografie ist eine kurz anhaltende Befriedigung und lässt viele leer zurück. Boris Rosenberger kann auf der Bühne also in die Vollen greifen. Die Pornosüchtigen sind sowieso immer die anderen.