Bülent Ceylan vergnügt sich und das Publikum in der Stuttgarter Schleyerhalle vor allem mit Späßen unterhalb der Gürtellinie. Doch erfolgreicher als der Comedian ist hierzulande allenfalls Mario Barth.

Stuttgart - Der Abend beginnt wie ein Rockkonzert. Die Bühnenscheinwerfer kreisen, „Salt Sweet Sugar“ von Jimmy Eat World dröhnt ohrenbetäubend aus den Boxen, Feuerfontänen schießen in die Luft. Dann entert Bülent Ceylan die Bühne. Der 36-jährige Mannheimer ist bekennender Metal-Fan. 2010 durfte er als erster Komiker überhaupt auf dem Metal-Festival Summer Breeze auftreten, und auch während seines zweieinhalbstündigen Programms an diesem Freitagabend macht er aus seiner Affinität zur Headbangerfraktion kein Hehl.

 

Ausverkauft ist die Stuttgarter Schleyerhalle, am nächsten Abend gleich nochmal, das sind insgesamt 24 000 Zuschauer. Rund zwölf Auftritte hat Ceylan mit seiner „Wilde Kreatürken“-Show im Monat, von Passau bis Flensburg füllt er die größten Hallen. Dass der Mann derart angesagt ist, dürfte vor allem an seiner Medienpräsenz liegen: auf RTL lief schon die dritte Staffel der Bülent Ceylan-Show, dazu kommen regelmäßige Gastauftritte bei Comedy-Kollegen. Ähnlich populär ist nur noch Zotenkönig Mario Barth.

Ziemlich abgegriffene Ethnoklischees

Eine halbe Stunde macht Bülent Ceylan Stand-up-Comedy mit dem Publikum, die allerdings ziemlich einstudiert wirkt. Für die Mehrzahl seiner Gags bedient er sich vorwiegend aus zwei Schubladen. In der ersten lagern ziemlich abgegriffene Ethnoklischees. Dazu zählt etwa die Beobachtung, dass die Schwaben an alle Wörter ein „le“ anhängen. Oder dass „Die Deutschen“ immer am liebsten große und billige Schnitzel essen. Aktuell sind dagegen Griechenwitze. „Sind Griechen da?“ fragt Ceylan in den Saal, worauf einige die Hände heben. „Habt ihr bezahlt?“. Das kommt ebenso gut an wie Ceylans Vorschlag, doch beim Griechen einmal die Speisekarte rauf und runter zu essen und die Rechnung dann mit einem „IHR habt Schulden bei uns!“ zu quittieren.

Sowas kann man derzeit gefahrlos erzählen. Heikler sind schon Witze über Türken und Albaner, bei denen sich der Halbtürke Ceylan aber auf seine Herkunft berufen kann. „Ihr dürft des net saga, ihr seid dann gleich Rassisten. Aber ich darf des, ich bin Kanack!“ Ceylans bekannteste Parodie ist die, bei der er in die Rolle des Halskettchenträgers Hasan schlüpft. Wenn er dann sein üppiges Haupthaar durch die Luft schleudert und eine Angeberschnute zieht, ist das schon witzig, wenngleich ihm textlich nichts wirklich Zündendes einfällt. Was die Kanak Sprak an humoristischem Potential bietet, haben vor einigen Jahren Erkan & Stefan wesentlich einfallreicher gezeigt, von Mundstuhls „Dragan & Alder“ ganz zu schweigen. Aber vielleicht folgt Bülent Ceylan, von dem man früher auch schon intelligentere Nummern gesehen hat, einfach dem Erfolgsrezept von Mario Barth: je platter, desto erfolgreicher.

Spaß machen ihm Witze über Körperausscheidungen

Ceylans zweite Gag-Schublade ist die mit Späßen unterhalb der Gürtellinie. Am meisten Spaß hat er, ähnlich wie Vierjährige, an Anspielungen auf Körperausscheidungen: Witze mit „Saichen“, respektive Urinieren, sind so etwas wie der Running Gag des Abends, und wenn Ceylan auf gespielt verdruckste Art über die männliche Unbill erzählt, mit einer, nun ja, Morgenlatte, Wasser lassen zu müssen, spürt man ein verschwörerisches Einvernehmen zwischen dem Comedian und seinem Publikum darüber, Erziehung und Erwachsensein, beziehungsweise -werden jetzt einfach mal beiseite zu lassen: „Scheißdruff!“

Neben Hasan schlüpft Ceylan noch in seine weiteren bereits altbekannten Rollen: die des Hausmeisters Mompfred mit seiner „Pumpewasserzong“, der allerdings auch schon bedeutend lustigere Szenen hatte, dazu gesellen sich noch Gündaa, der Yeti, und die blasierte Pelzhändlergattin Anneliese, die konsequent „Kongruenzen“ statt „Konsequenzen“ sagt und sich für „raffinieriert“ hält: „Männer regieren die Welt, aber Frauen haben auch manchmal ihre Tage.“

Das Publikum ist begeistert, und am Ende singt Bülent Ceylan, wie immer, ein Lied: diesmal aber kein Rocksong zum Headbangen, sondern eine ganz und gar unironische Ballade, bei deren Text Hartmut Englers Befindlichkeitslyrik gar nicht weit scheint: „Nur ein toter Fisch/schwimmt mit dem Strom / ich geh nach vorn / und nicht zurück.“ Dazu leuchten die Handys.