All seine Autojagden, Schießereien und Fallschirmsprünge sind nun beieinander. Mit dem dritten Band ist die deutsche Gesamtausgabe des französischen Abenteuercomics „Bruno Brazil“ abgeschlossen. So ganz ins erwachsene Heute schafft es der Jugendheld von einst mit seiner verwegenen Truppe Geheimoperateure aber nicht.

Stuttgart - Es kracht ganz ordentlich, als der Lastwagen den keineswegs zarten Sportflitzer rammt. „BA-AAANG“ steht da in fetten Lettern ins Bild geblockt, im Bruno-Brazil-Abenteuer „Die Nacht der Schakale“. Aber es sind nicht nur die lautmalerischen Spielereien, die uns die Illusion vermitteln, hier hätte sich tatsächlich Metall in Metall geschoben. Der Zeichner William Vance hat im Lauf dieser Serie um Brazils Agententruppe namens „Kommando Kaiman“ seine Technik fortlaufend verfeinert - und in den Geschichten in Band Zwei und Drei der damit komplett vorliegenden Gesamtausgabe schafft er es wirklich oft, mit Kinobildern gleichzuziehen. (Den Auftakt der Gesamtausgabe haben wir hier schon vorgestellt.)

 

Ja, Vance war ein großer Autoliebhaber, er hat viel Mühe in seine Bilder etwa des Ford Mustang 302 investiert. Er hat überlegt, wie er einerseits Geschwindigkeit darstellen kann, ohne andererseits durch allzu viele Bewegungsstriche der Zeichnung wieder etwas Karikaturenhaftes zu geben. Aber es sind eben nicht nur die Autos und sonstigen Maschinen, die hier Realismus, Dynamik, Sinnlichkeit bringen.

Wer nicht größer wird, wird kleiner

Wie Vance die Seiten anlegt, wie er Perspektiven nutzt, wie er seine Figuren staffelt – das betont die Grundaggression der Geschichten. Hier gibt es immer Gestalten, die plötzlich klein im Hintergrund, und andere, die groß im Vordergrund stehen, obwohl sie gerade intensiv aneinander gebunden sind – durch Gespräch, Beschimpfung, Kampf. Will heißen, die Figuren spiegeln wider, was auch Organisationen und Staaten hier erleben – dass man größer oder kleiner als der andere sein wird, dass man stets um Rang und Platz und Bedeutung rangelt.

Wer also Abenteuercomics ihrer Bilder wegen mag, der sollte zumindest diese späteren Bände der Bruno-Brazil-Ausgabe mal näher in Augenschein nehmen. Jene Krimileser aber, die zwar Agentengeschichten mit taffen Helden mögen, Comics als Medium aber tendenziell misstrauen, seien gewarnt.

Auch der Autor Greg zieht zwar die Schrauben an, erzählt ernster und brutaler – aber noch immer mit Dialogen zum Davonlaufen, mit dämlichen Sequenzen, in denen die Figuren einander erklären, was sie längst wissen, damit auch ja wir unaufmerksamen Leser nichts verpassen, und mit bizarren Zeitdehnungseffekten: etwas geschieht in Sekunden, wird aber von einer Sprechblase begleitet, in der sich eine veritable Vereinsfeiernrede breit macht. Bruno Brazil bleibt ein Geschöpf seiner Entstehungszeit, heute bekommen ihn nur noch die Kräfte der Nostalgie lebendig.

William Vance/Greg: „Bruno Brazil – Gesamtausgabe Band 2 und 3“. Aus dem Französischen von Klaus Strzyz, Heipe Weiß und Volker Hamann. Egmont Comic Collection, Köln 2014. Je rund 200 Seiten, jeder Band 29,99 Euro.