Felix Mertikat hat zwei große Leidenschaften: das Zeichnen und das Spielen. Beide hat er nun in seinem neuen Brettspiel „Tsukuyumi“ vereint, das im Frühjahr 2018 auf den Markt kommen soll.

Ludwigsburg - Auf dem Tisch liegen allerlei rautenförmige Spielkarten, darauf stehen kleine Kärtchen in Plastikständern. Die Figuren auf den Kärtchen heißen Boarlords oder Cybersamurai, es gibt Wale, Insekten und Menschen. Auf einer Karte ist ein umgefallener Flugzeugträger zu sehen. Daneben liegen einlaminierte Spielblätter. Was auf dem Tisch eines Studios in Ludwigsburg ausgebreitet liegt, ist der selbst gebastelte Prototyp des Spiels „Tsukuyumi“, das der 34 Jahre alte Felix Mertikat entwickelt hat. Fast drei Jahre lang hat der Filmakademie-Absolvent und gebürtige Esslinger an diesem Spiel gearbeitet, am Samstag, 29. September, soll es erstmals der Öffentlichkeit im Internet auf der Seite www.kickstarter.com vorgestellt werden. Dort möchte Mertikat mit Hilfe von Crowdfunding die notwendigen etwa 35 000 Euro zusammenbekommen, um 1000 Exemplare herstellen lassen zu können. Wenn alles gut läuft, soll das Spiel im Frühjahr 2018 auf den Markt kommen.

 

Der Erfinder will seine Spieler in eine andere Welt ziehen

„Tsukuyumi – Full Moon Down“ ist ein strategisches Spiel für Menschen ab 15 Jahren und für drei bis fünf Spieler gedacht. In einer halben Stunde kann ein Spiel zu Ende sein, allerdings kann man auch bis zu drei Stunden damit zubringen. Doch auch wenn die Zeichnungen auf den Spielekarten es vielleicht vermuten lassen und der Titel des Spiels durchaus martialisch anklingen mag: Als reines Kampfspiel will Mertikat seine Erfindung absolut nicht verstanden wissen. Vielmehr ist dem vielfach prämierten Comiczeichner wichtig, vor allem eine Geschichte dahinter zu erzählen und die Spieler in eine andere Welt hineinzuziehen. In jener anderen Welt – der Vorgeschichte zum Spiel – ist der Mond auf die Erde gestürzt, und der darin schlummernde Drache (Kami) hat einen gigantischen Krater verursacht, der den Pazifik in eine einzige Schlammwüste verwandelt hat. An diesem Punkt der Geschichte setzt das Spiel nun ein: Die einzelnen Spieler suchen sich zu Beginn des Spiels eine Gruppe aus, der sie angehören möchten, und kämpfen gegen- oder miteinander gegen die endgültige Vernichtung des Planeten an.

Mehr als 300 Mal mit 600 Mitspielern getestet

Mehr als 300 Mal hat Felix Mertikat sein Spiel in Testrunden mit etwa 600 Mitstreitern gespielt und das Ganze auf Herz und Nieren geprüft – und dabei selbst noch nie gewonnen. „Das Besondere an meinem Spiel ist, dass man nichts vorhersehen oder planen kann. Jede Runde ist komplett anders und immer überraschend“, erzählt er. Theoretisch gebe es auch nie ein richtiges Spielende, im Grunde gehe es nur darum, dass jede Fraktion, jede Gruppe, für sich etwas Gutes herausgeholt habe.

Lange habe er nach einem passenden Kampfsystem gesucht, mit dem sich die gegnerischen Gruppen bedrängen könnten. Und nach zwei Jahren habe er – quasi über Nacht – plötzlich das richtige gefunden. „Zwar gewinnt jeder Angreifer, doch der Verteidiger darf sich aus drei Möglichkeiten etwas aussuchen, was der Angreifer für seinen Sieg zu bezahlen hat“, erklärt Felix Mertikat.

Kinder spielen durchaus Brett- und Kartenspiele

Dass er dieses Spiel selbst so oft getestet hat, sei in dieser Branche durchaus ungewöhnlich, berichtet seine Mitarbeiterin Marcela Neron. „Alle Spiele durchlaufen zwar eine Testphase, bevor sie auf den Markt kommen. Diese Phase ist aber oftmals zu kurz, sodass die Kunden nach dem Kauf mit Unzulänglichkeiten des Spiels konfrontiert werden – und dann müssen die Spieleverlage im Internet die Spielregeln modifizieren.“ Mertikat aber hat sein Spiel nicht nur mit Bekannten getestet, sondern es auch auf diversen Spielemessen von Messebesuchern spielen lassen und dabei Interessantes erlebt.

„Einmal wollten zwei 13-jährige Mädchen ‚Tsukuyumi’ unbedingt ausprobieren. Ich habe ihnen gesagt, dass es erst ab 15 Jahren sei, doch sie haben nicht locker gelassen.“ Schließlich hätten sich noch zwei gleichaltrige Jungs dazugesellt, und die vier hätten das Spiel so dermaßen schnell verstanden und toll gespielt, dass er selbst baff darüber gewesen sei.

Überhaupt treffe er immens viele Kinder und Jugendliche, die gerne spielten – und zwar nicht am Computer, sondern vor allem Brettspiele oder Karten. Entscheidend für eine solche Begeisterung seien allerdings häufig zwei Faktoren: „Es macht viel aus, ob man in der Kindheit viel mit den Eltern gespielt hat, und ob man über ein gewisses Spieler-Gen verfügt“, betont der Spiele-Experte Mertikat.