Das IT-Unternehmen All for One Steeb aus Filderstadt profitiert als Dienstleister für den Mittelstand von langfristigen Trends – denn nicht jeder Unternehmer will zu Amazon.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Filderstadt - All for One Steeb in Filderstadt-Bernhausen ist eines der regionalen IT-Unternehmen, das sozusagen im Maschinenraum des Mittelstands vom Trend zur Digitalisierung profitiert. Hier ist nicht die neueste App, sondern Spezialwissen über Produktionsprozesse und regionale Nähe gefragt. Der IT-Dienstleister, dessen erstes Standbein die Anpassung von Produkten des Walldorfer IT-Konzerns SAP auf die Bedürfnisse kleinerer und mittlerer Unternehmen gewesen ist, weitet laut seiner aktuellen Jahresbilanz sein Spektrum zunehmend auch auf Produkte anderer Anbieter wie Microsoft aus.

 

Immer mehr Firmen mieten lieber Software, als Lizenzen zu kaufen. Doch Mieten bedeutet keinen schnellen Wechsel des Anbieters. „Das sind keine Mietverträge für zwei, drei Jahre“, sagt Firmenchef Lars Landwehrkamp. Wenn ein Unternehmen sich für ein komplexes System etwa zur Steuerung der Produktion entschieden habe, bleibe es erst mal dabei. Auch der Wechsel zu Großanbietern von Computerressourcen wie Amazon sei nicht so einfach. „Eine Reisekostenabrechnung können sie von der Stange kaufen – aber wenn es in die Produktionsprozesse geht, dann steckt so viel Individualisierung in den IT-Anwendungen, dass sie die nicht so einfach standardisieren können“, sagt Landwehrkamp.Um fünf Prozent auf 13,7 Millionen Euro ist im Vergleich zum Geschäftsjahr 2016/17 der Gewinn gewachsen – deutlich weniger als der Umsatz, der um elf Prozent auf 332 Millionen Euro gestiegen ist. Auch die Zahl der Mitarbeiter hat um 14 Prozent auf 1677 kräftig zugelegt.

Software wird nur noch gemietet

Beim alleinigen Blick auf diese Zahlen seien positive Trends unterbewertet, sagt Finanzvorstand Stefan Land. Um 28 Prozent sind die wiederkehrenden Erlöse durch die Vermietung von Software und durch Serviceverträge gewachsen. Binnen eines Jahrzehnts ist der Anteil dieser langfristig planbaren Einnahmen von knapp einem Drittel auf rund die Hälfte gestiegen. Für das IT-Unternehmen ist eine weitere wichtige Kennzahl die Loyalität der Mitarbeiter. Die Mitarbeiterbindung von 92 Prozent ist im Branchenvergleich hoch.

Keine Angst vor einer Konjunkturdelle

Aufgrund dieser Kontinuität ist dem Filderstädter Unternehmen weder vor Brexit, Handelskriegen noch einem Konjunkturabschwung bange. Die Erfahrungen aus der Wirtschaftskrise 2008/09 hätten gezeigt, dass viele Mittelständler solche Phasen sogar nutzten, um abseits vom Tagesgeschäft ihre IT in Schuss zu bringen. „Der Großteil unserer Kunden sind Familienunternehmen. Die denken viel langfristiger als Großkonzerne, die im Abschwung zuallererst zu Kosteneinsparungen greifen“, sagt Landwehrkamp. Das sei sogar so weit gegangen, dass damals Insolvenzverwalter gleich die IT-Dienstleistungsverträge mit All for One Steeb verlängert hätten, um das Rechnungswesen am Laufen zu halten.

Sicherheitsbedenken und der Wunsch nach dem Schutz des geistigen Eigentums bedeuten, dass die typischen Kunden von All for One Steeb nicht völlig in die sogenannte öffentliche Cloud wandern, also in Online-Computer, die man sich mit anderen teilt. Lösungen, wo nur die Rechnerleistung nach außen verlagert wird, aber man seinen abgegrenzten, eigenen IT-Bereich behält („private Cloud“), werden bei den im Südwesten typischen Firmen noch lange dominieren. „Sie wollen da nicht auf die gleiche Plattform wie ihr chinesischer Wettbewerber“, sagt der Finanzchef.

IT-Revolution in der Peripherie

Doch während in den Kernbereichen der Produktion bei der IT eher Evolution als Revolution gefragt ist, findet der Umbruch in angedockten IT-Bausteinen statt. So wollten Kunden inzwischen beispielsweise die Möglichkeit, dass sie soziale Medien auswerten können, um die Meinung ihrer Kunden besser kennenzulernen, sagt Landwehrkamp. Ein Unternehmen für Arbeitskleidung beispielsweise wolle inzwischen direkter an seine Endnutzer heran. In die Textilien wird ein Weg zur Datenübertragung sozusagen eingewoben. „Der Mitarbeiter erhält so direkt die Meldung, wann sein neuer Arbeitsanzug kommt, und kann auch Feedback geben, wie zufrieden er ist“, sagt Landwehrkamp. Obwohl weiterhin die Firma der Einkäufer sei, bekomme selbst ein Lieferant für Geschäftskunden so den direkten Kontakt zu den Menschen, die seine Produkte verwenden: „Und denen kann man dann womöglich auch privat Kleidung verkaufen.“

All for One Steeb will seinen Kunden bei solchen Ideen noch etwas mehr auf die Sprünge helfen. Man vernetze sie etwa systematisch mit Start-ups, sagt Landwehrkamp: „Viele Mittelständler müssen erst einmal kennenlernen, mit welchen neuen Ideen die unterwegs sind.“