Leben: Ricarda Stiller (rst)


Und dennoch würde es wohl kaum jemand wagen, das Kulturerlebnis mit Beethovens Werken insgesamt in Frage zu stellen. Computerspiele können den Menschen in ganz ähnliche, angenehme Stimmungen versetzen. Vor allem sogenannte Flow-Prozesse, bei denen man den Rest der Welt um sich vergesse, würden oft beim Computerspielen auftreten. Doch zurück zur Praxis und den derzeit in Stuttgart präsentierten Spielen.

Ein von den beiden Gamedesign-Dozenten Beat Suter und René Bauer entworfenes Spiel etwa greift das Genre der Egoshooter ironisch auf, indem die Abgeschossenen einfach auf dem Boden liegenbleiben. Je mehr Tote, desto schwieriger wird es für den Spieler, sich fortzubewegen. In einem anderen Spiel der beiden, die auch als Künstlergruppe "AND-OR" bekannt sind, baut sich die Rennstrecke erst direkt vor dem Spieler auf.

Und wenn ein Stück Straße fehlt, verleiht ein Knopfdruck auf dem Spielecontroller dem Auto kurzzeitig Flügel. Es handelt sich bei den Arbeiten in der Regel nicht um kommerzielle Spiele, sondern um experimentelle, die zum großen Teil noch in Arbeit sind. Einige Spiele von den Zürcher Gamedesignern sind aber bereits im App-Store für das iPhone oder das iPad erhältlich.

Nähe zur Medienkunst ist erkennbar


Die Studenten der Gamedesigner müssen für ihre Abschlussarbeiten sowohl die Gestaltung als auch die Programmierung selbst machen. Eine Nähe zur Medienkunst ist bei vielen Arbeiten erkennbar. Beat Suter gibt zu, dass es möglicherweise daran liegen könnte, dass die Studenten "drei Jahre lang mit Medientheorie vollgequatscht werden." Vielleicht kommen tatsächlich spannendere Ideen zutage, wenn man im ersten Semester keine Egoshooter entwerfen darf und Marshall McLuhan liest, dessen zentrale These lautet: "Das Medium ist die Botschaft."

Das passt auch gut in das Konzept der Stadtbücherei Stuttgart, die sich nicht nur der Buchkultur verpflichtet sieht, sondern vielfältige Bildungsangebote, Beratung, kritische Reflexion sowie Orientierungshilfe anbieten will. Bereits im vergangenen Jahr hatte dort ein Festival zum Thema Datenschutz stattgefunden. Mit dem Neubau der Bibliothek soll die Einrichtung zur dauerhaften Anlaufstelle für Fragen rund um die digitale Welt werden.

An 14 Stationen wird den Besuchern in der Ausstellung die Ästhetik von Computerspielen noch bis zum 31. August nähergebracht. Führungen auf Anfrage unter stadtbuecherei.veranstaltungen@stuttgart.de oder Telefon 0711- 216 57 26.