Der Eurovision Song Contest 2020 fällt aus, Deutschland bastelt sich ein eigenes Ersatzprogramm. Mit dabei: Dragqueen Conchita Wurst. Sie moderiert den von Stefan Raab organisierten „#FreeESC“. Im Interview spricht sie über die Vorbereitungen und persönliche ESC-Erinnerungen.

Köln - Conchita Wurst (31) hat ihren Sieg beim Eurovision Song Contest 2014 noch recht gut in Erinnerung - das merkt man, wenn man sie darauf anspricht. Es sprudelt nur so aus ihr heraus. Am Samstag (16. Mai, 20.15 Uhr, ProSieben) präsentiert die Dragqueen nun eine alternative Variante des Wettbewerbs - den „Free European Song Contest“, maßgeblich erdacht von Stefan Raab. Er soll ein Ersatz für den wegen der Corona-Pandemie abgesagten ESC aus Rotterdam sein.

 

Schmerzt es Sie, dass der ESC in diesem Jahr ausfällt?

Ich kann mir nicht ausmalen, welche Gefühle die Künstlerinnen und Künstler durchmachen, die am ESC in Rotterdam teilgenommen hätten. All die Vorbereitungen und Vorfreude, die harte Arbeit, die in den Weg gesteckt wurde, ein Land beim ESC vertreten zu dürfen, und dann darf man den Song nicht performen. Das muss sich fürchterlich anfühlen. Und selbstverständlich auch die Organisatoren, die ein Jahr Planung und kreatives Potenzial in die Show gesteckt haben. Es ist wirklich unendlich schade, dass der ESC dieses Jahr ausfallen muss.

Wird der „Free European Song Contest“, den Sie moderieren, das ESC-Gefühl einfangen können?

Das hoffe ich! Als ich von der Idee gehört habe, war ich sofort begeistert, weil ich glaube, dass der „#FreeESC“ ein abwechslungsreicher und unterhaltsamer Abend werden wird. Die Live-Auftritte, das Voting mit den „#FreeESC“-Sympathisanten in verschiedenen Ländern, das Mitfiebern... all das wird definitiv ESC-Stimmung aufkommen lassen, auch wenn wir natürlich nicht aus einer Halle senden, in der Tausende Fans vor der Bühne die Acts abfeiern. Wir versuchen nichtsdestotrotz die Menschen bestens zu unterhalten, herausragende Künstler für die Länder ins Rennen zu schicken, einen Abend mit Live-Gesang und einer tollen Show zu bieten, um dann am Ende die Gewinner des ersten #FreeESC zu küren. Dass dabei zumindest bei mir ein bisschen ESC-Gefühle aufkommen werden ist garantiert.

Was ist das Besondere an dem Wettbewerb, vielleicht auch im Vergleich zum ESC?

Gemeinsam haben die Wettbewerbe, dass verschiedene Künstler für unterschiedliche Länder antreten werden, live auf der Bühne performen, wir das live im TV ansehen können und die Zuseher am Ende den Gewinner des Abends küren werden. Es wird auch ein bunter Abend, so wie beim ESC dürfen alle Menschen so auftreten, wie sie wollen und es wird ein Abend, an dem die Landesgrenzen vergessen werden dürfen. Das Besondere ist, dass bislang ja nur die teilnehmenden Länder bekannt sind, aber noch nicht verraten wurde, welche Kandidaten die Länder vertreten werden.

Können die Österreicher darauf zählen, dass Sie selbst ins Rennen für Ihr Land gehen?

Ich werde definitiv ein wenig österreichischen Dialekt in die Show bringen, weil ich gar nicht anders kann, und ich freue mich ungemein darauf, Teil des ersten „Free European Song Contest“ zu sein. Alle, die mich kennen, wissen, wie sehr ich die Bühne liebe. Dass ich neben der Moderation auch noch singend für Österreich antreten könnte, ist eine super Idee, das hat mir Stefan gar nicht vorgeschlagen... ich glaube, ich muss gleich noch mal mit ihm telefonieren! (lacht)

Wie läuft der Austausch mit Stefan Raab, von dem ja die Idee kam?

Stefan sprüht vor Ideen und wir alle wissen, dass er einen ausgezeichneten Musikgeschmack hat und weiß, wie man gutes Fernsehen macht. Außerdem ist er ESC-Spezialist, deshalb war es ja ganz naheliegend, dass er eine Show auf die Beine stellt, als bekannt wurde, dass es dieses Jahr keinen ESC geben würde. Wer, wenn nicht er? Der Austausch läuft wunderbar und ist total unkompliziert, mit Stefan einerseits, und auch mit seinem gesamten Produktionsteam. Wir alle ziehen an einem Strang, um eine herausragende Live-Show zu gestalten und freuen uns schon so sehr auf den 16. Mai.

Wenn ich es recht verstehe, sammeln Sie am Ende der Show ja auch die Punkte aus Europa ein. „L’Allemagne, douze points“ – geht Ihnen das schon gut über die Lippen?

„Mon Français n’existe pas“ kann ich da nur sagen, aber ich bin selbst auch schon sehr gespannt, welcher Act an diesem Abend am häufigsten die „douze points“ einsammeln wird. Und ja, Steven und ich werden die Runde durch Europa machen, um die Punkte einzuholen. Ach, das wird herrlich, die Vorfreude steigt jeden Tag.

Zur Person: Conchita Wurst (31) gewann 2014 mit dem Lied „Rise Like A Phoenix“ für Österreich den Eurovision Song Contest. Eigentlich heißt die Dragqueen Tom Neuwirth. Zusammen mit Moderator Steven Gätjen präsentiert sie am Samstag (16. Mai) den von Stefan Raab und ProSieben erdachten Ersatz-Wettbewerb für den abgesagten ESC 2020. Er nennt sich „Free European Song Contest“ und läuft parallel zu einem ESC-Ersatzprogramm in der ARD.