Gebogene Fernseher, die sich auf Knopfdruck gerade biegen. Haushaltsgeräte, die sich fernsteuern lassen – aber für jedes braucht man eine eigene App. Und nicht zuletzt autonome Fahrzeuge: auf der Messe CES in Las Vegas zeigt die Elektronikbranche, was sie kann. Aber nicht jedes intelligente und vernetzte Gerät ist auch nützlich.
Las Vegas - Las Vegas gilt gemeinhin als das Mekka des Glücksspiels und ist zudem ein beliebter Ort für die Spontan-Hochzeiten heiratswilliger Paare. Doch seit die Wüstenstadt 1998 zum Veranstaltungsort der Consumer Electronics Show (CES) geworden ist, verwandelt sich Las Vegas immer zu Jahresbeginn für vier Tage in ein Dorado für Technikbegeisterte.
Innerhalb der Unterhaltungselektronik-Branche sieht man die CES als Indikator für die in diesem Jahr relevanten neuen Technologien. In der Vergangenheit – die Messe wird seit 1967 ausgerichtet – feierten auf der Fachmesse zahlreiche Produkte Premiere, die heute als Meilensteine der Technik gelten: 1970 der erste Videorekorder, 1982 der Commodore 64, 1996 die DVD und 2004 die Blu-ray-Disc. Auf der CES 2015 sucht man solche bahnbrechenden Neuerungen indes vergebens. Stattdessen konzentrieren sich die Unternehmen darauf, bestehende Technologien weiterzuentwickeln und zu verbessern.
Fernseher spielen auf der CES traditionell eine wichtige Rolle. Alle namhaften Hersteller sind auf der Messe vertreten und präsentieren ihre neuen Modelle. Der Schwerpunkt liegt dabei – wie bereits im vergangenen Jahr – auf dem 4K-Standard. Hinter der Bezeichnung 4K verbirgt sich eine Bildschirmauflösung von bis zu 4096 mal 2160 Bildpunkten. Das sind rund viermal so viele Pixel, wie ein Full-HD-Fernseher derzeit darstellen kann. Bei Fernsehgeräten, die den auch als Ultra HD bezeichneten Standard unterstützten, muss man schon mit der Lupe nach einzelnen Pixeln suchen und kann je nach Kameraperspektive mit bloßem Auge die Haare auf den Köpfen der Schauspieler zählen.
Jeder TV-Hersteller nutzt ein anderes Betriebssystem
Neu ist das freilich nicht, aber dank Technologien wie OLED (von der Firma LG), Quantum-Pixeln (Samsung) oder Bildverbesserungs-Chips (Sony) werden die 4K-Fernseher immer größer, dünner und vor allem erschwinglicher: Kostete ein Ultra HD-Fernseher vor zwei Jahren noch weit über 4000 Euro, sind die neuen Einsteigermodelle bereits für unter 1000 Euro zu haben. Ein Problem bleibt derweil weiterhin ungelöst: Es fehlen passende Inhalte. In Deutschland überträgt kein Fernsehsender in 4K, das Streaming-Portal Netflix hat gerade einmal zwei Serien in 4K im Angebot und selbst bei Youtube sind ultra- hochauflösende Videos rar gesät.
Um dennoch Kaufanreize zu schaffen, setzen die Hersteller auf immer größere Fernseher. Hauchdünne TV-Geräte mit Bildschirmdiagonalen von 55 Zoll (1,39 Meter) dominieren die Hallen der CES und gelten inzwischen als Standard. Damit die Besucher staunend stehen bleiben, bedarf es dann aber schon Geräten mit 105 Zoll (2,66 Meter), die idealerweise auch noch gebogen sind. Die beiden südkoreanischen Hersteller Samsung und LG zeigen gar gekrümmte Fernseher, die sich auf Knopfdruck gerade biegen. Den praktischen Nutzen sucht der Verbraucher dabei zwar vergebens, aber ein Blickfang im Wohnzimmer sind die Curved-TVs allemal.
Egal, ob groß oder krumm, eines haben so gut wie alle neuen Fernseher auf der CES 2015 gemein: Sie sind smart. Man kann mit ihnen im Internet surfen, E-Mails abrufen, Spiele spielen und Apps installieren. Ganz wie beim Smartphone. Und deshalb setzen auch immer mehr Hersteller bei ihren TV-Geräten auf Smartphone-Betriebssysteme: Sharp nutzt Googles Android, Samsung die Tizen-Plattform und LG nutzt webOS. Einen einheitlichen Standard, der die Kompatibilität mit anderen Geräten und damit auch die Benutzerfreundlichkeit erhöhen würde, gibt es leider nicht.
Das Navi lässt sich mit Gesten bedienen
Zum Auftakt der CES sorgte aber ein ganz anderes Thema für Furore: das Auto der Zukunft. Und so war es nicht einer der Riesen der Unterhaltungselektronik, der allen die Show stahl, sondern Daimler-Chef Dieter Zetsche mit dem selbstfahrenden Mercedes-Konzept F 015. Die Luxuskarosse verfügt über sechs Bildschirme, die man mit Gesten, den Augen oder Berührungen bedienen kann. Die Frage, ob das nicht vom Fahren ablenkt, stellt sich beim F 015 nicht, denn ein fortwährender Informationsaustausch zwischen Fahrzeug, Insassen und der Außenwelt sorgt dafür, dass kein Fahrer mehr notwendig ist. Auf Knopfdruck drehen sich sogar alle vier Sitze zueinander. Zum fahrenden Wohnzimmer fehlt nur noch der Couchtisch.
Doch nicht nur bei Mercedes-Benz wachsen die automobile Welt und das Internet mehr und mehr zusammen. So ließ Audi zur CES einen A7 die rund 900 Kilometer lange Strecke vom kalifornischen Stanford nach Las Vegas autonom fahren. Zudem zeigten die Ingolstädter ein Konzeptfahrzeug, das sich per Smartwatch steuern lässt und über eine Cloud-Anbindung beim autonomen Fahren dazulernt. Auch BMW setzt auf die Verbindung zwischen Smartwatch und Auto, allerdings nur um eine modifizierte Version des Elektroflitzers i3 voll automatisiert in Parkhäusern ein- und auszuparken.
Bei Volkswagen stand derweil ein ganz anderes Thema im Vordergrund, denn im Golf R Touch kann der Fahrer das Infotainmentsystem und andere Fahrzeugfunktionen nun mit Gesten steuern. Eine Handbewegung in der Luft reicht aus, um beispielsweise das Navigationssystem zu bedienen. Möglich macht das eine 3-D-Kamera, die die Handbewegungen des Fahrers aufnimmt und analysiert.
Smartphone-Fans müssen auf die nächste Messe warten
Kaum neue Produkte gibt es auf der CES 2015 dagegen im Smartphone-Bereich zu sehen. So hat Samsung weder sein neues Flaggschiff, das Galaxy S6, noch irgendein anderes Smartphone vorgestellt. Auch die Mitbewerber lassen das Jahr ruhig angehen: Asus stattet sein Zenfone 2 als erster Hersteller mit vier Gigabyte Arbeitsspeicher aus und LG bringt mit dem G Flex 2 bereits das zweite gebogene Smartphone auf den Markt. Bei beiden Modellen geht es allerdings in erster Linie darum zu zeigen, was technisch möglich ist, und nicht um echte Innovationen. Smartphone-Fans müssen sich somit noch bis Anfang März gedulden, wenn in Barcelona die Branchenmesse der Mobilfunk-Anbieter, der Mobile World Congress, stattfindet.
Der heimliche Star der CES ist derweil das vernetzte Zuhause. Obwohl kaum ein Unternehmen das Thema Smart Home in den Mittelpunkt seines Messeauftritts stellt, ist es dennoch überall präsent. An den Ständen von fast allen großen Herstellern gibt es – teils hinter verschlossenen Türen – einen Bereich, in dem demonstriert wird, wie Kühlschrank, Waschmaschine, Heizung und sogar der Staubsauger miteinander kommunizieren und sich über das Internet fernsteuern lassen. Genau wie bei den intelligenten Fernsehern mangelt es aber auch hier an einheitlichen Standards. Wenn der Verbraucher nicht alles vom gleichen Hersteller kauft, kann es passieren, dass sich die Waschmaschine schlichtweg nicht mit dem Kühlschrank versteht und man für jedes Haushaltsgerät eine eigene App auf dem Smartphone benötigt. Das ist alles, nur nicht smart.