An der Stuttgarter Messe wurde ein Corona-Abstrich-Zentrum (CAZ) eingerichtet. Wer kann sich dort testen lassen, und wie läuft das genau ab? Wir haben das Testzentrum besucht.

Filderzeitung: Rebecca Anna Fritzsche (fri)

Filder - Auf dem Parkplatz P26/P27 an der Messe steht eine riesige Ansammlung an Verkehrshütchen: Mit ihnen sind die verschiedenen Spuren abgesteckt, die die Autos nehmen sollen. Momentan ist alles leer, es herrscht Ruhe an diesem Vormittag am Corona-Abstrich-Zentrum (CAZ) an der Messe. „Das hat auch schon ganz anders ausgesehen“, erinnert sich Tanja Bühler, die neben ihrem Büro steht und auf die leere Fläche schaut. Bühler arbeitet bei den Maltesern, sie ist Rettungshelferin, stellvertretende Leiterin der Rettungswache an der Messe und jetzt die Leiterin des CAZ, seit Anfang März, seit das Zentrum hier eingerichtet worden ist.

 

Zu den Hochzeiten standen die Autos Stoßstange an Stoßstange, der Rückstau ging bis nach Echterdingen und Plieningen hinein. „Am 16. März“, erzählt Bühler, „haben wir so viele Tests vorgenommen wie an keinem anderen Tag: 670. Da sind wir echt an unsere Grenzen gekommen“. Man habe zwar zügig arbeiten können, aber lange Wartezeiten von mehreren Stunden nicht verhindern können.

Niemand kommt ohne Code rein

Jetzt biegt ein Auto ab in Richtung Testzentrum, fährt die Warnhütchen-Spur entlang. Erster Stopp: der Kollege der betreuenden Sicherheitsfirma, der abfragt, was der Grund des Besuchs ist. Generell gilt: Ohne Code darf niemand passieren. Getestet wird nur, bei wem sich Symptome zeigen – das muss vom Hausarzt bestätigt werden. Der gibt dem Patienten einen Code – diesen Code muss man vorzeigen. „Manchmal kommen Leute mit den Codes vom Vortag, oder mit den falschen Codes“, erzählt Bühler, „wir testen hier den Landkreis Esslingen. Wer aus Stuttgart kommt, muss woanders hin“.

Die Corona-Ambulanzen für Stuttgart sind am Klinikum, am Marienhospital und dem Robert-Bosch-Krankenhaus eingerichtet worden. „Gerade am Anfang war aber die Verwirrung noch groß, wie die Abläufe sind“, erinnert sich Bühler und erwähnt auch einige Leute, die aggressiv reagiert hätten, als ihnen gesagt wurde, sie müssten sich in Stuttgart testen lassen. „Das waren aber Ausnahmen“, sagt Bühler. „Die ersten Wochen waren für uns alle stressig – wir hatten noch keine Erfahrungswerte, ständig kamen neue Vorgaben und neue Informationen.“

Drei Minuten für einen Abstrich

Das Auto setzt sich wieder in Bewegung, fährt einmal, entlang der Warnhütchen-Spuren, den Parkplatz entlang und kommt schließlich an dem weißen Zelt zum Stehen. Um das Infektionsrisiko gering zu halten, bleiben die Insassen im Auto sitzen, der Test wird durchs Fenster gemacht. Hier stehen jeweils ein Arzt mit ein bis drei Helfern bereit. Heute ist das Team von Dr. Ulrich Bayer im Einsatz: Normalerweise arbeiten die Kollegen in der Praxis in Reichenbach an der Fils, einmal im Monat sind sie hier am Corona-Testzentrum im Einsatz. Ärzteteams aus dem gesamten Landkreis teilen sich die Schichten am Corona-Testzentrum auf, abgerechnet wird über die Krankenkasse, wie bei normalen Behandlungen auch.

Zuerst werden die Daten des Patienten aufgenommen, die Versichertenkarte ausgelesen. Dann geht es an den Abstrich, und der ist zwar schnell, aber wirklich „nicht vergnügungssteuerpflichtig“, wie Tanja Bühler sagt. Tief in Rachen und Nase wird ein Abstrich genommen, man bekommt noch ein Informationsblatt mit, wie es weitergeht, und kann dann bereits weiterfahren. „Drei Minuten im Durchschnitt“, schätzt Tanja Bühler, dauere die ganze Angelegenheit.

Diese sogenannten „Drive-in“-Tests sind ein Konzept, das die Malteser selbst entwickelt haben, erklärt Marc Lippe, Bezirksgeschäftsführer der Malteser Neckar-Alb. „Wir haben uns in der zuständigen Fachgruppe mit Ärzten und Hilfsorganisationen unterhalten, wie man das am besten machen könnte.“ Andere Konzepte, wie beispielsweise Turnhallen mit Wartebereichen, habe man als „nicht zielführend“ erachtet: „Nur beim Drive-in hat man so wenig Kontakt wie möglich. Und unser Konzept hat sich bewährt“, fügt Lippe hinzu und berichtet von Beiträgen der „New York Times“ und im chinesischen Fernsehen.

Die Zahl der Tests schwankt stark

Für Personen, die bereits sehr krank sind, stehen die sogenannten Fieberambulanzen bereit. Die einfachen Container sind eingerichtet wie das Behandlungszimmer eines Arztes – mit Liege, Schreibtisch, Medikamenten. Bisher, meint Tanja Bühler, habe man sie aber nicht oft beanspruchen müssen. Zweimal am Tag werden die Testkits abgeholt und in das Labor nach Karlsruhe gefahren, nach zwei bis drei Tagen bekommt man Bescheid, wie das Resultat aussieht. „Ist das Ergebnis positiv, wird am Telefon beraten, was als nächstes zu tun ist“, sagt Tanja Bühler.

Wie viele Tests pro Tag gemacht werden, schwankt stark. „Zwischen 20 und 150 sind es“, schätzt Bühler. „Am Anfang haben die Leute noch viele Fragen gehabt, zum Ablauf, zur Quarantäne. Jetzt wird – leider – wieder lockerer damit umgegangen.“ Dazu hat sie eine ganz klare Meinung: „Wir haben es jetzt gerade so gut, mit den niedrigen Fallzahlen, weil wir die Maßnahmen befolgt haben. Schaut man in andere Länder, hätte das auch bei uns ganz anders aussehen können.“ Auch Bühler appelliert: „Mund-Nasen-Schutz tragen, Hände gründlich waschen, und Abstand halten zu anderen Leuten.“ Das, findet sie, sei ein kleiner Preis zu zahlen, dafür, dass das Leben irgendwann wieder normal weitergehen kann.

Mitte Juni soll das CAZ an der Messe wieder abgebaut werden. „Die Zahlen sind aktuell so gering, dass wir das nicht rechtfertigen können“, erklärt Marc Lippe. Außerdem seien die Filder gut abgedeckt mit Hausarztpraxen, die für Corona-Tests eingerichtet sind. „Aber“, sagt Marc Lippe, „das CAZ ist schnell wieder aufgebaut, falls das notwendig sein sollte“.