Der Stuttgarter Zulieferer Mahle hat eine neuartige Technologie entwickelt, die Elektroautos innerhalb weniger Minuten laden kann. Möglich wird dies nicht zuletzt dank einer strikten Temperaturüberwachung.

Stuttgart - Der Zulieferer Mahle hat eine neuartige Technologie entwickelt, um Batterien von Elektroautos deutlich schneller zu laden. Damit können Fahrzeugbatterien künftig innerhalb von nur zehn Minuten auf bis zu 80 Prozent aufgeladen werden, prognostiziert der Konzern. Das sei etwa doppelt so schnell, als dies mit den derzeitigen am Markt verfügbaren Technologien möglich ist, sagt Martin Berger, Leiter zentrale Forschung und Vorausentwicklung bei Mahle. „Die Fähigkeit zur Schnellladung erhöht die Akzeptanz von E-Fahrzeugen entscheidend“, erklärt Mahle-Chef Jörg Stratmann in Stuttgart. Er verspricht, dass Kunden dabei keine Beschädigung oder vorzeitige Alterung der Batteriezellen riskieren. Im Gegenteil: Die Haltbarkeit der Zellen soll sich sogar signifikant erhöhen, fügt Forschungschef Berger hinzu.

 

Möglich wird dies aufgrund einer neuartigen Kühlung der Batteriesysteme. Denn um sie schnell laden zu können, muss die Temperatur in der Batteriezelle gleichmäßig verteilt sein, und sie darf zudem nicht zu hoch steigen. Die neuartige Technologie ermögliche es zudem, dass künftig auch die Batterien an sich kleiner werden. „Damit werden E-Fahrzeuge günstiger, leichter und ressourcenschonender,“ so Berger.

Großes Kundeninteresse

Das Interesse der Autobauer an dieser Technologie sei groß, versichert Berger. Allerdings werden sie sich noch eine Weile gedulden müssen. Denn mit der Marktreife sei frühestens Mitte des Jahrzehnts zu rechnen. Zudem muss die Infrastruktur bis dahin ausgebaut sein. Konkret geht es dabei nicht nur um die nötige Anzahl an Ladesäulen, sondern auch um die Leistungsfähigkeit dieser Säulen.

Aber Mahle konzentriert sich nicht nur auf die E-Mobilität. Auch Brennstoffzelle und alternative Kraftstoffe sind Themen des Zulieferers, der sich im Umbruch befindet. Der konjunkturelle Abschwung, die Digitalisierung, die Transformation und das Coronavirus belasten das Stiftungsunternehmen. Der Umsatz sei deutlich eingebrochen. Mahle hat bereits massive Einsparungen – einschließlich Personalabbau und Standortschließungen – angekündigt.

Mahle hält Forschungsausgaben hoch

Weil sich gleichzeitig aber auch die Transformation beschleunigt, bleibe Mahle „auf Kurs bei der technologischen und strukturellen Neuausrichtung des Konzerns“. Soll heißen: die Ausgaben für die Forschung und Entwicklung die im vergangenen Jahr bei 750 Millionen Euro lagen, sollen hoch bleiben. Allerdings werde sich dabei der Schwerpunkt hin zu den neuen Antrieben verschieben. Mehr als 6200 Ingenieure sind weltweit in der Mahle-Entwicklung tätig.

Erst vor Kurzem wurde ein neues Entwicklungszentrum, in dem an neuen Antriebssystemen getüftelt wird, in Kornwestheim eröffnet. In Fellbach wurde ein neuer Prüfstand für Elektroantriebe in Betrieb genommen. Und im chinesischen Souzhou sollen bereits Ende Jahres mehr als 200 Ingenieure Komponenten und Lösungen im Bereich Elektromobilität entwickeln, so Stratmann. In Souzhou werde vor allem für den asiatischen Markt entwickelt.

Appell an die Politik

Stratmann betont: „Für uns bei Mahle liegt der Schlüssel zur nachhaltigen Mobilität nicht in der Abkehr vom Verbrennungsmotor, sondern in der Abkehr vom fossilen Kraftstoff. Leider wird diese Differenzierung in der politischen und öffentlichen Diskussion zu selten gemacht.“ Er wünscht sich von der Politik „mehr Realismus und mehr Verantwortung und damit mehr Rückendeckung bei der Bewältigung unserer Herausforderungen“ – und keine einseitige Hinwendung zur Elektromobilität.