Wer einen Coronatest fälscht, handelt strafbar, wer einen Impfpass fälscht ebenso. Doch beim Strafmaß gibt es deutliche Unterschiede. Wie diese ausfallen, erklärt ein Stuttgarter Anwalt. Das Justizministerium Baden-Württemberg zeigt sich derweil offen für härtere Strafen.

Stuttgart - Die Corona-Pandemie bestimmt unseren Alltag nun schon seit mehr als einem Jahr. Wären die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen nicht schon schlimm genug, nutzen immer wieder auch Betrüger die besondere Situation, um sich auf illegale Weise zu bereichern oder sich in anderer Hinsicht Vorteile zu verschaffen. Während zu Beginn der Pandemie hauptsächlich Trickbetrüger mit Schockanrufen ihre potenziellen Opfer um deren Geld bringen wollten, hat die Einführung von PCR- und Schnelltests nun Betrüger auf den Plan gerufen, die diese Zertifikate fälschen – dies reicht von Einzeltätern bis hin zu organisierten Banden. Was die Täter erwartet, wenn sie erwischt werden, verraten wir hier.

 

Betrüger haben es heutzutage leicht, Zertifikate zu fälschen

Bereits im Februar hatte die Polizeibehörde der Europäischen Union, Europol, vor Betrügereien mit gefälschten PCR-Zertifikaten gewarnt. So sind Europol Fälle aus Frankreich, Spanien und Großbritannien bekannt, bei denen Betrüger teils im großen Stil mit gefälschten PCR-Zertifikaten handelten. Am Pariser Flughafen Charles de Gaulle flog beispielsweise ein Händlerring auf, der gefälschte PCR-Testergebnisse an Reisende verkauft hatte, in Spanien verkaufte ein Betrüger gefälschte Coronatests für 40 Euro.

Laut Europol sei es in der heutigen Zeit mit den technologischen Möglichkeiten sehr einfach für Betrüger, solche Zertifikate zu fälschen. Und weil zum Beispiel Reisende oder Personen, die am öffentlichen Leben teilnehmen wollen, auf negative Tests angewiesen sind, ist auch ein Markt für solche Betrüger vorhanden.

Ob man nun einen solchen Fake-Test kauft oder ihn selbst am Computer erstellt und dann ausdruckt: Man macht sich nicht nur strafbar, sondern nimmt außerdem in Kauf, die Gesundheit seiner Mitmenschen zu gefährden.

Eine schriftliche Lüge spielt strafrechtlich keine Rolle

Welche Strafen erwarten die Betrüger? „Wenn Sie einen PCR-Test oder einen Schnelltest fälschen, dürfte dies als ein ‚Gebrauch eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses‘ zu bewerten sein [§279 StGB, Anm. der Red.]“, erklärt der Stuttgarter Anwalt Michael Erath. Darauf stehe eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr. Bei Ersttätern dürfte hier lediglich eine relativ geringe Geldstrafe zu erwarten sein.

Spielt es eine Rolle, wo man den gefälschten Test vorzeigt? „Ja, denn der Gebrauch eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses muss gegenüber einer Behörde oder gegenüber einer Versicherungsgesellschaft geschehen. Verschaffen Sie sich mit dem Fake-Test beispielsweise Zugang zu einer Kneipe, erwartet Sie keine Strafe. In diesem Fall spricht mal von einer Strafbarkeitslücke“, so der Anwalt.

Auch wenn man einen Schnelltest selbst durchführt und das Ergebnis verfälscht, komme man straffrei davon. Dann liege laut Erath kein ‚Gebrauch eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses‘ vor, da dieses stets von dritter Stelle ausgestellt werden müsse. Somit handele es sich um eine schriftliche Lüge, die strafrechtlich keine Rolle spielt – in moralischer Hinsicht allerdings schon.

Urkunde vs Gesundheitszeugnis

Um potenzielle Betrüger in einem höheren Maße abzuschrecken, gibt es die Möglichkeit einer Gesetzesänderung: Wenn PCR-Tests nicht mehr als Gesundheitszeugnis, sondern als Urkunde eingestuft werden, erhöht sich das Strafmaß deutlich. Auf Urkundenfälschung (§267 StGB) steht eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren. „Bei Ersttätern ist mit einer geringen Geldstrafe zu rechnen – grob zwischen 40 und 60 Tagessätzen“, sagt Michael Erath.

Einer solchen Gesetzesänderung steht auch die baden-württembergische Justizministerin Marion Gentges offen gegenüber. „Bei der Justizministerkonferenz Mitte Juni in Nordrhein-Westfalen steht das Thema auf der Tagesordnung. Wir könnten uns vorstellen, uns den dort diskutierten Vorschlägen über Strafschärfungen in diesem Bereich anzuschließen“, versichert ein Sprecher des baden-württembergischen Justizministeriums.

In puncto Impfpass-Fälschung wird dieses erhöhte Strafmaß bereits angewendet, denn bei einem Impfausweis handelt es sich um eine Urkunde.

In Stuttgart und der Region sind der Polizei laut Sprecherin Ilona Bonn übrigens bislang keine Betrügereien mit gefälschten Corona-Tests oder gefälschten Impfpässen untergekommen „Während wir immer mal wieder Personen kontrollieren, die ein gefälschtes Attest vorzeigen, um sich der Maskenpflicht zu entziehen, sind Fälle von gefälschten Coronatests oder Impfausweisen in Stuttgart bislang noch nicht aufgetreten“.