Gut 1500 Menschen lagern mit Spruchbändern und Vesper entspannt auf der Wiese

Leonberg - Noch am Samstagabend hatten sich Politiker und Sicherheitsleute aus dem Rathaus ausgemalt, wie es wohl wäre, wenn am Sonntag die Demo auf dem alten Golfplatz aus dem Ruder laufen würde. Doch 20 Stunden später sind die Mienen der kommunalen Akteure entspannt: Keine Zwischenfälle, kein Chaos auf den Zufahrtswegen, keine platt getrampelte Natur. Alles in Ordnung.

 

Dass der Sonntag so friedlich, fast entspannt verläuft, war nicht abzusehen. „Das ist für uns kein Tagesgeschäft“, sagt der Ordnungsbürgermeister Ulrich Vonderheid mit Blick auf die möglichen Dimensionen der Kundgebung. Schließlich hatte die Initiative „Querdenken 711“ ursprünglich ein „Friedensfest“ für 50 000 Teilnehmern mitten auf dem Leonberger Autobahndreieck beantragt. Das hatte die Stadt abgelehnt, wäre doch das damit einhergehende Verkehrschaos nicht vertretbar gewesen.

Reiterstadion zu klein

Gleichwohl musste Leonberg als Genehmigungsbehörde den Protestierern eine adäquate Alternativfläche anbieten. Ein zu kleiner Platz, etwa das Reiterstadion, wäre angesichts der angemeldeten Dimensionen zu klein gewesen. So ist die Rechtslage. Deshalb ging Oberbürgermeister Martin Georg Cohn (SPD) mit dem Golfplatz ins Rennen. Hier ist genug Platz, um auch bei Wahrung des obligatorischen Abstands von 1,50 Metern maximal 7500 Menschen zuzulassen.

Eine Entscheidung, die dem OB viel verbale Prügel einbrachte. Etliche Anwohner liefen gegen die Standort-Auswahl Sturm, diverse Stadträte reagierten pikiert, weil Cohn die Fraktionsspitzen nur per WhatsApp informiert hatte.

Kein Verkehrschaos

Seit Sonntagnachmittag weiß der Oberbürgermeister, dass beim nächsten Mal das Reiterstadion vom Platz her genügen könnte. Denn es waren 1500, wohlwollend geschätzt 2000 Leute, die sich da in der Mitte des Golfplatzes tummelten. Die 5000 Besucher, die der Entertainer Nana Domena frohlockend verkündete, dürften eher angesichts der allgemeinem Demo-Freude entstanden sein. Auch die Polizei spricht von 1500 Menschen.

Vielleicht enttäuschend für den Demo-Organisator Michael Ballweg und die Seinen. Gut aber für die Stimmung und die Akzeptanz in der Bevölkerung. Weder gab es das befürchtete Verkehrschaos in der Stuttgarter Straße, noch dürfte die Wiese des alten Golfplatzes bleibende Schäden haben. Müll war auch nicht zu sehen.

Wie im Freibad

Die Ordnungskräfte hatten im Vorfeld aber viel getan, um ein mögliches Ausufern der Demo gegen die Corona-Auflagen der Landesregierung zu verhindern. Die Stadt hatte der Initiative eine satte Verfügung mit harten Bedingungen auferlegt: Pro zehn Besucher sollte es einen Ordner geben. Bei einer maximalen Teilnehmerzahl wären das 750 Aufseher.

In der Tat waren am Sonntagnachmittag viele Gelbwesten unterwegs, teilweise sogar mit Spendenbüchsen ausgestattet: Wer demonstriert, braucht Geld. Eine Missachtung der Sicherheitsabstände konnten die Aufseher nicht feststellen. Die Besucher hielten sich in Kleingruppen zusammen, die Wiese ist groß.

Die Szenerie erinnerte eher an eine Liegefläche im Freibad ohne Becken. Viele hatten ein Picknick dabei und ließen es sich auf Decken und Klappstühlen gut gehen. Ein Hauch Woodstock-Stimmung kam auf, als zwei Männer mit Klangschalen und Bongos sphärische Klänge erzeugten, der süßliche Rauch von Räucherstäbchen inklusive.

Alu-Hüte fehlen nicht

Dass es dann doch um Politik ging, war den diversen Sprüchen zu entnehmen, die die entspannten Demonstranten präsentierten: „Ohne Freiheit ist alles nichts.“ „Donald Trump grüßt seine lieben Freunde in Leonberg.“ „Ich bin schön. Ich bin heil, Ich bin wild. Ich bin frei.“ Ein Paar hatte mehrere Ausgaben des Grundgesetzes um ihre Liegefläche platziert. Auch die Leute mit Alu-Hüten fehlen nicht.

Die Polizei war sehr präsent, hielt sich aber im Hintergrund. Zwei Beamtinnen waren zu Pferd unterwegs. „Für uns ist das ein normaler Demo-Einsatz“, sagte der Polizeisprecher Stephan Hermann. Seinem Unterton war zu entnehmen, dass die Kollegen da anderes gewöhnt sind.

Zufrieden waren auch die Lokalpolitiker: Christa Weiß von der SPD, Jutta Metz, Georg Pfeiffer und Wolfgang Schaal von den Freien Wählern. Gerade letzterer war skeptisch, sagte aber am Sonntagnachmittag: „So wie jetzt ist es gut gelaufen.“