Häufiges Lüften hilft gegen Corona. Aber können die offenen Fenster Kindern und Jugendlichen in ihren Klassenräumen auch im Winter zugemutet werden? Die Stadt Leinfelden-Echterdingen sucht Auswege.

Leinfelden-Echterdingen - Das ist unpraktikabel.“ Wenn Eberhard Wächter, Apotheker und Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler im Gemeinderat von Leinfelden-Echterdingen, daran denkt, wie Schüler über den Winter in dicker Jacke, mit Schal und Wollmütze und womöglich klappernden Zähnen das coronabedingte ständige Stoßlüften überstehen sollen, kann er nur den Kopf schütteln. Was gegen eine Ausbreitung des Coronavirus hilft, könnte Erkältungskrankheiten in diesem Winter besonders grassieren lassen. Während der jüngsten Sitzung des Verwaltungs- und Kulturausschusses schlug Wächter vor, dass die Stadt Luftfiltergeräte für die Klassenräume kaufen solle. Damit könnte wenigstens die Häufigkeit des Lüftens auf die Pausen zwischen den Stunden verringert werden, hofft er.

 

Dass die Geräte dabei helfen können, die Verbreitung des Coronavirus zu verhindern, davon ist Wächter überzeugt. In seiner Apotheke sind die Luftfiltergeräte bereits im Einsatz. Neu sei die Technologie keineswegs. „Diese Geräte werden in der pharmazeutischen Industrie schon lange eingesetzt“, erklärt der Apotheker. Sie sorgten beispielsweise in Operationssälen für saubere Luft. Die Luftdurchflussgeräte töten mit ultravioletter Strahlung (UVC) lebende Organismen wie Viren, Bakterien oder Schimmel ab.

Luftfilter ersetzen das Lüften nicht

Für einen Klassenraum reiche ein Gerät aus, meint Wächter. Immerhin schaffe es ein Luftdurchflussgerät, rund 800 Kubikmeter Luft pro Stunde zu reinigen. Während die Stadt mit 1000 Euro Kosten pro Klassenzimmer rechnet, meint Wächter, dass es höchstens 300 bis 500 Euro kosten würde, ein Klassenzimmer auszustatten. Insgesamt müssten in L.-E. 166 Zimmer ausgerüstet werden.

Einen hundertprozentigen Schutz vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus sei aber auch der Einsatz der Luftfilter nicht, stellt er klar. Auf das Stoßlüften sollte aus seiner Sicht nicht gänzlich verzichtet werden, es könnte aber seltener gelüftet werden. Und wenn darüber hinaus noch ein Mund-Nasen-Schutz getragen werde, dann sei das Ansteckungsrisiko doch recht gering. „Dann hat man es im Griff“, ist Wächter überzeugt.

Dass ein Stoßlüften alle zwanzig Minuten im tiefen Winter unangenehm werden könnte, das befürchtet auch die Stadtverwaltung. Der zuständige Bürgermeister Carl-Gustav Kalbfell gibt jedoch zu bedenken, dass es bisher noch keine Vorschrift zum Einsatz von Luftreinigungsgeräten gibt. „Das ist ein Problem“, sagt er. Es könnte nämlich passieren, dass auch nach einer Beschaffung der Geräte alle 20 Minuten gelüftet werden müsse, weil es die geltende Landesverordnung weiter so vorschreibe. Daher müsste aus Kalbfells Sicht vor einer Beschaffung von neuen Geräten das Land entsprechende Vorgaben machen, wie die Technik einzusetzen wäre.

Es gibt auch noch eine andere Idee

Neben den Luftreinigern gibt es nämlich weitere Überlegungen, die Lüftungszyklen in den Schulen zu verringern, beispielsweise mit CO2-Messgeräten in den Klassenzimmern. Es könnte immer dann gelüftet werden, wenn die Messgeräte eine Überschreitung des CO2-Gehalts in der Luft melden. „Das Lüften ist immer noch die sicherste Variante, die Aerosole rauszubekommen“, meint Kalbfell. Er würde nach derzeitigem Kenntnisstand die Beschaffung von CO2-Messgeräten bevorzugen. „Das halte ich für zielführender“, so Carl-Gustav Kalbfell.

Denn die Messgeräte seien auch zukünftig, nach einem Ende der Corona-Pandemie, sinnvoll einsetzbar. Die Luftreinigungsgeräte seien dagegen sehr kosten- und wartungsintensiv. Ein CO2-Messgerät wäre schon ab etwa 100 Euro zu haben. Hinzu komme, dass es noch keine eindeutige wissenschaftliche Aussage zur Wirksamkeit der Luftreiniger gebe. „Es herrscht noch keine Klarheit darüber, ob die Geräte den gewünschten Erfolg bringen“, sagt Kalbfell.

Eine Entscheidung sei noch nicht getroffen, betont der Bürgermeister. „Wir denken derzeit in alle Richtungen“, berichtet er. Neben der Absprache mit den örtlichen Schulen soll vor einer Entscheidung zu diesem Thema der Kontakt zum Städte- und Gemeinderat oder dem Kultusministerium gesucht werden. Gleichzeitig hebt Kalbfell hervor, dass Schulen bis jetzt keine Treiber der Pandemie gewesen seien.