Die Ständige Impfkommission empfiehlt nur noch Menschen über 60 Jahren und Risikopatienten eine jährliche Auffrischung ihres Impfschutzes gegen das Coronavirus.

Wissen/Gesundheit: Werner Ludwig (lud)

Während der Coronapandemie war es zeitweise schwer, den Überblick über die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission Stiko zu bewahren. Seit Beginn der Impfkampagne gab es nicht weniger als 25 Aktualisierungen – die bislang letzte datiert vom 23. Februar dieses Jahres. „In der Vergangenheit mussten wir immer wieder auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse reagieren“, sagt Stiko-Mitglied Christian Bogdan. Inzwischen wisse man viel mehr über das Virus und die Wirkung der Impfstoffe. Auf dieser Basis legt die Kommission nun eine Empfehlung vor, die länger Bestand haben soll.

 

Dreiteilige Empfehlung

Die Experten unterscheiden zwischen drei Gruppen. Die erste Gruppe sind gesunde Menschen zwischen 18 und 59 Jahren, die über eine gute Grundimmunität verfügen. Dies ist nach den Worten von Martin Terhardt, der ebenfalls der Stiko angehört, der Fall, „wenn jemand mindestens drei immunologische Ereignisse“ hinter sich hat. Das können zum Beispiel drei Impfungen sein oder zwei Impfungen und eine Infektion. Für diesen Personenkreis hält die Stiko wie bisher keine weitere Immunisierung für nötig.

Die zweite Gruppe umfasst gesunde Personen ab 60 Jahren sowie Kinder und Erwachsene ab 6 Monaten, die aufgrund von Vorerkrankungen ein erhöhtes Risiko für einen schweren Corona-Verlauf haben. Hinzu kommen Bewohner von Alten- und Pflegeheimen sowie Beschäftigte im Pflege- und Medizinsektor. Den genannten Bevölkerungsgruppen empfiehlt die Stiko eine jährliche Auffrischungsimpfung mit einem bivalenten Wirkstoff – idealerweise im Herbst.

Zur dritten Gruppe gehören Kinder und Jugendliche. Aufgrund des in dieser Altersgruppe sehr geringen Risikos schwerer Erkrankungen spricht die Stiko für unter 18-Jährige keine allgemeine Impfempfehlung mehr aus. Eine Ausnahme bilden auch hier Risikopatienten. Wie oft etwa Menschen mit einer Immunschwäche geimpft werden sollten, müsse im Einzelfall entschieden werden, weil sich unter diesem Sammelbegriff sehr unterschiedliche Krankheitsbilder zusammengefasst werden.

Eine Impfung unter vielen

Anders als frühere Covid-Impfempfehlungen soll die jüngste in den jährlich aktualisierten allgemeinen Impfplan der Stiko integriert werden. Sie würde damit eine Impfung unter vielen. Die Stiko begründet ihre Einschätzung mit der inzwischen recht hohen Grundimmunität in der Bevölkerung infolge der Impfungen und überstandener Corona-Infektionen sowie mit der Entwicklung der Viruspopulation. Die Omikron-Variante und ihre Abkömmlinge seien zwar leicht übertragbar, so Bogdan, führten aber in der Regel nicht zu schweren Erkrankungen. Sorge bereite dem Mediziner, dass es immer noch Menschen gebe, die weder geimpft sind noch natürlich infiziert waren. „Die können auch an der Omikron-Variante schwer erkranken und sollten sich daher unbedingt impfen lassen“. Denn das Virus werde uns weiter begleiten. Die aktuelle Impfempfehlung wird nun wie üblich von den Bundesländern und Fachgesellschaften geprüft. Im Anschluss daran wird die endgültige Empfehlung der Stiko veröffentlicht.

Die Diskussion über Impfschäden – Stichwort: Post-Vac-Syndrom – habe keinen Einfluss auf die jüngste Empfehlung gehabt, betont Bogdan. Es sei unbestritten, dass es zu schweren Nebenwirkungen kommen könne, doch die Zahl der Betroffenen sei sehr klein. Zudem könnten auch Corona-Infektionen unerwünschte immunologische Effekte haben – etwa überschießende Immunreaktionen oder die Bildung von Antikörpern gegen körpereigene Strukturen.

Dass Auffrischungsimpfungen alle zwölf Monate verabreicht werden sollten, sei nicht in Stein gemeißelt heißt es bei der Stiko. Das Coronavirus sei nicht so variabel wie etwa das Influenzavirus. Auch die Impfstoffe müssten deshalb wohl nicht so häufig angepasst werden. Derzeit werden ohnehin nur sehr wenige Impfdosen verabreicht. Nach den neuesten Zahlen des Robert Koch Instituts waren es zuletzt nur rund 2500 pro Tag.