Bald gibt es wieder Standardoperationen. Landrat hält am Notklinik-Plan fest.

Böblingen - Die Krankenhäuser des Klinikverbunds Südwest planen eine teilweise Normalisierung ihrer Arbeit. Wegen der Corona-Pandemie hatten die Kliniken in Sindelfingen, Böblingen, Leonberg und Herrenberg viele Ressourcen geschont und weniger akute Behandlungen wie Leistenoperationen oder das Entfernen der Gallensteine oder Metallschienen nach Brüchen verschoben.

 

„Wir wollen unsere Leistungen nun wieder hochfahren“, sagt jetzt der Geschäftsführer des Klinikverbundes, Jörg Noetzel. In naher Zukunft sollen den Patienten wieder mehr Ärzte für Sprechstunden zur Verfügung stehen. Auch eher leichtere Erkrankungen sollen in größerem Umfang behandelt werden.

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Der Grund für die Normalisierung ist die Zahl der Covid-19-Erkrankten. Diese habe sich zuletzt stabilisiert und liege bei etwa 50 Patienten. 1000 Krankenhaus-Betten des Klinikverbunds, etwa die Hälfte der gesamten Kapazität, seien im Moment mit anderen Erkrankten belegt.

Weniger Menschen gehen zum Arzt

Noetzel betont zudem, dass notwendige Behandlungen zu keinem Zeitpunkt von Verschiebungen betroffen gewesen seien. „Trotz des Virus haben wir Patienten, etwa mit einem Herzinfarkt, natürlich behandelt.“ Das Klinikpersonal vermutet, dass Menschen in den vergangenen Wochen wegen einer möglichen Ansteckungsgefahr durch das Coronavirus nicht ins Krankenhaus kamen – trotz einer Erkrankung. So gab es in den Kliniken zuletzt 27 Prozent weniger Patienten mit einem Herzinfarkt. Selbst in den Notfallpraxen, die gerade an den Wochenenden stark frequentiert sind, herrscht weniger Betrieb. Da haben sich selbst Menschen mit Knochenbrüchen nicht getraut, ins Krankenhaus zu kommen, wurde Landrat Roland Bernhard, dem Aufsichtsratsvorsitzenden des Klinikverbundes, berichtet.

Tatsächlich gehen die Ärzte nicht davon aus, dass weniger Menschen erkrankten, sondern lediglich keinen Arzt aufsuchten. „Die Gefahr einer Virus-Ansteckung im Krankenhaus ist unbegründet“, versichert Noetzel. Zwischen Corona-Erkrankten und anderen Patienten bestehe eine räumlich Trennung.

Trotz der leichten Entspannung bei den Corona-Erkrankten hält der Landrat an den Plänen für eine Notfallklinik in der Sindelfinger Messe fest. Dort sind auf einer 8000 Quadratmeter großen Fläche 130 Notbetten vorgesehen, die bei Bedarf auf bis zu 400 erweitert werden können.

Als Roland Bernhard den Plan kurz vor Ostern vorgestellt hatte, bezifferte er die Wahrscheinlichkeit, dass solch eine Notklinik tatsächlich gebraucht würde, mit 20 Prozent. „Mittlerweile gehe ich von nur 15 Prozent aus“, sagt der Landrat jetzt. „Trotzdem müssen wir eine Doppelstrategie fahren, damit wir bei einer möglichen zweiten Corona-Welle nicht mit abgesägten Hosen dastehen.“

Bernhard mahnt Ministerium

Eine Genehmigung für das Projekt aus dem Landessozialministerium steht allerdings noch aus, was Bernhard nicht eben mit Freude erfüllt: „Das Ministerium muss endlich Farben bekennen.“ Bernhard versicherte, dass in die Notklinik keine Corona-Erkrankten kämen, sondern bei Bedarf andere Patienten.