Andauernder Gehaltsverzicht für die Stars, TV-Kicks für alle: Uli Hoeneß gibt sich in Zeiten der Pandemie weiter als Fußball-Romantiker.

München - In der größten Krise des Fußballs tritt Uli Hoeneß zunehmend als dessen soziales Gewissen auf. Der langjährige Bayern-Patron kündigt einen andauernden Gehaltsverzicht der Münchner Stars an, spricht sich für TV-Spiele für alle aus - und zeigt den „Lockerungsfanatikern“ die Rote Karte. Einst knallharter Macher, gibt Hoeneß jetzt zunehmend den mitfühlenden Romantiker.

 

Der 20-prozentige Lohnverzicht im April beim deutschen Rekordmeister solle andauern, „bis der Fußball wieder normal gespielt werden kann“, sagte Hoeneß dem kicker. Das bedeutet: Bis der Ball in den Bundesliga-Stadien wieder vor Fans rollt. „Schließlich haben wir bei Spielen ohne Zuschauer keine Einnahmen, die mit dem Lohnverzicht einigermaßen aufgewogen werden“, meinte Hoeneß.

Hoeneß für freie Spiele bei ARD und ZDF

Das hieße, dass dieser „Akt der Solidarität“ (Hoeneß) noch monatelang fortgesetzt würde. Neben den millionenschweren Profis um Kapitän Manuel Neuer verzichten bei den Bayern auch der Vorstand um Boss Karl-Heinz Rummenigge und der Aufsichtsrat mit Mitglied Hoeneß auf Geld. Die entgangenen Zahlungen werden „nicht mehr zurückerstattet“, betonte der 68-Jährige.

„Sehr gut“ findet Hoeneß die Idee seines einstigen Widersachers Willi Lemke, die sonst im Pay-TV verorteten Bundesliga-Spiele bei einem Neustart ohne Fans einem breiteren Fernsehpublikum zugänglich zu machen. Dies sei bei entsprechender Zahlung bei ARD/ZDF ebenso möglich wie unverschlüsselt bei Rechteinhaber Sky. Dann müssten sich die Anhänger „nicht in einem Wohnzimmer zusammenscharen“, die Ansteckungsgefahr würde gemindert.

Die Aussagen des Münchner Ehrenpräsidenten passen zu jenen, die er Mitte März im Sport1-“Doppelpass“ getätigt hatte. „Die Großen müssen den Kleinen helfen“, sagte er damals, Fußball und Gesellschaft müssten in der Krise „entschleunigen, runterfahren“. Auch seine Bayern sieht er da in der Pflicht: Beim Abschied aus dem Präsidentenamt im vergangenen Herbst hatte Hoeneß betont, der Klub müsse „sozial“ sein, „selbstbewusst, nicht arrogant“.

Geisterspiele „lebensnotwendig und bedingungslos“ für einige Vereine

Wenn Jürgen Klinsmann als Barack Obama des deutschen Fußballs gesehen werde, hatte Hoeneß einmal im Streit mit dem in München gerade geschassten Trainer gesagt, „dann bin ich Mutter Teresa“. So weit ist es jedoch nicht, zumal sich Hoeneß für die bei den organisierten Fans ungeliebten Geisterspiele einsetzt. Er sei grundsätzlich kein Anhänger von Spielen ohne Zuschauer, „doch angesichts der wirtschaftlichen Lage einiger Vereine sind sie lebensnotwendig und bedingungslos“.

Hoeneß begibt sich auch auf das Feld der Politik, Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihrer Regierung bescheinigt er „einen sensationellen Job“. Dagegen würde er sich „sehr freuen, wenn sich manche Öffnungs- und Lockerungsfanatiker, die zurzeit in den Meinungsumfragen nicht so gut abschneiden, etwas mehr zurücknehmen würden. Es kann nicht sein, dass für eine oder zwei Wochen mehr Spaß auch nur ein einziger Mensch mehr stirbt. Das kann keiner von uns verantworten.“

Auch einer anderen November-Ankündigung wird er gerecht: Hoeneß bewacht seine Bayern „wie eine Glucke“. So ist es zu erklären, dass er Hasan Salihamidzic lobt, der in der Causa Neuer unter Druck geratenen war. Der Transfer des Schalker Torhüters Alexander Nübel sei „eine Glanztat“ des Sportchefs gewesen. Eine Vertragsverlängerung mit Kapitän Neuer würde Hoeneß dennoch „sehr begrüßen, (...) weil er nach wie vor der beste Torwart der Welt ist“.