Auf die Reitanlagen in Fellbach, Hegnach und Rommelshausen dürfen seit der Corona-Krise nur noch Mitglieder. Der reguläre Sportbetrieb ruht. Die Schul- und Privatpferde werden nach Plan täglich versorgt und bewegt.

Fellbach/Kernen - Ab und an ist das Scharren von Hufen zu hören. Hie und da ertönt ein lautes Wiehern. Sonst ist es auf der großen Anlage des Reit- und Fahrvereins (RFV) Fellbach im Hinteren Bühl am Donnerstag gespenstisch still. Die Stallgassen, in denen sonst geschäftiges Treiben herrscht, sind verwaist, in der Reithalle bewegt ein einsamer Reiter sein Pferd. Die Auswirkungen des Coronavirus erschüttern auch die Welt des Pferdesports.

 

Für die Mitglieder gilt derweil die Abstandsregel

„Wir müssen die Tiere versorgen, aber wir haben unser Gelände für Externe gesperrt. Es gibt auch keinen Unterricht mehr, und mit Ausnahme von Tierarzt und Hufschmied kommen nur Mitglieder rein“, sagt Jürgen Gaiser, der Präsident des RFV Fellbach. Plakate mit klarer Botschaft („Betreten nur für Mitglieder“), Steilsprünge und andere Turnierhindernisse verstellen den Weg. Für die Mitglieder gilt derweil die Abstandsregel. Es gibt Pläne, wer wann im Stall ist, damit sich nicht zu viele gleichzeitig dort aufhalten. Das Gleiche gilt für die Halle, in der maximal vier Reiter zugleich sein dürfen. „Wir sind zudem dabei, für jedes Pferd einen Futterplan zu erstellen, für den Fall, es kommt eine Ausgangssperre, und es kann sich nicht mehr jeder jeden Tag um sein eigenes Pferd kümmern“, sagt Jürgen Gaiser. Auch die notwendigen Fahrbescheinigungen für Pferdebesitzer, damit die bei einer Verschärfung der Ausgangsregeln überhaupt zum Stall fahren dürfen, sind bereits ausgestellt. An volle Tröge haben die Verantwortlichen ebenfalls gedacht. „Wir haben uns vorsichtshalber mal einen guten Futtervorrat zugelegt“, sagt Jürgen Gaiser. Das Traditionsturnier im Juli hat der RFV indes noch nicht abgesagt: „Die Entscheidung fällt Ende April.“

Auf der anderen Seite seien Pferdesportler nach dem Tierschutzgesetz aber auch dazu verpflichtet, ihre Pferde artgerecht zu halten

Vereine, Betriebe, Pferdehalter, -sportler und -züchter oder Turnierveranstalter „sind gesellschaftlich verpflichtet, sich an die absolut berechtigten, aber scharfen und einschneidenden Maßnahmen der Behörden zu halten“ , heißt es auf der Internetseite der Deutschen Reiterlichen Vereinigung, kurz FN nach dem internationalen Namen Fédération Équestre Nationale. Auf der anderen Seite seien Pferdesportler nach dem Tierschutzgesetz aber auch dazu verpflichtet, ihre Pferde artgerecht zu halten, erklärte FN-Generalsekretär Soenke Lauterbach. „Es geht dabei allein darum, dass die notwendige Versorgung und Bewegung der Pferde sichergestellt wird.“

Das ist auch für Gabriele Handt, die Vorsitzende der Reitergemeinschaft Hegnach-Oeffingen, das Wichtigste. Bei den Privatpferden, die von ihren Besitzern bewegt werden, laufe der Betrieb zum Glück noch nahezu normal. „In diesem Bereich verlieren wir auch noch kein Geld“, sagt die Präsidentin. Anders als beim Reit- und Voltigierunterricht, der in Hegnach ebenfalls längst eingestellt ist. „Wir halten uns an alle Beschränkungen und Regeln, die uns von der FN vorgegeben werden.“

Da die RG Hegnach-Oeffingen keine Offenställe besitzt, müssen die Pferde in der Halle oder im Freien bewegt werden

Die finanziellen Verluste – durch die Absage des Ferienreitkurses in den Osterferien, des vereinsinternen Turniers im April sowie einiger Kindergeburtstage mit Ponyreiten und Pferdevorführungen, die sonst regelmäßig auf der Anlage an der Hartweinbergstraße organisiert werden – könnten für die RG ein großes Problem werden, sagt die 65-Jährige.

Mehr Gedanken macht sie sich aber um die Pferde. „Die Koppeln für die Schulpferde sind noch nicht fertig. Wir fangen Ende März damit an, die Zäune zu richten und Dünger aufzubringen. Vor Anfang Mai können die Pferde nicht drauf“, sagt Gabriele Handt. Da die RG Hegnach-Oeffingen keine Offenställe besitzt, müssen die Pferde in der Halle oder im Freien bewegt werden, erklärt die Vorsitzende. Für die zwei Reithallen gibt es deshalb klare Regeln – maximal vier Reiter dürfen sich gleichzeitig in der kleinen, 20 auf 40 Meter großen Halle aufhalten, sechs Reiter in der 30 auf 60 Meter großen Halle. „Ausreiten im Freien ist erlaubt. Im Sattel hat man automatisch ausreichend Abstand, und wir sind maximal zu zweit unterwegs“, sagt Gabriele Handt, die regelmäßig von ihrem Wohnort Degerloch zu ihrem Pferd „Dexter“ nach Hegnach fährt.

Nicole Riedißer, die stellvertretende Vorsitzende der Reitervereinigung Rommelshausen, nimmt alle Auflagen sehr ernst und setzt sie um. „Wir tun alles, dass sich möglichst wenige Menschen treffen, wenn sie sich hier um die insgesamt 28 Pferde kümmern.“ Das für Ende April geplante Frühjahrsturnier haben die Rommelshausener schon in der vorvergangenen Woche abgesagt, ebenso den geplanten Springreiterlehrgang, und überall im Stall und in der Reithalle wurden Plakate mit Verhaltensmaßregeln aufgehängt. „Wir hoffen nur, dass die Vorschriften nicht weiter verschärft werden müssen“, sagt Nicole Riedißer. Und nicht nur Jürgen Gaiser fürchtet, dass der eine oder andere Reiter gezwungen sein könnte, aus finanziellen Gründen, sein Pferd zu verkaufen. Dann könnte es auch nach der Corona-Krise ruhiger auf den Anlagen werden.