Die Meinungen zum anhaltenden Verbot von Prostitution im Südwesten gehen weit auseinander. Der Verband der Sexarbeiterinnen und Gesundheitsminister Lucha liegen im Clinch.
Stuttgart - Prostitution im gewerbsmäßigen Stil bleibt im Südwesten per Corona-Verordnung weiter verboten. „Selbstverständlich stellen wir jedoch all unsere Maßnahmen regelmäßig auf den Prüfstand und passen sie dem Infektionsgeschehen und der aktuellen Rechtsprechung an“, heißt es aus dem Gesundheitsministerium in Stuttgart. Die von Bordellbetreibern ausgearbeiteten Hygienekonzepte könnten womöglich dazu beitragen, Ansteckungsrisiken in gewissem Maße zu senken. Sie reichten jedoch aktuell nicht aus, um die Gefährdung ausreichend einzudämmen. Ressortchef Manne Lucha (Grüne) sieht sich darin auch vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg bestätigt.
Erhöhtes Infektionsrisiko bei engem Körperkontakt
Dieser hatte mit Verweis auf erhöhte Atemaktivität und damit erhöhtes Infektionsrisiko bei engem Körperkontakt für die weitere Schließung plädiert. Damit hatte er den Eilantrag zweier Betreiberinnen von Bordellen in Konstanz, Baden-Baden und Heidelberg, unter scharfen Hygieneregeln sexuelle Massagen zuzulassen, abgewiesen.
Nach Angaben des Bundesverbandes Sexuelle Dienstleistungen (BSD) gehört Baden-Württemberg zu der Minderheit der Bundesländer, in denen Bordelle noch geschlossen sind. Dazu zählten auch Mecklenburg-Vorpommern, Hessen und Rheinland-Pfalz. Neben Bordellen sind im Südwesten noch Clubs und Diskotheken dicht.
Der BSD warf Lucha nach einem Round Table Gespräch mit Vertretern von Ministerien, Kommunen, Verbänden von Prostitutionsbefürwortern und -kritikern Untätigkeit vor. Er habe sich auf das VGH-Urteil zurückgezogen, anstatt selbst gestaltend tätig zu werden. „Das war eine Enttäuschung hoch zehn“, sagte Verbandschefin Stefanie Klee zu dem Ergebnis des Treffens Mitte der Woche.
„Sexualität ist nicht nur die Missionarsstellung“
Das weitere Verbot gewerbsmäßiger Prostitution sei mit epidemiologischen Gründen nicht zu rechtfertigen. Klee wies Vorwürfe zurück, die Betriebe könnten die üblichen Corona-Hygienemaßnahmen nicht umsetzen. Die Branche habe vielfältige Praktiken entwickelt, die mit den Hygiene- und Abstandsregeln zu vereinbaren seien. Klee: „Sexualität ist nicht nur die Missionarsstellung.“
In der Corona Verordnung Baden-Württemberg ist die Prostitution einer einzelnen Frau, ohne dass ein Dritter wie ein Zuhälter daraus wirtschaftlichen Nutzen zieht, vom Verbot nicht erfasst. Dies führt laut BDS dazu, dass Frauen die bislang in Bordellen arbeiteten, jetzt den Straßenstrich bedienten, wo sie großen Gefahren ausgesetzt seien. In Karlsruhe, Stuttgart und Heilbronn sei auch dies durch Allgemeinverfügung untersagt. Dagegen seien Widersprüche eingelegt worden.