Keine Besucher, aber Fixkosten. Der Disney-Film „Mulan“ ging direkt ins Streaming, der neue James-Bond-Reißer startet immer noch nicht – für die Kinos gab es dieses Jahr schon viele schlechte Nachrichten. Der neuerliche Lockdown immerhin wird durch Hilfsgelder abgefedert.

Stuttgart - Für die Filme, die Filmemacher und fürs Publikum tut dem Kinobetreiber Peter Erasmus der neue Lockdown leid. Seine Kinos aber, das Atelier am Bollwerk und das Delphi, sieht er noch nicht am Abgrund. Das neue Hilfspaket des Bundes sieht vor, kleineren Unternehmen wie der Arthaus Filmtheater GmbH von Erasmus 75 Prozent ihrer Umsatzeinbußen zu ersetzen. Berechnungsgrundlage dafür werden die Umsätze des Novembers 2019. „Das ist auch nötig“, sagt der Kinomacher, „schließlich haben wir monatlich schon mal 40 000 Euro Fixkosten für Löhne, Mieten und anderes, auch wenn wir gar nicht öffnen können.“

 

Die bisherigen Hilfszahlungen seien so schnell gekommen, wie er das bei Verwaltungsakten in Jahrzehnten noch nie erlebt habe. Und auch die Unterstützung durch sein Publikum sei beim ersten Lockdown überwältigend gewesen. Als er im Frühjahr nicht spielen konnte, hätten die Stuttgarter für insgesamt 50 000 Euro Kinogutscheine bei ihm gekauft. Die Gespräche mit der Stadt, mit dem Land, mit der Filmförderung seien in der Krise sämtlich ermutigend und wertschätzend verlaufen. „Man sieht unsere Lage und gibt uns klar zu verstehen. Kino darf nicht sterben.“

Mahnung von den Innenstadtkinos

Mit der Geschwindigkeit der bisherigen Auszahlungen ist Margarete Söhner von den Mertz-Filmtheaterbetrieben weniger zufrieden. „Das lief zäh, wir hoffen, dass das Geld diesmal schneller kommt.“ Auch ihre Häuser – EM, Gloria, Cinema und Metropol – sieht die zum Führungsteam der Innenstadtkinos gehörende Söhner zunächst einmal durch Ausfallzahlungen und Kurzarbeitsgeld gesichert. „Ewig kann das so aber nicht weitergehen“ mahnt sie, und macht wie Peter Erasmus der Frustration Luft, dass die Kinos, deren Bemühungen um ein sicheres Kulturerlebnis erfolgreich gewesen seien, nun wieder mit in Haft genommen würden.

„Wir hoffen, dass das Opfer, das wir bringen müssen, auch wirklich hilft, und bald wieder geöffnet werden kann“, sagt Söhner mit Blick auf das angepeilte Lockdown-Ende nach vier Wochen. „Aber wenn wir dann zunächst zu einem Spielbetrieb mit Abstandsregeln und reduzierter Besucherzahl zurückkehren, sollte man achtsamer und genauer hinschauen, was notwendig und nützlich ist. Durch die gute Belüftung in den Kinos würde dort 1 Meter Abstand genügen, wir könnten dann mehr Menschen sicher unterbringen.“

Das Festival wird hart erwischt

Viele Filme, die im Kino jetzt nicht starten können, der neue Eberhofer-Krimi „Kaiserschmarrndrama“ etwa, werden erst einmal ein paar Wochen weitergeschoben. Diesen Ausweg haben die Französischen Filmtage Tübingen/Stuttgart nicht. Das gerade erst in beiden Städten gestartete Festival wird durch den Lockdown in der Mitte entzweigeschnitten. „Wir wussten, dass etwas kommen wird“, sagt der Programmplaner Hasan Ugur, „aber wir hatten mit dem Beginn Mitte Woche gerechnet, nicht mit Montag.“

Gleich nach den Nachrichten aus Berlin hat Ugur bis tief in die Nacht den Spielplan geändert, hat einigen Filmen noch bis Sonntag ein Leinwandplätzchen verschafft. Vieles aber muss nun ausfallen. „Das Festival hat zwar einen Online-Teil, aber zusätzliche Filme können wir aus technischen und rechtlichen Gründen nicht mehr dorthin ins Streaming verlagern“, erklärt Ugur. Und wiederholt, was alle Kino- und Festivalmacher sagen: „Wir sehen schon, dass etwas getan werden muss. Aber wir wissen nicht, wie das im nächsten Jahr für uns weitergehen wird.“