Friseure dürfen seit dieser Woche wieder Kunden bedienen – und sie haben sich auf die neuen Vorschriften vorbereitet. Tobias Lutz von Meyer & Marks in Fellbach verlangt einen Hygienezuschlag.

Fellbach - Ein Friseurbesuch unter anderen Vorzeichen im Salon von Tobias Lutz in der Bahnhofstraße in Fellbach. Ich warte vor dem Salon, glücklich, dass ich gleich am ersten Tag, an dem die Friseure in Baden-Württemberg wieder Kunden bedienen dürfen, einen Termin bekommen habe. Denn in den kommenden zwei Wochen ist der Terminkalender im Salon Meyer&Marks nahezu komplett ausgebucht – und das, obwohl Tobias Lutz die Öffnungszeiten morgens und abends um jeweils eine Stunde verlängert hat.

 

Arbeit im Zweier-Team

Tobias Lutz bittet mich herein, auf Abstand. Gerade hat die Kundin vor mir den Salon verlassen. Er streckt mir eine Mundschutzmaske entgegen, aus dem Mantel dürfe er mir nicht helfen, entschuldigt er sich. Der Chef und seine Assistentin Larissa arbeiten im Zweier-Team, am Nachmittag werden sie von zwei anderen Kollegen abgelöst. Chef Tobias Lutz möchte mit dieser Lösung gewährleisten, dass immer dieselben Personen im Team zusammenarbeiten, er hat insgesamt drei Assistentinnen, versucht aber, bei der Terminvergabe darauf zu achten, dass die Kunden auch jetzt von ihrer angestammten Friseurin bedient werden.

Eingangsbereich „kontaktlos“ gestaltet

Mit einem Gartentisch und einer Plexiglas-Scheibe, die von der Decke hängt, hat er den Eingangsbereich „kontaktlos“ gestaltet. Ich muss mir die Hände desinfizieren und meine Personalien auf einem vorgefertigten Blatt eintragen, das Lutz dann abheftet. Den Stift hat er vorher desinfiziert. Später ergänzt er noch die genaue Uhrzeit – 11 bis 11.45 Uhr. Die Angaben sollen dazu dienen, die Kette der Kontakte notfalls nachvollziehen zu können. Um diesen „Fall“ möglichst zu verhindern, gelten weitere Vorschriften: Ich bekomme einen durchsichtigen Plastikumhang und einen weinroten Stoffumhang ausgehändigt, ziehe beide übereinander an und gehe zum Waschbereich. Eine Plexiglaswand trennt die Becken. Tobias Lutz wäscht meine Haare mit Handschuhen. Trockenes Haar darf er nicht schneiden.

„Der Aufwand für uns ist schon ziemlich hoch“, sagt er. Zum einen habe er lange gesucht, um Masken und Umhänge aufzutreiben, dafür habe er mehrere Hundert Euro bezahlt. Auf den Boden hat Lutz gelb-schwarze Abstandsstreifen geklebt. Auch sei der Rhythmus im Salon jetzt ein anderer. Er könne maximal zwei Kunden gleichzeitig bedienen, 45 Minuten rechnet er pro Kunde für Waschen, Schneiden und Föhnen. Auf aufwendiges Färben verzichte er im Moment. Bei mir geht es schnell, die Naturwelle hilft beim Schnitt. Gut so, denn unter der Maske und dem Umhang wird es allmählich warm. Auch das Bild, das mich aus dem Spiegel anschaut, will keine rechte Freude auslösen. Die Maske nivelliert Gesichtsausdruck und Schnitt, erst zuhause zeigt sich, dass die Haare wieder „sitzen“.

Es gibt einen Hygienezuschlag

46 Euro verlangt Tobias Lutz – mit Hygienezuschlag. Etwa 30 Prozent mehr kostet der Friseurbesuch jetzt sowohl für Frauen als auch Männer, und auch Jugendliche müssen mit 24 und 29 Euro tiefer in die Tasche greifen. Dennoch schätzt Tobias Lutz, dass er den Umsatzverlust in diesem Jahr nicht mehr aufholen kann.

Aber das steht am ersten Tag der Öffnung nach der Pandemie-Zwangsschließung nicht im Fokus. Er freue sich, seine Kunden wieder bedienen und dem „einen oder anderen auch einen neuen Look“ vorschlagen zu können. „Die Haare sind bei einigen ausgewachsen und wesentlich länger als üblich, da kann man was machen“, sagt Lutz. Seit 19 Jahren ist er im Beruf, seit neun im Salon in der Bahnhofstraße, wo am Montag ununterbrochen das Telefon klingelt. Er und sein Team werden in den nächsten Wochen noch einige Überstunden machen. Tobias Lutz sieht am Montag mit seinem weißen wadenlangen Kittel jedenfalls wie ein Mediziner aus. Der Friseur sozusagen als Retter in der Not. Nach mir werden der Stuhl und alle Werkzeuge desinfiziert, Plastik- und Stoffumhang entsorgt. Erst dann darf der nächste rein – der wartet schon.