Erst im Winter sind sie eilig aufgebaut worden. Nun stellen zum Ende des Monats alle Impfstützpunkte im Rems-Murr-Kreis ihren Betrieb wieder ein. Auch wenn die Impfquote zu wünschen übrig lässt.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Anfangs sind die zwischenzeitlich sechs vom Kreis und den Kommunen eingerichteten Impfstützpunkte förmlich überrannt worden. Das berichtet der für die Koordinierung zuständige Dezernent Gerd Holzwarth. Seit Mitte Januar aber seien die Buchungen mehr und mehr zurückgegangen. In Fellbach und Schorndorf reagierte man darauf bereits Mitte Februar mit der Schließung. Jetzt folgt der Rest.

 

Novavax bringt keinen Impfboom

Auch der seit Anfang März erhältliche Impfstoff von Novavax habe an der nachlassenden Impfnachfrage nichts Entscheidendes geändert. Lediglich 150 Impfungen mit der auf Protein-Basis „konventionell“ angelegten Immunisierung sind laut Angaben des Landratsamts in den Impfstützpunkten verabreicht worden. Über alle Impfstoffe hinweg seien in den vier verbliebenen Stützpunkten zuletzt pro Tag lediglich zwischen acht und 16 Corona-Impfungen gebucht worden – hinzu kam in etwa noch eine gleiche Menge an Spontanimpfungen.

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Dabei gäbe es gerade im Rems-Murr-Kreis durchaus noch Immunisierungspotenzial. Mit einer Impfquote von 69 Prozent bei den Zweitimpfungen rangiert er im landesweiten Vergleich auf einem der hinteren Plätze. Spitzenreiter mit einer Vollimmunisierungsquote von 84,8 Prozent ist laut der jüngsten Statistik des Sozialministeriums der Landkreis Baden-Baden, in Freudenstadt ist fast der gleiche Anteil an Menschen (84,4 Prozent) sogar geboostert, also zum dritten Mal geimpft. Im Rems-Murr-Kreis sind das lediglich 53,4 Prozent.

Keine Erklärung für schlechte Impfquote

Warum man hierzulande vergleichsweise so im Hintertreffen ist, dafür hat man im Waiblinger Landratsamt auch keine wirklich zufriedenstellende Erklärung. Man habe mit Hochdruck daran gearbeitet, die Impfquote zu erhöhen, betont eine Behördensprecherin und zählt vom eigenen digitalen Buchungstool zur Entlastung der Impfstützpunkte und Arztpraxen, über aktive Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und mobile Aktionen bei Zielgruppen, die über die klassischen Kanäle weniger gut erreichbar sind, Beispiele des Engagements auf.

Fakt scheint hingegen zu sein, dass sich zurzeit zu wenige Menschen für einen Pieks erwärmen können, als dass dies die nicht unerheblichen Vorhaltungskosten rechtfertigen würde. Deshalb werden nun mit Murrhardt, Backnang und Welzheim nicht nur die letzten drei verbliebenen Impfstützpunkte im Rems-Murr-Kreis geschlossen. Auch im übrigen Land wird das vom Sozialministerium finanzierte Angebot zurückgefahren. Im Landkreis ist man dennoch sicher, den aktuellen Bedarf an Coronaimpfungen gut und unkompliziert befriedigen zu können. Viele Impfstellen in Arztpraxen und Apotheken seien gut etabliert, und zahlreiche davon seien in das niederschwellige Buchungsportal auf der Internetseite der Kreisbehörde eingebunden. Auch Kinderimpfungen könnten dort oder direkt bei vielen Haus- und Kinderärzten vereinbart werden.

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„Wir haben inzwischen eine gute Impf-Infrastruktur im Rems-Murr-Kreis. Auch wenn der Landkreis sich aus dem Impfgeschehen zurückzieht, gibt es aktuell keine Versorgungslücke“, verspricht der Pandemiebeauftragte der Kreisärzteschaften, Dr. Jens Steinat. Auch geflüchtete Menschen aus der Ukraine könnten über die Regelversorgung Impfungen und eine medizinische Versorgung erhalten.

Gewappnet für eine nächste Coronawelle?

Gleichwohl will man offenbar nicht den gleichen Fehler machen wie im vergangenen Herbst: Kaum waren damals die vom Land beauftragten Kreisimpfzentren – im Rems-Murr-Kreis die Waiblinger Rundsporthalle – wegen zurückgehender Nachfrage geschlossen worden, wurde der dringende Ruf nach Kapazitäten für Booster-Impfungen laut. Man werde sich in enger Abstimmung mit dem Sozialministerium für eine mögliche dritte Impfkampagne wappnen, betont deshalb nun der Landrat Richard Sigel. Im Klinikum in Winnenden solle ein Impfstützpunkt voll eingerichtet bereitgehalten werden, mit dem man sofort starten könne, sobald es eine neue Welle an Impfnachfrage gebe. Zudem könne man kurzfristig zur Unterstützung auf mobile Impfteams des Klinikums Stuttgart zurückgreifen, sofern sich in Heimen, Einrichtungen oder auch sonst wo ein unerwarteter Bedarf ergebe.

Ungeachtet der verbesserungsfähigen Quote ist man im Landratsamt mit der Bilanz der kurzfristig aus der Taufe gehobenen Impfkampagne durchaus zufrieden. Seit Dezember haben demnach mobile Impfteams des Klinikums Stuttgart zusätzlich 30 000 Impfungen im Rems-Murr-Kreis durchgeführt. Außerdem wurden im Kinderimpfzentrum am Klinikum Winnenden und bei Kinder-Impfaktionen mehr als 3500 Spritzen an unter Zwölfjährige verabreicht. In 38 Aktionen, verteilt über alle Kreiskommunen, seien bis Weihnachten niederschwellige Impfungen vor Ort angeboten und sehr gut angenommen worden.

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Besonders stolz aber ist das Landratsamt auf die eigenen Impfteams. Der Landrat hatte sich eine mögliche Rekrutierung bereits im Herbst in weiser Voraussicht vom Kreistag absegnen lassen. Die erfahrenen Verwaltungskräfte und medizinischen Fachangestellten konnten dann Ende November aus dem Personalstamm des ehemaligen Kreisimpfzentrums für einen erneuten Einsatz gewonnen werden. 11 500 Impfungen gegen Corona gehen auf ihr Konto.

Informationen rund ums Impfen unter: www.rems-murr-kreis.de/kiz

Die aktuelle Corona-Lage im Rems-Murr-Kreis

Infektionen
 Laut Angaben des Landratsamts befanden sich am Dienstag 5860 Menschen im Kreis wegen einer Corona-Infektion in Quarantäne. Das waren 1392 mehr als am Tag zuvor. Die meisten aktiven Fälle sind in Waiblingen (694) und Fellbach (594) gemeldet. Die Sieben-Tages-Inzidenz wurde mit 1640 angegeben. Am Montag lag sie bei 1534.

Kliniken
 Die Rems-Murr-Kliniken versorgen laut eigenen Angaben aktuell 70 Patienten, die mit dem Coronavirus infiziert sind. Vier davon müssen auf einer Intensivstation behandelt werden. Die Hospitalisierungsinzidenz liegt in Baden-Württemberg bei 6,5 Prozent. 273 Corona-Patienten werden auf einer Intensivstation betreut.

Impfungen
 292 168 Personen im Rems-Murr-Kreis haben sich laut Erkenntnissen des Landessozialministeriums mindestens einmal gegen das Coronavirus impfen lassen. Das entspricht einer Quote von 68,4 Prozent. 69 Prozent gelten als voll immunisiert, 53,4 Prozent haben darüber hinaus eine Auffrischungsimpfung erhalten.