In Fellbach gibt es drei Corona-Schwerpunktpraxen. Dort können sich Menschen mit Erkältungssymptomen und Rückkehrer aus Risikogebieten testen lassen. Für den Allgemeinarzt Andreas Mechela sind die täglichen Testreihen mittlerweile Routine.

Fellbach - An diesem Tag ist die Schlange im Hof vor der Praxis von Dr. Andreas Mechela ziemlich lang. Mehr als 25 Menschen sind am Nachmittag gekommen, um sich auf Corona testen zu lassen. Die Arzthelferinnen nehmen Daten auf und lassen sich Krankenkärtchen geben. Dr. Mechela sieht ein bisschen aus wie von einem anderen Stern: In Schutzkleidung nimmt er in seinem in einer Garage eingerichteten Testzentrum einen Abstrich nach dem anderen ab. In der Regel ist innerhalb von 24 Stunden das Ergebnis da.

 

Ein weiterer Waiblinger hat Grippe-Symptome und Fieber

Die Gründe, weshalb die Menschen sich testen lassen möchten, sind vielfältig. „Meine Corona-App hat mir am Samstag gemeldet, dass ich zwei Risiko-Begegnungen hatte“, sagt eine 48-jährige Frau (wir lassen in Absprache mit allen, die zu einem kurzen Gespräch bereit waren, die Namen weg). Die riskanten Begegnungen hätten bereits vor fünf Tagen stattgefunden, die Frau ist etwas erstaunt, dass die Benachrichtigung erst so viel später erfolgte. Sie habe dann zunächst beim Gesundheitsamt und dann bei ihrem Hausarzt angerufen. Der habe ihr gesagt, sie solle sich in einer Schwerpunktpraxis testen lassen.

Eine 67-Jährige aus Waiblingen steht ebenfalls in der Schlange. Sie ist seit fünf Tagen schwer erkältet, auch sie will Gewissheit. Ein weiterer Waiblinger hat Grippe-Symptome und Fieber. Eine Dame, die an Rheuma leidet und wegen chronischer Schmerzen in zwei Tagen in einer Schmerzklinik aufgenommen wird, braucht ein negatives Testergebnis, das nicht älter als 24 Stunden sein darf. Ein älteres Ehepaar ist am Samstag von seinem Urlaub in Tirol zurückgekehrt, einen Tag zuvor wurde Tirol zum Risikogebiet erklärt. „Wir fühlen uns wohl, aber jetzt lassen wir uns halt testen“, sagt der Mann.

Ein Lehrer hatte bereits vor etlichen Wochen einmal ein negatives Ergebnis

Dieses Schicksal teilt das Ehepaar mit drei weiteren Reiserückkehrer in der Schlange. Eine Frau kam am Vortag aus dem Kosovo zurück. Sie möchte schnell ein Testergebnis, um nicht zwei Wochen in Quarantäne zu müssen. Eine Erzieherin und ein Lehrer nutzen diesen sonnigen Nachmittag ebenfalls zum Test: Beide Berufsgruppen können sich bis Ende September zweimal kostenlos testen lassen. Der Lehrer hatte bereits vor etlichen Wochen einmal ein negatives Ergebnis.

Für Dr. Mechela sind die beiden täglichen Testreihen Routine. Von Anfang an war seine Praxis eine Corona-Schwerpunktpraxis. „Ich möchte Corona keinesfalls selbst bekommen, weil auch mildere Verläufe chronische Schäden verursachen können“, sagt er. Sein Aufwand halte sich in Grenzen, aber seine Helferinnen hätten durch die Anrufe bei den Getesteten und die Vor- und Nachbereitung viel Arbeit, sagt er. Zum Ende der Urlaubszeit habe er einige „Positive“ unter den Getesteten gehabt, nun sei die Zahl wieder zurückgegangen: „Ich kann mich nicht erinnern, dass wir die vergangenen vierzehn Tage jemand positiv testeten“, sagt er. Laut Robert-Koch-Institut fallen in Baden-Württemberg aktuell 2,5 Prozent aller Tests positiv aus.

Das Tragen von Masken schützt generell deutlich vor Ansteckungen

Dass die Warteschlange im Laufe der kalten Jahreszeit viel länger werden könnte, das befürchtet Dr. Mechela schon und appelliert deshalb an die Bevölkerung, Abstand, Maskenpflicht und Hygieneregeln ernst zu nehmen.

Kai Sonntag, Pressesprecher der Kassenärztlichen Vereinigung in Baden-Württemberg, sagt, man sei sich noch nicht so recht schlüssig, ob das Tragen von Masken womöglich viele Erkältungskrankheiten in diesem Winter verhindere und die Zahlen der Menschen, die sich testen lassen wollen in der Erkältungszeit deshalb doch nicht so extrem steige. „In den Wintermonaten des vergangenen Jahres haben wir in Baden-Württemberg rund 2,5 Millionen Patienten verzeichnet, die wegen Erkältungssymptomen ihren Arzt aufsuchten.“ Werden es nun deutlich mehr – nämlich auch Menschen, die sonst wegen so etwas gar nicht zum Arzt gehen? Aber auch gegenläufige Zahlen könnte es nach Meinung der Ärzte geben, denn das Tragen von Masken schützt generell deutlich vor Ansteckungen.

Der Hausarzt sei auch immer der erste Ansprechpartner für den Patienten

Immer noch ist die Corona-Zukunft geprägt von vielen Unsicherheiten – auch ob die Testkapazitäten im Winterhalbjahr reichen. In jedem Fall sei man im Ländle gut aufgestellt. Im Rems-Murr-Kreis gibt es 37 Corona-Schwerpunktpraxen. In Fellbach sind es drei, aber auch jeder „normale“ Hausarzt könne die Tests durchführen, sagt Dr. Mechela. Glücklicherweise tun dies in Fellbach viele Kollegen. Der Hausarzt sei auch immer der erste Ansprechpartner für den Patienten, und auch in den Schwerpunktpraxen müsse man sich telefonisch anmelden, ergänzt Pressesprecher Kai Sonntag: „Es ist ganz wichtig, dass wir diesen geordneten Betrieb aufrechterhalten.“

Mit Blick auf einen Teil der Bevölkerung, der allzu locker mit der Bedrohung umgeht, sagt Sonntag: „Der beste Freund des Virus ist derjenige, der ihn nicht ernst nimmt.“ Er appelliert weiter an die Mitarbeit der Bevölkerung, die Pandemie in den Griff zu bekommen.

Neuregelung und Kosten Für Tests

In Fellbach gibt es drei: Praxis Dr. Mechela, Praxis Dr. Conrad und das Medizinische Versorgungszentrum in der Ringstraße (Kinder- und Jugendärztliche Praxis).

Von Oktober an ist jeder, der aus einem erklärten Risikogebiet zurückkehrt, verpflichtet fünf Tage in Quarantäne zu gehen und sich testen zu lassen.

Wenn die Warn-App anschlägt oder ein Patient Symptome hat, zahlt die Krankenkasse den Test. Bei Tests für Reiserückkehrer aus Risikogebieten sowie die für Lehrer und Erzieher ermöglichten Tests übernehmen Land und Bund die Kosten. Wer von einer Reise aus einem Nicht-Risikogebiet zurückkommt oder sich einfach mal so testen lassen möchte, der muss die rund 100 bis 150 Euro selbst zahlen.