Die Corona-Soforthilfe von StZ und StN unterstützt die Künstlerhilfe Stuttgart: Selbstständige aus dem Kulturbetrieb blicken in eine ungewisse Zukunft – dabei fehlt oft jetzt schon das Geld für die Miete.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - In den Sommermonaten wird Geld verdient. „Die sind für uns Musiker wie das Weihnachtsgeschäft im Einzelhandel“, rechnet Frank Wekenmann vor. Der gut beschäftigte Gitarrist spielt in mehreren Bands und gastiert häufig im Theaterhaus. Jetzt hat er über 30 Absagen für geplatzte Konzerttermine im Sommer erhalten. Seine Lebensgefährtin Katalin Horvath ist ausgebildete Sopranistin und tritt ebenfalls mit verschiedenen Formationen auf. Außerdem war ihr gemeinsames musikalisches Projekt mit Musik vom Balkan bisher gut gebucht. Aber alle Auftritte sind geplatzt. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie treffen die Sängerin gleich doppelt, denn sie hat sich über Jahre als zweites Standbein eine Künstleragentur aufgebaut. „Ich leiste da viel Vorarbeit für die Vermittlung und die ganze Organisation. Mein Honorar bekomme ich erst nach dem Auftritt des jeweiligen Künstlers“, sagt sie. Die Arbeit vieler Monate war somit umsonst, denn auch die Kollegen, die sie unter Vertrag hat, können nicht mehr auftreten. Damit fällt auch ihr Verdienst weg.

 

Rechnung über Spende bezahlt

Das Musikerpaar hat der Stillstand des öffentlichen Lebens im März kalt erwischt, denn das erste Quartal ist finanziell stets eine Durststrecke bei Musikern. „Mitte März wäre es wieder losgegangen“, berichtet die Sängerin. Als klar war, dass nichts mehr geht, gab es noch eine unbezahlte Rechnung im Hause des Künstlerpaars. Die konnten sie nur mit Hilfe der Künstlersoforthilfe Stuttgart begleichen. Der ehemalige Kolumnist der Stuttgarter Nachrichten, Autor und Veranstalter der Flaneur-Salons, Joe Bauer, hat die Hilfsaktion gleich nach dem Lockdown zusammen mit weiteren Mitstreitern gegründet und zu Spenden aufgerufen. So konnte die Initiative vom 16. März an Freiberuflern und Studenten mit Beträgen von jeweils 200 bis 300 Euro über den schlimmsten Engpass helfen, denn selbst bei Vollprofis wie Wekenmann und Horvath gibt es keine Rücklagen. „Dafür ist unser Beruf sehr erfüllend, aber das Einkommen schwankt eben“, betont der Gitarrist. „Die Soforthilfe hat uns gerettet“, freut sich Katalin Horvath. „Wenn man die Miete nicht mehr bezahlen kann, ist das grausam.“

Finanzielle Unterstützung vom Land

Die Corona-Soforthilfe von Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten, für die die Leser unglaubliche 707 000 Euro gespendet haben, unterstützt die Künstlernothilfe mit einer Spende von 15 000 Euro. Damit wird auch all denjenigen geholfen, die hinter den Kulissen des Kulturbetriebs wirbeln und wirken wie Techniker, Toningenieure und Bühnenarbeiter. Viele halten sich durch mehrere Jobs über Wasser, meist sind diese Tätigkeiten schlecht bezahlt und jetzt weggebrochen.

Profikünstler können beim Land die Soforthilfe Corona für maximal drei Monate beantragen. Das sind maximal 1180 Euro pro Monat. Gibt es Nebeneinkünfte, werden diese abgezogen. Frank Wekenmann unterrichtet – derzeit online – an einer Musikschule und erhält dementsprechend weniger Unterstützung vom Land. An einem branchenoffenen Nachfolgeprogramm für die Künstler werde gerade gearbeitet, ist aus dem Wirtschaftsministerium zu erfahren.

Ungewisser Auftritt an Silvester

„Wir sind sehr froh über diese Unterstützung des Landes, aber es darf jetzt nichts schief gehen“, sagt der Musiker mit Blick auf sein Auto, das zum TÜV muss. Einen Teil seines technischen Equipments versucht er derzeit in Geld umzusetzen. Das funktioniert jedoch nicht: Viele Musiker haben die gleiche Idee. Somit ist die Konkurrenz groß und andererseits will oder kann derzeit niemand kaufen.

Die Ungewissheit wann es weitergehen wird, nagt besonders an den Nerven. „Ich weiß ja nicht einmal, ob mein Silvesterkonzert stattfindet“, bangt Wekenmann. Wie es nach Ablauf der staatlichen Hilfe für die Branche weitergeht, ist noch völlig ungewiss. Katalin Horvath betont, dass der Schutz der Gesundheit zwar vorgeht, aber sie wünsche sich mehr Wertschätzung für die Branche. Die hat 2018 einen Umsatz von 168,3 Milliarden Euro erwirtschaftet. Und von den 1,2 Millionen Beschäftigten im Kulturbereich sind über eine Viertelmillion Freiberufler. Das gemeinsame musikalische Programm von Wekenmann und Horvath mit ihrer Band heißt übrigens Foaie Verde, was frei übersetzt so viel bedeutet wie der freudige Ausruf: „Ist das Leben schön!“

Großspende
Ein ganz besonders Dankeschön gilt allen Spendern. Eine Riesenüberraschung war kürzlich der Überweisungsbetrag von 20 000 Euro auf dem Kontoausdruck der Corona-Soforthilfe. Hinter dieser großzügigen Summe steckt die Bauder-Stiftung: „Durch die Corona-Krise leben wir in einer Zeit der besonderen Herausforderungen. Wir hoffen, dass Sie damit vielen Menschen helfen können,“ kommentieren die Stifter ganz bescheiden ihre große Tat.

Pizzaparty
Für eine weitere Überraschung hat dieser Tage das Technologie- Unternehmen Advantest mit seiner Niederlassung in Böblingen gesorgt. Anlässlich der Vollendung eines Projekts waren alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu einer Pizza-Party eingeladen. Wegen der Pandemie wurde online gegessen, getrunken und geplaudert. Dabei sammelten die Party-Gäste für die Corona-Soforthilfe von StZ und StN. So erreichte die Spendenaktion kürzlich das Bild eines ebenfalls virtuellen Schecks über ganz analoge 450 Euro. Herzlichen Dank dafür.

So können Sie spenden

Hilfe für den Nachbarn e. V. IBAN: DE53 6005 0101 0002 2262 22 „Corona-Soforthilfe“

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