Das Gebäude ist geschlossen. Wie funktioniert jetzt die Arbeit am Leonberger Amtsgericht?

Leonberg - Im Leonberger Amtsgericht herrscht alles andere als „business as usual“. In mehreren Besprechungen – im größten Saal des Gebäudes und natürlich mit angemessenem Abstand zwischen den Beteiligten – erörterte Amtsgerichtsdirektor Torsten Hub jetzt mit seinen Mitarbeitern, wie der notwendige Betrieb des Gerichts aufrechterhalten werden kann, nachdem die Corona-Krise nun auch Auswirkungen auf die Justiz hat.

 

„Unser Gebäude ist abgeschlossen wie viele andere Gerichte im Land auch“, erklärte Hub. Zutritt gebe es nur noch für Verhandlungen und zur Rechtsantragsstelle. Der Wachtmeister, der nach wie vor in seinem Büro Dienst tue, öffne die Tür nur, wenn der Ratsuchende zuvor über die Klingel an der Schranke zum Parkplatz Kontakt aufgenommen und sein Anliegen geschildert habe und dieses unbedingt persönlichen Kontakt erfordere. Vorteilhaft sei es, zuvor telefonisch Kontakt zum Amtsgericht aufzunehmen, meinte Hub.

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Grundsätzlich laufe das Amtsgericht nur noch im Notbetrieb. Verhandelt würden ausschließlich Eilfälle wie einstweilige Verfügungen, Haftsachen oder eilige Familiensachen, wenn es beispielsweise um kurzfristige Entscheidungen zum Sorgerecht für Kinder oder den Umgang mit ihnen gehe, sagte der Amtsgerichtsdirektor. Alle anderen anstehenden Termine seien abgesagt worden oder würden noch abgesagt. Bei den wenigen Verhandlungen und Anhörungen werde darauf geachtet, dass zwischen allen Personen im Raum ein Mindestabstand von zwei Metern eingehalten werde. Sämtliche Termine fänden daher in den beiden größten Sälen statt. Justizminister Guido Wolf hatte in seinem Erlass ausdrücklich klargestellt, dass der Rechtsstaat auch in der Krise funktioniere und sich niemand Sorgen machen müsse.

Kontakt wenn möglich per E-Mail

Hub betonte, dass es – wo möglich – Einschränkungen bei persönlichen Kontakten geben werde. „Wenn sich jemand an die Rechtsantragsstelle wendet, wird beispielsweise geprüft, ob nicht auch telefonisch oder per Mail geholfen werden kann“, erklärte er. Da viele Altenheime Besuch ohnehin untersagt hätten, könne es bei Betreuungsfällen vorkommen, dass wichtige Entscheidungen auch ohne die eigentlich vorgeschriebene Anhörung der Betroffenen zunächst als einstweilige Anordnung getroffen werden müssten und die Anhörung dann nachgeholt würde.

Auch innerorganisatorisch sei mit den Mitarbeitern vereinbart worden, dass die sozialen Kontakte auf das absolute notwendige Maß beschränkt würden. „Richter, Notare und Rechtspfleger sind in der Lage, einen Teil der Geschäfte auch von zu Hause aus erledigen zu können“, erklärte Hub. Für die Mitarbeiterinnen auf den Geschäftsstellen bestünde diese Möglichkeit allerdings nicht. Mitarbeiter, die aufgrund einer Vorerkrankung zu einer Risikogruppe gehören, seien freigestellt worden. „Auch auf die Notwendigkeit einer Kinderbetreuung wird nach den Schul- und Kitaschließungen natürlich Rücksicht genommen“, erläuterte Hub.

Kaffeerunden fallen aus

Zudem sei zur Reduzierung persönlicher Begegnungen im Gericht eine Art Schichtdienst eingeführt worden und sämtliche Doppelzimmer nur noch mit einer Person besetzt.

„Die gemeinsamen Kaffeerunden und das gemeinsame Mittagessen in der Küche finden ab sofort nicht mehr statt“, stellte Hub klar. Es gebe Kollegen, die ihre Arbeitszeiten in die frühen Morgenstunden, teilweise von 4 Uhr an, in den Abend bis 22 Uhr oder auf die Wochenenden verlegen. Entscheidend sei derzeit allein, dass das Personal zur Bearbeitung der Eilverfahren anwesend sei.

„Es gibt viele leere Zimmer, und auf den Gängen herrscht eine ungewohnte Stille“, hat Hub festgestellt. Zudem sei es ein seltsames Gefühl, den persönlichen Kontakt mit den Kollegen auf das absolut notwendige Mindestmaß zu reduzieren und dabei einen Abstand von zwei Metern einzuhalten. Sowohl die Mitarbeiter als auch die Bürger würden jedoch großes Verständnis für die Maßnahmen zeigen.