In einem Online-Stammtisch der großen Kirchen können Eltern ihr Herz ausschütten. Die Verhaltensregeln, der Umgang mit den Großeltern, die Ungewissheit, wann und wie es weitergehen wird: Themen gibt es genug.

Stuttgart - Der Raum ist rustikal eingerichtet. Nostalgische Schilder preisen Bier und Whiskey an. „Hat jeder etwas zu trinken?“, fragt Markus Vogt, Referent im Fachbereich Ehe und Familie der Diözese Rottenburg-Stuttgart, in die Runde, die sich am Bildschirmrand eingefunden hat – jeder in seinem Chat-Fenster. Das Kneipenambiente ist virtuell. Die Teilnehmer des digitalen Elternstammtisches haben sich am Montagabend daheim in einen Raum auf der kostenlosen Plattform Jitsi geklickt, um dort über die Herausforderungen der Coronazeit wischen Homeoffice und Homeschooling zu sprechen.

 

Kein virtuelles Singen am Lagerfeuer

„Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend hat virtuelles Singen am Lagerfeuer angeboten“, erläutert die Familienbeauftragte des Stadtdekanats, Angela Schmid, die Idee, Eltern in die DigiBar einzuladen. „Wir dachten uns, dass es wichtig sei, Erfahrungen austauschen und Sorgen teilen zu können.“

Zunächst kreist das Gespräch dann jedoch gar nicht um zusätzlichen Stress. „Wir haben schon lang nicht mehr so viele Gesellschaftsspiele zusammen gemacht“, stellt Petra Fuchs, Mutter von zwei Söhnen, fest. Man habe gemeinsam die Schränke durchforstet und Wunschlisten erstellt, damit jeder zu seinem Recht komme. Die zehn- und zwölfjährigen Jungs seien bereits große Spielekenner und genössen die zusätzliche gemeinsame Zeit. Auch Angela Schmid ist dankbar für das aktuell intensivere Familienleben. Sie räumt allerdings ein, für Eltern, die ohne Garten und Balkon mit kleinen Kindern in beengten Verhältnissen lebten, sehe sicher einiges anders aus. Auch unter günstigen Bedingungen sei das Zusammenleben nicht immer zum Lachen, so Vogt, der selbst zweifacher Vater ist. „Wir haben auch gemeinsam geweint, als der Lagerkoller zu schlimm wurde.“

Auf der Suche nach dem besten WLAN-Empfang

Als schwierig wird vor allem das Neben- und Ineinander von Berufstätigkeit und Erziehung empfunden. „Mein Mann und ich arbeiten beide zu 50 Prozent“, erzählt Nadine Mayer. Die Kinder seien zwei und vier Jahre alt und verlangten entsprechend nach Aufmerksamkeit. Wenn die Arbeit mal wieder die 50 Prozent übersteige, dann gebe es durchaus Gerangel darum, wer weiterarbeiten dürfe. Fuchs verweist zudem auf die Tücken der Technik: Ständig sei man damit beschäftigt, Laptops hin und her zu schleppen, um den besten WLAN-Empfang zu erwischen. Wenn das Gerät streike und das Kind zur Videochat-Konferenz müsse, breche Hektik aus.

Durch die Lockerungen undurchsichtiger werdende Verhaltensregeln, der Umgang mit den Großeltern, die Ungewissheit, wann und wie es weitergehen wird: Themen gibt es genug. „Im Grunde mussten wir alle unseren Alltag neu sortieren“, fasst Markus Vogt die Erfahrungen der Eltern zusammen. Nun stehen die nächsten Veränderungen an. „Mein Sohn war heute erstmals wieder in der Schule“, so Petra Fuchs. Wie es genau weitergehe, sei unklar. „Das macht mich als passionierte Planerin ganz kirre“, gesteht sie. Die Zukunft des Online-Stammtischs steht hingegen bereits fest: Das nächste Mal ist die DigiBar nach den Pfingstferien für alle Interessierten geöffnet.