Bei Kongressen wird das strikte Corona-Regime jetzt lockerer. Ob es im Herbst aber wieder einige große Messen gibt, ist ungewiss. Die Betreiber sind verzweifelt – und hofft auf die Landesregierung.

Nachrichtenzentrale: Andreas Schröder (sö)

Stuttgart - Die Messebetreiber in Baden-Württemberg befürchten, dass sie als Folge der Corona-Pandemie im schlimmsten Fall 2020 keine großen Messen mehr ausrichten können. Anders als in anderen Bundesländern hat die baden-württembergische Landesregierung den Veranstaltern im Südwesten noch keine Perspektive eröffnet, ob und wann große Fach- und Publikumsmessen stattfinden können. In Bayern und Hessen beispielsweise soll dies vom 1. September an wieder möglich sein. Da die Messebetreiber, -bauer sowie Aussteller meist einen wochenlangen Vorlauf benötigen, drohen im Südwesten schon jetzt zahlreiche Veranstaltungen im Herbst und damit millionenschwere Umsätze auszufallen.

 

Jüngste Appelle der Messebetreiber in Stuttgart, Friedrichshafen und Karlsruhe an die Landesregierung, ihnen eine konkrete zeitliche Perspektive zu bieten, blieben bisher ohne Erfolg.

Die Wirtschaftsministerin drückt aufs Gas

Die grün-schwarze Landesregierung hatte am Dienstag erste Lockerungen für Großveranstaltungen angekündigt. Vom 1. Juli an sind öffentliche Veranstaltungen wie Tagungen und Kongresse mit bis zu 100 Menschen möglich. Vom 1. August an ist eine Teilnehmerzahl von bis zu 500 Menschen erlaubt. Messen mit mehr als 500 Besuchern sind im Corona-Stufenplan für Baden-Württemberg genau wie Volksfeste unter „derzeit nicht abschätzbar“ geführt, was die Infektionsgefahr angeht. Am kommenden Dienstag steht das Thema nach Informationen unserer Zeitung auf der Tagesordnung der Kabinettssitzung.

Als ersten Schritt in die richtige Richtung bewertet Roland Bleinroth, Geschäftsführer der Messe Stuttgart, die Lockerungen. „Von herausragender Bedeutung für das Wiederanfahren der Wirtschaft“ sei aber, dass Messen, die mehrere Tausend Teilnehmer „auf einer großen Fläche zusammenbringen“, stattfinden dürfen. Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) fordert: „Nach meiner Auffassung sollten größere Messen und Veranstaltungen mit über 500 Teilnehmern ab 1. September wieder möglich sein.“

Das Problem sind die Infektionsketten

Das für den Infektionsschutz zuständige Sozialministerium mit Manfred Lucha (Grüne) an der Spitze legt sich bislang nicht fest und verweist auf den Corona-Stufenplan: „Angesichts der dynamischen Lage einer globalen Pandemie kann noch nicht sicher abgeschätzt werden, wie sich das Infektionsgeschehen Anfang September darstellt“, sagte ein Sprecher. Bei Messen „mit ihrem großen, häufig auch internationalen Publikumsverkehr“ könnten Infektionsketten schwerer nachverfolgt werden als bei kleinräumigeren Veranstaltungen, zum Beispiel bei Gottesdiensten. Hoffmeister-Kraut hingegen ist für ein „klares Signal der Landesregierung – und zwar sehr schnell“, damit die Veranstalter nötige Vorbereitungen treffen könnten.